Thüringer LKA stoppte Festnahme in letzter Minute

Bei der Aufklärung der Neonazi-Verbrechensserie gerät das Thüringer Landeskriminalamt immer stär­ker unter Druck. Laut MDR stoppte die Behörde im Jahr 1998 im letz­ten Moment einen Zugriff auf das Zwickauer Terror-Trio – dabei lag sogar schon ein Einsatzplan vor.

Berlin/Erfurt – Das Thüringer Landeskriminalamt ist wegen mög­li­cher Pannen bei sei­nen frü­he­ren Ermittlungen gegen die rechts­ex­tre­mis­ti­sche Zwickauer Terrorzelle zuneh­mend Vorwürfen aus­ge­setzt. So habe zwi­schen 1998 und 1999 offen­bar die kon­krete Möglichkeit für einen Zugriff bestan­den, berich­tete der MDR Thüringen an die­sem Freitag. Die Aktion sei jedoch abge­bro­chen wor­den. Ein LKA-Sprecher wollte sich dazu nicht äußern und ver­wies auf die lau­fen­den Ermittlungen der Bundesanwaltschaft.

Für den Zugriff im säch­si­schen Zwickau hatte nach Darstellung des Senders bereits ein Einsatzplan des Thüringer Spezialeinsatzkommandos (SEK) vor­ge­le­gen. Die drei Terrorverdächtigen, Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe seien durch Zielfahnder im Nachbarland auf­ge­spürt wor­den. Kurz bevor sich das SEK dann auf den Weg nach Sachsen gemacht habe, sei der Einsatz abge­bro­chen wor­den. Das LKA habe auch die Zielfahnder wie­der zurück­ge­holt.

Nach MDR-Informationen hat­ten sich die betei­lig­ten LKA-Beamten mas­siv beschwert, wor­auf­hin es ein Gespräch zwi­schen “hohen Vertretern des Innenministeriums” und den Polizisten gege­ben habe. Unklar sei, ob ihnen dabei ein Grund für den Abbruch der Aktion genannt wor­den sei. Die drei Mitglieder der spä­te­ren Terrorzelle waren der Polizei als mut­maß­li­che Bombenbauer ins Visier gera­ten. Bei einer Razzia Anfang 1998 fan­den die Ermittler eine Werkstatt mit vier funk­ti­ons­fä­hi­gen Rohrbomben und 1,4 Kilo des mili­tä­ri­schen Sprengstoffs TNT. Das Trio tauchte unmit­tel­bar nach Entdeckung der Werkstatt unter.

Thüringens ehe­ma­li­ger Innenminister Richard Dewes (SPD) wollte den Bericht nicht kom­men­tie­ren, da er “recht­li­che Regeln” beach­ten müsse. Dewes war in der CDU/SPD-Koalition in Thüringen von 1994 bis 1999 Innenminister. Sein Nachfolger Christian Köckert (CDU) war nach der für die SPD ver­lo­re­nen Landtagswahl am 1. Oktober 1999 als Innenminister ver­ei­digt wor­den. Köckert hatte zuletzt gesagt, dass er sich an die Fahndung nach den flüch­ti­gen Bombenbauern nicht erin­nere. Es sei eine ana­chro­nis­ti­sche Annahme, dass ein Minister über alle der­ar­ti­gen Vorgänge infor­miert sei. Die Ermittlungen gegen das Trio waren 2003 wegen Verjährung ein­ge­stellt wor­den.

http://www.spiegel.de/politik/deutschland/0,1518,798634,00.html


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