“Traumpassagen”

Andreas Jacke - Traumpassagen

Eine Filmtheorie mit Walter Benjamin, so wurde die jüngst erschienene Arbeit „Traumpassagen“ von Andreas Jacke untertitelt. Und wahrlich, wer einen Blick hinein wirft, der wird sehr schnell feststellen, dass Jackes ganz eigene Filmtheorie sich auf den deutschen Literaturkritiker (und Philosophen) stützt, sie in der Vergangenheit abholt und auf die gegenwärtige Medienlandschaft, in aller erster Linie natürlich auf den Film, bezieht.

Fast schon wie ein gar nicht so heimlicher Verehrer streut Andreas Jacke kontinuierlich Theorien von Benjamin ein, bezieht diese wiederum auf Aussagen von Jacques Derrida und Theodor W. Adorno. Ab und an findet man sich in der Freud’schen Psychoanalyse wieder, aber immer findet Jacke den Dreh zurück zu seinen eigenen Worten. Natürlich, darauf bezieht sich ja nun auch der Buchuntertitel, orientiert er sich stark an Walter Benjamin, so dass man als Leser keine Neuerfindung einer Filmtheorie erwarten sollte, sondern viel mehr eine Neuausrichtung bereits bestehender Überlegungen. Dabei zeichnet der Autor nicht nur ein Bild Benjamins, welches sich auf dessen Theorien – oftmals auf Literatur bezogen – stützt, sondern beschreibt auch die Person selbst, ordnet den Mann in den geschichtlichen wie auch gesellschaftlichen Kontext ein, zitiert Briefwechsel, macht Ausflüge in dessen heimische vier Wände, wo er von Experimenten mit bewusstseinserweiternden Mitteln berichtet. An solcherlei Stellen muss man konzentriert nach Andreas Jacke suchen, der sich viel zu oft und sehr hinter seinem Gegenstand versteckt.

In einem der ersten Kapitel nimmt Jacke noch einmal gekonnt einen Rückgriff zur Frankfurter Schule vor, nicht aber ohne darauf zu verweisen, dass das Erbe eben jener Bewegung noch heute seine Relevanz hat. Es werden Thesen und Anschauungen aufgearbeitet, in deren Zentrum sich die Auseinandersetzung mit dem Holocaust, der Psychose der deutschen Nation befinden. Hier, wo der Ort Ausschwitz als ein vom Horror besetztes Synonym funktioniert, muss die Frankfurter Schule noch heute Trauerarbeit leisten, da die Reflexion der Vergangenheit ein vernünftiges Potential für die Zukunft darstellen kann.

Geradezu großartig, das muss angemerkt werden, findet Andreas Jacke Verknüpfungen zu aktuellen Kinoproduktionen: So wendet er Walter Benjamins Aussagen auf das gegenwärtige Arthousekino („Schmetterling und Taucherglocke“), auf Hollywoodproduktionen („A Beautiful Mind“) und kindgerechte Animationsabenteuer („Ratatouille“) an. Allein hierdurch unterstreicht er seine eigenen Worte, zeigt dass Benjamin wirklich immer noch von Belang ist, unterzieht selbst nur das nötige filmwissenschaftliche Update.

In weiteren Kapiteln werden weitere Ausführungen zum Bild der Negation, zu Begriffen wie Schock und Kontemplation bis hin zu Telepathie sowie Sprach- und Bildmagie getätigt. So arbeitet sich Jacke durch die Worte Benjamins und zeigt relevante wie auch interessante Gegenwartsbezüge auf.

Andreas Jackes „Traumpassagen. Eine Filmtheorie mit Walter Benjamin“
ist im Verlag Könighausen & Neumann erschienen.

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