Am vergangenen Samstag war ich an einem Anlass der Evangelischen Allianz zum Thema „Mobilität — ein Menschenrecht“. Ich wurde eingeladen, als Vertreter einer „reisenden Organisation“ an einem Gespräch teilzunehmen. Ich habe mir über Mobilität etc. ja auch schon Gedanken gemacht.
Das Gespräch auf der Bühne war aus meiner Warte ein Flopp, aber immerhin hat im Beitrag davor der Theologe Peter Henning (a.Rektor und Dozent Theologisch-Diakonischen Seminar TDS Aarau) einen wirklich bemerkenswerten und anregenden Vortrag gehalten, den er mit diesen Thesen abschloss (mit freundlicher Genehmigung vom Autor):
- Christlicher Glaube weiss zu differenzieren zwischen einem verantwortlichen Umgang mit Mobilität und einem masslosen „to go“-Konsum von Mobilität in schrankenloser Freiheit!
- Eine radikale Mobilitätsaskese wäre ebenso wenig im Sinn des Schöpfers wie eine fromme, aber gedankenlose Verschwendung der Energien und Rohstoffe.
- Christen halten die kritische Frage nach den Grenzen des Wachstums und der Mobilität unablässig wach anhand der Kriterien Bescheidenheit, Verantwortung und Genügsamkeit. Deswegen beteiligen sie sich aktiv in der Umweltpolitik.
- Christen sind – hoffentlich – frei vom masslosen Konsumdrang und hinterfragen deshalb die wirtschaftliche Notwendigkeit globaler Mobilitäten von Menschen und Waren differenziert und kritisch (z.B. LKW-Problematik, unsinnige globale Warenströme)!
- Christen verweigern sich der Beschleunigungstendenz, indem sie christliche Werte echter Humanität leben und politisch vertreten (z.B. in der Raumplanung zur Minimierung der Pendlerströme und der Überbauungen, in der Umstrukturierung der Arbeitswelt, in der Förderung energieneutraler Fortbewegungen, in einer zu entwickelnden Tourismusethik etc)
- Christen richten ihr persönliches Reisebudget in Sachen Ferien, Bildung, Kultur und Beziehungspflege in Verwandtschaft und Freundschaft nach dem biblischen Prinzip der Genügsamkeit (Reiseethik) aus und nicht nach blosser Lust und Laune.
Christen wissen um die notwendige Balance von Bewegung und Ruhe. Sie entziehen sich wo immer möglich dem Diktat des staccatohaften Lebens- und Arbeitsrhythmus. - Christen begegnen dem Dogma „Leerlauf gleich Stillstand und Rückschritt“ mit dem Beweis, dass im-mobile Ruhepausen bereichern und nachhaltig nutzbringend sind! Denn Mobilität hält gesund, solange sie Ruhe zulässt. Und Ruhe wird nicht langweilig, solange sie Mobilität zulässt.
- Christen begegnen dem trendig-mobilen Zeitgeist durch Entschleunigung und Verlangsamung. Sonntage, Kirchen, Gemeinden und Gottesdienste sind keine Fortsetzung von Hektik, Lärm, Stress und Tempo, sondern alternative Zeiten und Orte der Stille, der Ruhe, des Friedens, der Pause, des Aus- und Einatmens, der Gottesbegegnung.
- Christen nutzen die modernen Mobilitätsmöglichkeiten dankbar und verantwortlich, um sich im globalen Reich Gottes weltweit miteinander über alle Grenzen hinweg zur Optimierung missionarischer Gesellschaftsdiakonie zu vernetzen (siehe NT, zB Paulus!).
(Mehr zu diesem Anlass hier)