Trail-Raid: Trailrunning einmal anders

Wie Wettkampf wirklich Spaß macht. Das konnten wir bei der ersten Ausgabe des Trail-Raid in Bad Reichenhall erleben.

Keuchend ramme ich die Stöcke in den Boden. Drücke mich mit den Armen ab, um meine Beine ein wenig zu entlasten. Ich befinde mich auf der ersten Sonderprüfung des Trail-Raids. Die Bergwertung führt über 360 Höhenmeter von der Zwieselalm hinauf auf den Zwiesel in Bad Reichenhall. Am Gipfel ist Halbzeit und alle Läufer bündeln ihre letzten Kräfte, bevor es wieder bergab und zurück in den Bayerischen Kurort geht.

Trail-Raid: Trailrunning einmal anders

Mit jedem gewonnenen Höhenmeter wird der Untergrund matschiger. Bald stapfe ich in knöcheltiefem Schnee. Laufen ist jetzt fast unmöglich. Zumindest für mich. Von oben kommen mir die ersten Ausreißer entgegen. „Gib alles! Es ist nicht mehr weit“, feuern sie mich an. Tatsächlich erkenne ich bald das Gipfelkreuz. Oben erwarten mich David Wallmann und Philipp Reiter – Schöpfer dieses neuen Laufformats und Motivatoren, Dank derer wir uns heute auf die 21 Kilometer lange Strecke gemacht haben. Der dritte im Bunde, Steve von uptothethop.de, hat mich vor Kurzem noch an der Labestation mit Gummibärchen versorgt.

Was dahinter steckt

Mit dem Trail-Raid konfrontieren Philipp, David und Steve die Trailrunning-Szene mit der Idee, Wettkampf und Laufen ohne Konkurrenzdenken zu kombinieren. Es gibt keine Startnummern, keine klassische Zeitmessung, kein Start-Ziel-Rennen. Wer beschließt, beim Trail-Raid an den Start zu gehen, hat andere Gründe, als den Sieg mit nach Hause zu nehmen. Laufen in lockerer Atmosphäre, mit Sportlern, die richtig gut drauf sind, aber nicht ständig verbissen ihre Pace checken.

Die Teilnehmer laufen über zwei Tage zwei verschiedene Trails rund um Bad Reichenhall. Der erste Tag führt die Läufer ins Lattengebirge, der zweite auf den Staufen und den Zwiesel. Mit einer Länge von über 21 Kilometern und 1.600 Höhenmetern sind die Runs auch eine sportliche Herausforderung.

Wer sich trotzdem mit den anderen messen oder sich selbst herausfordern will, kann dies auf drei vordefinierten Segmenten tun:

  • Aufi – das Uphill-Segment
  • Owi – das Downhill-Segment
  • Speed up – das flache Zielsegment

Diese Streckenabschnitte sind jeweils etwa 1,5 Kilometer lang und zu Beginn und am Ende mit Flaggen markiert. So weiß jeder, wann es gilt, Gas zu geben. Alle Teilnehmer haben die Möglichkeit, ihren Lauf per GPS-Uhr oder Handy aufzuzeichnen und die Tracks im Anschluss an das Rennen auf Strava hochzuladen. Die Plattform zeigt automatisch die Bestenliste in den jeweiligen Segmenten an.

Hinauf auf den Zwiesel: Trail-Raid Tag zwei!

Für uns heißt es bei der Erstausgabe des Trail-Raids nur einen, statt zwei Tage laufen. Die Uni hat uns für Samstag verhindert. Am Sonntag kommen wir eine Stunde vor dem Start im Hotel Luisembad in Bad Reichenhall an, um uns zu registrieren und unsere Startnummern zu holen. Jedenfalls dachten wir das. Stattdessen bekommen wir ein Startsackerl, Energiedrinks und einen Haufen Riegel.

Ein bisschen aufgeregt sind wir schon, denn so ganz wissen wir nicht, was gleich auf uns zukommt. Wir sind schlecht vorbereitet. Waren davor keine zehn Mal Laufen. Wer normalerweise zu einem Laufwettbewerb kommt, erwartet Startnummern, Chips zur Zeitmessung, hektisches Treiben vor dem Startschuss. Nicht so beim Trail-Raid.

20 Minuten vor Beginn des Rennens entscheiden wir uns, zum Start zu gehen. Noch ist außer uns nur Philipp dort und mit dem Aufbau des Startbogens und der Banden der Sponsoren beschäftigt.

Spätestens jetzt ist uns klar, dass hier ist anders. Es gibt keine Zeitmessung, die Läufer trudeln zumeist erst kurz vor dem Start ein, niemand läuft sich warm und es gibt keine langen Schlangen vor Dixiklos, denn es gibt keine.

Um Punkt 10 Uhr stellen sich alle brav hinter der Startlinie auf. Philipp und David begrüßen uns zum zweiten Tag des Trail-Raids. Der Startschuss fällt. Gemütlich setzt sich die kleine Gruppe aus etwa 80 Läufern in Bewegung.

Trail-Raid: Trailrunning einmal anders

Überall wird geratscht und gelacht, niemand sprintet vorne weg. Es hat den Anschein, als befinde man sich auf dem wöchentlichen Sonntagslauftreff.

Nach zwei flachen Kilometern geht es leicht bergauf und damit wechseln die meisten zu einem flotten Gehen. Schließlich will man sich ja noch unterhalten können. Ich denke mir noch: „Mhm, ich probier’s mal und schau, wie weit ich bei der Steigung laufen kann!“, beim Blick auf meine Pulsuhr wird mir schnell klar, „mit 180 Puls komm ich nicht weit.“ Also wechsle auch ich ein wenig enttäuscht ins Gehen.

Trail-Raid: Trailrunning einmal anders

Wenige Höhenmeter später befinden wir uns auf einem Steig Richtung Staufen. Mittlerweile haben sich kleine, weitverstreute Grüppchen gebildet.

Hinter mir laufen die Jungs und Mädels von „We 4 run“. Schnell kommen wir ins Gespräch, sie erzählen mir, dass sie gestern auch schon dabei waren, sie mindestens einmal im Monat einen Ultra Trail mitlaufen und im Sommer dann zum vierten Mal den GoreTex Transalpine Run. Schnell ist mir klar: Die wissen, wie man sich quält. Wir unterhalten uns noch ein ganzes Weilchen, dann legen die vier einen Gang zu und ich führe meinen Weg alleine weiter. Ansonsten sind weit und breit keine Läufer mehr zu sehen. Susi ist ebenfalls voraus gelaufen und hat mit Matthias und Fiona Streckenabschnittspartner aufgerissen.

Trail-Raid: Trailrunning einmal anders

Auf die ersten 1.000 Höhenmetern hinauf Richtung Staufen folgt eine Querung hinüber zum Zwiesel. Der Steig verläuft leicht bergauf und bergab – genussvoll und rhythmisch trabe ich vor mich hin und erprobe schon mal meine Beinarbeit für das Downhill-Segment.

Trail-Raid: Trailrunning einmal anders

Trail-Raid: Trailrunning einmal anders

Nach fast drei Stunden erreiche ich die Zwieselalm. Dort steht bereits vergnügt das Hauptfeld und stärkt sich an der Verpflegungsstation. Beim Blick auf das dortige Angebot werde ich stutzig: Es gibt Chips, Gummibärchen, Kekse, Erdnüsse und Schokolade. Von Straßenläufen bin ich Bananen, Gels, Wasser, isotonische Getränke und Riegel gewohnt. Die anderen lachen, als sie das hören. Anscheinend ist das bei Trailläufen Standard. Ich find’s sympatisch.

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Segmente-Challenge

Schlau ist, wer sich bis jetzt geschont hat. Also ich nicht! Denn jetzt startet das 1,8 km lange Strava Uphill Segment. Während alle anderen auf den 1,4 Kilometern geben, was in den Beinen noch vorhanden ist, schleppe ich mühsam meinen Kadaver nach oben. Mittlerweile schmerzt jeder Meter und ich merke, mir fehlt jegliches Training. Mir ist es überhaupt ein vollkommenes Rätsel, wie alle anderen des nach dem ersten Tag Trail Raid überhaupt aushalten.

Trail-Raid: Trailrunning einmal anders

Trail-Raid: Trailrunning einmal anders

Irgendwann erreiche auch ich den Gipfel. Für die Kamera reiße ich mich sogar noch mal zusammen und trabe die letzten Meter zum Gipfel, als wäre alles ganz easy gewesen. Ich bin glücklich. Oben sein bedeutet, die erste Hälfte der Strecke ist geschafft und es geht nur noch runter. Juche!

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Zurück an der Zwieselalm, legen noch mal alle Läufer eine Pause ein. Es wird gefuttert, gelacht und Energie in Form von Gummibärchen getankt. Denn jetzt wartet das Downhill Segment auf uns. 1,3 Kilometer lang, 266 Höhenmeter müssen abgestrampelt werden. Susi und ich machen uns gemeinsam auf den Weg. Downhill ist genau unser Ding! Wir wollen es voll krachen lassen. Susi reißt ihre Stecken nach vorne, rammt sie in den Boden, katapultiert sich über Wurzeln und Absätze und ist schnell aus meinem Sichtfeld. Ich hinterher. Zwischendrin werde ich vom Philipp und Gefolge überholt. Ich versuche, noch ein kurzes Stück dran zu bleiben. Keine Chance. Als ich endlich unten ankomme, werde ich von den anderen mit einer Laolawelle empfangen.

Trail-Raid: Trailrunning einmal anders

Dann macht sich die Gruppe gemütlich auf den Rückweg. Die beiden wichtigsten Wertungen sind geschafft, jetzt hat es keiner mehr eilig.

Trail-Raid: Trailrunning einmal anders

Für mich heißt es jetzt leider die restlichen Kilometer marschieren. Meine Achillessehne ist von dem rasanten Downhill schwer beleidigt. Aber was soll’s, dabei sein ist alles. Am Ende war es eine große Gaudi und eines habe ich gelernt: Bei Trailläufen, läuft vieles anders und das ist auch gut so.

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Überrascht hat uns auch, dass Susi bei der Siegerehrung zur schnellsten Frau im Uphill- und Downhill-Segment gekürt wurde. Spannend was ganz ohne Training möglich ist und wer weiß, was der Sommer noch bringt. Hoffentlich viele ähnliche Erfahrungen, wie wir sie beim Trail-Raid machen konnten. Vielen Dank Steve, David und Philipp für die gelungene Umsetzung, die lustige Zeit, die anspruchsvolle Strecke und den Geschenkskorb. Wir freuen uns auf Trail-Raid Vol. 2!

Trail-Raid: Trailrunning einmal anders

Du willst wissen, wie der erste Tag abgelaufen ist? Dann schau hier bei WUSA ON THE MOUNTAIN vorbei. Sabrina, Wu und Luke haben sich beide Tage glücklich gequält. Bilder vom ersten Tag gibt’s von David Geieregger.

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