Thabo, Detektiv und Gentleman – Der Nashorn-Fall: Band 1
Kirsten Boie
Oetinger, 2015
978-3789120336
12,99 €
Der wahre Gentleman ist immer ein Junge der Tat: Thabo will eines Tages ein echter Gentleman werden. Oder noch besser: ein Privatdetektiv wie im Film. Dumm nur, dass es im afrikanischen Örtchen Hlatikulu noch nie einen Kriminalfall gab. Doch dann wird im angrenzenden Safaripark ein Nashorn wegen seines kostbaren Horns ermordet. Und ausgerechnet Vusi, Thabos Onkel, gerät in Verdacht. Und weil Onkel Vusi nicht gerade ein schnelles Gehirn besitzt, liegt es an Thabo und seinen Freunden, den wahren Nashorn-Mörder aufzuspüren.
Ich hatte das Glück Kirsten Boie kennenzulernen. In meinem Studium kam sie zu einem Workshop. Sie sprach vom “Kleinen Ritter Trenk”, erzählte uns, wie sie es findet, wenn Dinge von ihr verfilmt werden und war nett. Sie strahlte, wenn sie von ihren Geschichten sprach und tat alles für Kinder. Am letzten Tag las sie aus ihrem damals neuen Buch: “Es gibt Dinge, die kann man nicht erzählen”. In jenem Buch entführt sie den Leser auch nach Afrika. In ein Afrika, das sie durch Kurzgeschichten heraufbeschwört. Es geht um vier Kinder geht, die ihr Leben ohne Eltern bestreiten müssen. Sie beschönigt nichts.
Diesmal wagt sie sich an eine Detektivgeschichte, die in Afrika spielt. In einem Nationalpark, der viel kleiner ist, als der den alle kennen, lebt Thabo bei seinem Onkel. Auch er hat keine Eltern und kann froh sein, dass sein Onkel für ihn da ist. Thabo hilft ihm, indem er mit den Touristen raus fährt, den Jeep wäscht und Zäune repariert. Der kleine, gescheite Junge hat aber einen Traum: er will Gentleman werden oder Detektiv. Er ist sich der Unterschiede bewusst: einer ist reich und hat eine schöne Frau. Der Detektiv ist eher arm, hat aber eine spannende Arbeit.
Die Welt der Gentleman kennt Thabo aus dem Fernsehen. Bei einer Engländerin, die auf dem Parkgelände wohnt, sieht er Miss Marple Krimis. Mit Witz und Geschick prallen so die Welten aufeinander: Afrika und England bzw. Europa. Zudem gibt es ein Mädchen, das in ein Internat geht, aber eigentlich in Afrika aufgewachsen ist. Thabo und sie sind Freunde.
Als ein Nashorn getötet wird, ist für Thabo klar, dass endlich etwas großes passiert ist. Nun kann er mit seinen Freunden ermitteln, der Polizei helfen und vielleicht sogar ein Gentleman sein. Der vorwitzige kleine Junge prägt sich dem jungen Leser auf vielfältige Weise ein. Er spricht den Leser direkt an und sagt oft: “Meine Damen und Herren”, wenn er etwas erklärt oder auf einen Unterschied der Ansichten und Länder hinweist. Es gibt für ihn kein schwarz und weiß. Trotzdem gibt es lustige Unterschiede, die er sich selbst versucht zu erklären. Warum muss seine Freundin auf ein Internat in England? Haben die da drüber vielleicht selbst keine Kinder? Und warum beschweren sich Engländer immer über ihr Wetter Zuhause? Die Hitze in Afrika mögen sie doch auch nicht.
Der Kinderkrimi kommt ohne den erhobenen Zeigefinger aus. Vorurteile werden von Thabo in den Text eingestreut und die Länder verglichen, indem er bei Miss Agatha im Internet surft und als einziger ein Handy besitzt. Da Thabo die Hauptfigur ist, werden Jungs ihren Spaß an ihm haben. Er ist gescheit, lustig und manchmal hat er eine lange Leitung. Die Freundschaft zwischen Emma und ihm vereint Jungen und Mädchen miteinander.
Auffällig ist, dass es keine Geschichte ist, die von der Spannung lebt. Die Autorin möchte einen Einblick in Thabos Leben liefern und greift auf das Wetter, die Gebäude und die Landschaft zurück. Dabei kommt die Entwicklung des Falls manchmal zu kurz und die Einführung der Figuren wirkt sehr aufgebauscht.
Ich muss gestehen, dass ich als Erwachsene etwas genervt war. Thabo wiederholt sehr oft Floskeln, die Kindern aber gefallen werden bzw. den Wiedererkennungswert steigern. Zudem wirkt er manchmal sehr altklug durch seine “gehobene Sprache”, die zu einem Kind nicht immer passt. Für den jungen Leser hingegen, wird es neu und exotisch wirken und gleichzeitig der Unterschied sein, der die beiden Welten, Afrika und Europa, miteinander verbindet.
Kurz und knapp: Als “JungsBuch”, Kinderbuch auf jeden Fall lesenswert. Erwachsene müssen sich im Klaren sein, dass es ein Kinderbuch ist und es auch als solches bewerten.
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