Durch Dreck und Schlamm kämpft sich Rama (Iko Uwais, rechts) in der Unterwelt Indonesians nach oben
Mit The Raid hatte Regisseur Gareth Evans einen überraschend guten Actionfilm abgeliefert, der mit einer einfachen Prämisse funktionierte: eine SWAT-Einsatzeinheit in Jakarta muss ein von Kriminellen besetztes Gebäude stürmen. Dass dabei vor allem die Kampfsportkünste des Hauptdarstellers Iko Uwais zum Einsatz kamen, konnte den Film ein wenig von der ähnlich funktionierenden Comicverfilmung Dredd unterscheiden.
Sich durch The Raid ins Gespräch gebracht, hat Gareth Evans nun nachgelegt, allerdings anders als erwartet. In The Raid 2 oder The Raid: Berandal findet man immer noch diese actionlastigen Kampfsport-Feuerwerke, jedoch weitaus seltener gestreut. Wenn die Erwartung ist, dass es erneut Action Action Action, Punch Kick Punch gibt, dann wird sich manch einer enttäuscht sehen. Denn Evans lässt es sich dieses Mal nicht nehmen, eine Geschichte zu erzählen.
Iko Uwais findet sich immer wieder in gefährlichen Situationen
So muss man sich schon eine von fast drei Stunden gedulden bis es zur ersten handfesten Auseinandersetzung kommt. Hier mögen sich nun die Geister teilen. Möchte ich einen knallharten, erbarmungslosen Actionkracher wie es The Raid war? Oder möchte ich das Universum des ersten Films um neue Nuancen und Handlungen vertieft sehen? Möchte ich eine hohe Quantität an Action oder eine Qualitativ hochwertige Handlung sehen? Was Gareth Evans nicht schafft, ist beides miteinander zu vereinen. Und gehen wir einmal von den Vorerwartungen aus, die mit The Raid einhergehen dürften, so werden sich die meisten Kinogänger wohl eher verwundert über das zeigen, was sie zu sehen bekommen.
Es geht erneut um den jungen Cop Rama (Uwais), der mit seiner Familie in das Fadenkreuz des organisierten Verbrechens gerät. Um der Familie eine sichere Zukunft zu sichern, muss sich Rama auf eine Undercover-Mission in der Unterwelt Jakartas einlassen. Als Yuda schlägt er sich in der Hierachie der Kriminalität nach oben, bis es ihm schließlich gelingt, die Gunst von Uco (Arifin Putra) zu erlangen. Er ist der Sohn eines mächtigen Gangsterbosses und somit die Lösung für Ramas Probleme.
Die offene Auseinandersetzung des ersten Teils weicht dem heimlichen Undercover-Einsatz. Dementsprechend ruhig und gelassen muss Rama sich geben, um seine Tarnung nicht auffliegen zu lassen. Programmatisch vielleicht eine Szene, in der Rama gelangweilt auf einem Sofa herum lungert. Neben ihm sind zwei Damen gerade im Karaoke singen versunken. Keinerlei Action, nur ein starrer, leerer Blick irgendwo in den Raum hinein. Diese Ruhe hätte es in The Raid nicht gegeben.
Harte Kämpfe gibt es auch in The Raid 2. Sie sind nur seltener als noch im ersten Teil
Aber wenn es dann mal zum Kampf kommt, dann wird erneut auf unverblümte Gewaltexzesse gesetzt. „There is no such thing like a clear war in this city“ heißt es, keine sauberen Kämpfe werden hier ausgetragen, es wird unter dreckigsten Voraussetzungen gekämpft. Es werden Knochen gebrochen, es fließt mehr als genug Blut, es werden Kampf-Choreographien vorgeführt, die entgegen vielen anderen Filmen nicht einstudiert wirken, sondern viel eher wie eine spontane Improvisation, die echte blaue Flecken hervor bringt.
Die Bedrängnis, die im ersten Teil durch das Einpferchen in ein Hochhaus entstand, ist gewichen, obwohl sie ein starker Komplize der filmischen Atmosphäre war. Hier nun zeigt der Film manches Mal ein landschaftliches Panorama, um die neu gewonnene Weite der Handlung zu demonstrieren. Leider fehlt genau dieser Mikrokosmos des ersten Teils und Gareth Evans verläuft sich in dem weiten Areal das ihm zur Verfügung steht. The Raid 2 ist ein gänzlich fremder Film geworden, bei dem lediglich Iko Uwais als Erkennungsmerkmal beibehalten wurde. Unter anderen Vorzeichen mag das gefallen, mit dem Titel The Raid wurde jedoch eher leichtfertig umgegangen.
The Raid 2
150 Minuten, freigegeben ab 18 Jahren, Kinostart: 24. Juli 2014
im Netz: offizielle englischsprachige Homepage
alle Bilder © Studiocanal GmbH Filmverleih