Trau, schau, der hat Geld

Warum genießt Klitschko bei den Ukrainer so viel Vertrauen?, fragte ein Kerl einen anderen Kerl im Autoradio. Antwort: Man nimmt ihm ab, dass es ihm um die Sache gehe, weil er genug Geld habe. Wenn jemand selbst reich ist - und Klitschko habe als Boxer viel Reichtum erworben -, dann traut man ihm nämlich zu, dass er das alles nicht nur tut, um sich selbst zu bereichern. Und Berlusconi, du Blödmann? Und Berlusconi?, raunte ich dem erklärenden Kerl zu.
Trau, schau, der hat GeldVon der Epik, mit der man im Westen nun diesem Klitschko begegnet, halte ich gar nichts. Er ist ein Politiker der Opposition. Er tut, was man da halt so tut. Gegen die Regierung sein. Auch mal auf der Straße. Vielleicht meint er es ernst. Kann aber auch sein, dass er die Liebe der Massen auskostet. Das ist auch völlig unerheblich. Heute feiern sie dich, morgen wollen sie dich lynchen. Das darf man nie vergessen. Er will sein Land jedenfalls auf EU-Kurs bringen. Für meine ungeschulten Ohren hört sich das an wie: Gebt uns endlich neoliberale Reformen! Wer EU sagt, der muss auch Neoliberalismus sagen. Ganz einfach.

Um seine Motive geht es mir also gar nicht so sehr. Aber wie kommt ein Journalist eigentlich dazu, den Reichtum eines Menschen als Vertrauensgrundlage zu beziffern? Was ist das? Eine neue Prädestinationslehre? Ein auf Zeitgeist getrimmter Calvin? Jetzt liebt einen nicht mehr Gott, weil man reich ist, sondern die Massen auf den Straßen. Ich habe selten eine Einschätzung von so formvollendetem Schwachsinn gehört. Wäre an der These etwas, so müsste Berlusconi der edelste Politiker aller Zeiten gewesen sein. Und schade, dass es Romney nicht geschafft hat. Sein gigantischer Reichtum wäre sicherlich Grundlage eines neuen Sozialstaatsaufbruchs geworden.
Nein, Geld verdirbt nicht den Charakter. Jedenfalls nicht mehr als andere Dinge. Andere verderben sich ihren Charakter mit wesentlich geringeren Mitteln. Mit Alkohol oder Weibergeschichten. Und mancher Autor wurde zum Charakterschwein, wenn es ihm nicht richtig aus der Feder floss. Andere wurden reich und änderten sich nicht. Es ist eine Frage der inneren Einstellung. Grundsätzlich ist nicht Geld das Problem, sondern der Mensch, der Geld mit Grundsätzen verwechselt. Andersherum adelt Geld aber auch nicht. Und eine Vertrauensbasis nach dem Motto "Trau, schau, der hat Geld!" ist Unfug. Ab wieviel wird man vertrauensselig? Ist Janukowitsch etwa arm?
Und hintergründig schwingt da so eine elitäre Verachtung gegenüber armen Menschen mit. Alle die nicht viel Geld haben, sind verschlagen und durchtrieben, warten nur darauf, sich selbst zu bereichern. Immer dieses Gesinde! Immer diese Kassiererinnen, die sich Pfandbons einstecken! Der Reiche wird da zum besseren Menschen verklärt, zur korruptionsresistenten Person.
Jetzt hätte er nur noch sagen müssen, dass wir grundsätzlich von Millionären regiert werden sollten, dann hätte er seine kleine These auf den Punkt gebracht. So weit kam es nicht. Ich schaltete das Radio ab und schob Fortunate Son ein, drehte lauter und gab Gas.
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