© Universal Pictures International Germany GmbH / RZA ist der “Man with the Iron Fists”
„Um eine gute Waffe zu schmieden bedarf es dreier Dinge: dem richtigen Metall, einer Temperatur von über 1400 Grad und jemanden der töten will“. Für „The Man with the Iron Fists“ könnte eine ähnliche Aussage geltend gemacht werden. Um einen guten Film zu drehen, bedarf es dreier Dinge: einem guten Drehbuch, in diesem Fall geschrieben von Grammy-Gewinner RZA und Eli Roth – Regisseur, Produzent, Drehbuchautor und Darsteller in Filmen wie „Cabin Fever“ und „Hostel“. Die Temperatur von über 1400 Grad wird hier ersetzt durch den Zusatz „präsentiert von Quentin Tarantino“, ein Mann der mit seinem Gütesiegel für einen „heißen“ Film wirbt. Und töten wollen in diesem Film gleich mehrere Personen: RZA selbst in der Hauptrolle des Waffenschmieds mit den eisernen Fäusten, Russell Crowe als messerschwingender Cowboy Jack Knife oder auch Lucy Liu als leise Killerin Madame Blossom.
Sie alle finden sich in einem abgelegenen Dorf im feudalen China des 19. Jahrhunderts wieder. Dort zwingt der Kampf zweier rivalisierender Clans den Waffenschmied der Stadt (RZA) dazu, seine besonderen Fähigkeiten einzusetzen, um ausgefallene Waffen anzufertigen. Dann aber taucht der berüchtigte Jack Knife (Russell Crowe) in der Stadt auf und der Krieg entfacht. Eine große Goldlieferung führt zum offenen Schlagabtausch zwischen den verfeindeten Gruppierungen, bei dem auch Madame Blossom (Lucy Liu) und ihre Freudenmädchen zur gefährlichen Kriegsarmee mutieren. Dem sonst zurückhaltenden Schmied bleibt keine Wahl. Nun setzt er sein Können für sich selbst ein. Er will die Dorfbewohner vor dem unkontrollierbaren Chaos bewahren.
Russell Crowe als Jack Knife in den guten Händen von Madame Blossoms Mädchen
Um es kurz zu machen: RZAs „The Man with the Iron Fists“ ist ein Superhelden-Samurai-Comic-Abenteuer, ein erstklassiges Regiedebüt, wie man es von dem Musiker wirklich nicht erwartet hätte. Er erschafft hier sein kleines, in sich geschlossenes Filmuniversum, bei dem man sich – ähnlich wie andere Welten à la Mittelerde – freuen würde, hierher zurückkehren zu dürfen. Gespickt mit Charakteren, ob Held oder Bösewicht, die als Actionfiguren funktionieren würden wie He-Man und seine Masters of the Universe in den 80er Jahren. So hat RZA die Gemini-Killer erschaffen (Grace Huang und Andrew Lin), ein Frau/Mann-Duo, das sich als Experten des Zweierkampfes empfiehlt. Ihre zusammengesetzten Waffen ergeben das Yin und Yang Zeichen der chinesischen Philosophie. Russell Crowe spielt sichtlich mit Spaß, mal halb betrunken, dann wieder als heldenhafter Cowboy den Scharfschützen Jack Knife, der mit seinem Messer talentiert zu schwingen vermag und im Notfall den dazugehörigen Abzug betätigt, der aus seiner Waffe einen zielsicheren Colt werden lässt. Selbst Wrestler David Bautista – Wrestlingname Batista – glänzt als Messingjunge, dessen Körper sich immer dann in die Kupfer/Zink-Legierung taucht, wenn er stärkere Schläge abbekommt. Somit ist er durch diesen Ganzkörper-Schutz so ziemlich unverwundbar. Und so ziehen sich die Absonderlichkeiten durch die Figuren dieses Films, niemand von ihnen langweilig, niemand von ihnen schlecht gespielt, allesamt in bester Hommage an die „fliegenden“ Superhelden aus traditionsreichen Wuxia-Filmen.
Hieran ist auch der stärkste Einfluss von RZA-Lehrmeister Quentin Tarantino zu erkennen, der „The Man with the Iron Fists“ als Präsentator beisteht. Der Hommage-Charakter, von Tarantino oftmals praktiziert, steht neben den argen Splatter-Effekten, bei denen aufgeschlitzt wird bis das Kunstblut spritzt – sicherlich dem Einfluss von Eli Roth zu verdanken. Kein Problem, geht es doch auch RZA hauptsächlich um die Visualität, die er in voller Kraft zur Geltung bringt. Die unterhaltsam choreographierten Kämpfe sind ästhetisiert, nicht unbedingt dreckig, viel mehr sauber durchgespielt und durch die jeweiligen phantasiereichen Waffenelemente verstärkt. An dieser Stelle mag man als größte Schwäche einbringen, dass RZA selbst sich seine titelgebenden „Iron Fists“ erst nach der ersten Stunde des Films – bei einer Laufzeit von etwa eineinhalb Stunden – überstreift, gerade einmal für den Endkampf zum Superhelden mutiert. Nur ein kleines Manko, schaut man sich dann wieder diese letzte Schlacht an, bei der sich die Guten (Russell Crowe, RZA, Rick Yune in der Rolle des Zen Yi) gegen die Bösen (Dave Bautista, Chung Lee als Bronze Lion und Byron Mann als Silver Lion) zusammenrotten, jeder seine kämpferische Glanzstunde zugleich bekommt.
Lucy Liu als Madame Blossom
Einer dieser Glanzmomente findet dann aber auch außerhalb des Kampfes statt, wenn Russell Crowe mit Lucy Liu das Bild teilt, entwickelt sich ein komödiantischer Dialogcharme zwischen den beiden, wie er von Crowe nur selten zu sehen ist. Wo Liu mit Filmen wie „Drei Engel für Charlie“ schon die nicht ganz so ernste Filmwelt ausgetestet hat, widmet sich Crowe zumeist doch eher ernsteren Stoffen. Umso mehr überzeugt er in der gelassenen, herumtreiberischen Rolle des Jack Knife, zeigt seine dann doch beeindruckende Wandlungsfähigkeit in der Rollenausschmückung.
Für Kenner der Anime-Serien „Samurai Champloo“ oder auch „Afro Samurai“ wirkt „The Man with the Iron Fists“ unweigerlich wie aus demselben Universum, womit sich RZA automatisch für eine entsprechende – und sicherlich von den Fans gewünschte – Verfilmung dieser Serien empfiehlt. Er schafft die perfekte Kombination von harten Wuxia Bildern, von Phantasik-Elementen mit stets präsenter Hip Hop Musik im Hintergrund, die als ganz normal wahrgenommen wird, als würde sie zu dieser Szenerie hinzu gehören, als wäre gar keine andere Atmosphäre – etwa mit asiatischen Klängen – denkbar. Der visuelle Stil, die Locations, die gesamte Ästhetik wirkt detailverliebt, bunt und eben irgendwie Hip Hop. Damit hat Quentin Tarantino einen guten Nachfolger auserkoren, der sich nun gerne aus dem Musik-Business zurückziehen darf, wenn er weiterhin solche Filme folgen lässt.
Denis Sasse