The Weekend Watch List: Das Rückgrat des Teufels

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The Weekend Watch List: Das Rückgrat des Teufels

8Horror

Das Rückgrat des Teufels (Originaltitel: El espinazo del diablo) wird vom Regissuer Guillermo del Toro gerne als „älterer Bruder“ von Pan’s Labyrinth bezeichnet und bildet mit letzterem so etwas wie eine geschwisterliche Gemeinschaft, sowohl was den Inhalt und die Thematik betrifft, als auch den Stil und die Atmosphäre.

Allerdings sollte man nicht den Fehler begehen und glauben, dass man hier bloß eine andere Version von Pan’s Labyrinth sehen wird. Obwohl grundlegende Ähnlichkeiten zwischen den beiden Filmen bestehen, unterscheiden sie sich doch erheblich voneinander. Das Rückgrat des Teufels ist vermutlich der subtilere, leisere und in gewisser Weise reifere Film der beiden. Zugleich baut er aber eine visuelle Spannung und emotionale Wucht auf, die weniger Wert auf brutale, schockierende Momente legt.

Gleichzeitig ist der Film, gemeinsam mit Pan’s Labyrinth, Teil von del Toros übernatürlicher Allegorie gegen den spanischen Faschismus. Die immer gewalttätigeren Konfrontationen zwischen dem Aufsichtspersonal im Waisenhaus sind eine deutliche Wiederspiegelung der Machtergreifung des Franco-Regimes. Im gleichen Sinne werden anhand der Waisenkinder die Konsequenzen dieser Machtergreifung gezeigt und die Auswirkungen die sie auf die Bevölkerung hatte. Am Ende haben die wahren Leidtragenden es zwar erfolgreich geschafft sich gegen das Regime durchzusetzen, aber nicht ohne einen Preis dafür zu zahlen. Zerschunden, verletzt und nur auf sich selbst gestellt, müssen sie letztlich genau jenen Ort verlassen, der ihnen eigentlich Schutz hätte bieten sollen, für sie aber zu einer lebensbedrohlichen Falle geworden ist. Das erschütternde Resümee scheint zu heißen, dass in dieser düsteren Welt nichts sicher ist und keinem wirklich Schutz geboten werden kann.

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Diese ständige Bedrohung wird vor allem durch die nicht explodierte Bombe veranschaulicht, die im Hof des Waisenhauses im Boden steckt. Es wird ihnen zwar versichert, dass die Bombe entschärft und ungefährlich ist, aber so richtig glauben können sie es dann doch nicht. Obwohl sie also angeblich nicht mehr explodieren kann, thront sie dennoch gebieterisch und angsteinflößend über der gesamten Szenerie, ohne dabei die Notwendigkeit ständiger visueller Präsenz zu verlangen. Ein Umstand, der die entschärfte Bombe beinahe noch bedrohlicher und unerträglicher macht, weil man im Hinterkopf ständig die Gewissheit hat, dass sie da ist. Genau so muss es auch den Waisenkindern gehen, die tagsüber im Hof spielen und ihr Bestes tun, die Bombe nicht zu beachten, aber dennoch ständig mit der Gewissheit klar kommen müssen, dass trotz allem eine tödliche Maschine in ihrem Hof schlummert.

Im Mittelpunkt der Geschichte steht der junge Waisenknabe Carlos (Fernando Tielve), der neu im Waisenhaus von Carmen (Marisa Paredes) ankommt. Vor dem Hintergrund des blutigen spanischen Bürgerkrieges, der 1939 zu Ende gegangen ist, stellt Carmens Waisenhaus so etwas wie einen Zufluchtsort für Kinder dar, die ihre Eltern im Krieg verloren haben. Während Carlos sich nun langsam in seine neue Umgebung einlebt, wird er auch immer mehr mit der unheimlichen Geschichte des Hauses konfrontiert. Genau an jenem Tag als die Bombe einschlug, verschwand ein kleiner Junge spurlos. Seitdem wird sich erzählt, dass es im Haus spukt. Der freundliche und liebevolle Professor Casares (Federico Luppi) hält diese Geschichte für Unfug. Aber für Carlos wird bald klar, dass diese Geschichte keineswegs ein Hirngespinst ist. Doch was (und wer?) dahinter steckt ist weitaus erschreckender.

Der Regisseur und Drehbuchautor Guillermo del Toro hat dieses Herzensprojekt bereits zu Schulzeiten entworfen und man merkt deutlich, dass diese lange Zeit des Wachsen und Gedeihens dem Film gut getan hat. Denn von all seinen bisherigen Filmen wirkt Das Rückgrat des Teufels am ausgereiftesten. Obwohl herrlich fantastisch, ist der Film zugleich das erwachsenste Werk des mexikanischen Regisseurs. Ob das nun wirklich an der langen Entwicklungsphase liegt, sei dahingestellt. Die Hauptsache ist eigentlich das durchwegs positive und gelungene Endprodukt, ein schaurig-schöner und tief unter die Haut gehender Film.

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Neben dem gelungenen Drehbuch und einer fantastischen Regie, darf man keinesfalls die hervorragend agierenden Darsteller vergessen, die del Toros Figuren zum Leben erwecken. Eine gelungene Besetzung sorgt dafür, dass auch die Kinderdarsteller ihre Tour de Force grandios meistern und beachtliche schauspielerische Leistungen abliefern. Selbst Jacinto (Eduardo Noriega), eine Figur die man durchaus als bösartig bezeichnen kann, wird nicht zur Eindimensionalität verdammt, vielmehr gibt sie dem Schauspieler die Gelegenheit auch ihm ein gewisses Maß an Menschlichkeit zu verleihen und in manch einer Szene, die inneren Wunden und tiefe Verletzlichkeit seiner Figur zu offenbaren.

Das Rückgrat des Teufels ist ein kleiner, feiner Film, der vielleicht den bisherigen Höhepunkt im Schaffen von Guillermo del Toro darstellt. Der Film lebt vor allem von der lebhaften und unverbrauchten Bildsprache seines Regisseurs und den durchwegs emotionalen schauspielerischen Leistungen. Abgesehen davon ist es zusätzlich noch die stille, aber bedrohliche Atmosphäre, die über dem ganzen Werk schwebt und die Das Rückgrat des Teufels absolut empfehlenswert macht.

Regie: Guillermo del Toro, Drehbuch: Guillermo del Toro, Antonio Trashorras, David Muñoz, Darsteller: Marisa Paredes, Eduardo Noriega, Federico Luppi, Fernando Tielve, Filmlänge: 103 Minuten, DVD/Blu-Ray Release: 25.02.2003


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Autor

Marco Rauch

Aufgabenbereich selbst definiert als: Kinoplatzbesetzer. Findet den Ausspruch „So long and take it easy, because if you start taking things seriously, it is the end of you” (Kerouac) sehr ernst zu nehmend.


 
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