Terrormonster Waage: Warum ich sie aus meinem Haushalt verbannt habe

Als Teenager und bis ich ca. 24 Jahre alt war, hatte ich die absolute Durchschnittsfigur: 1,47 Meter groß, 62 Kilo und eine solide Größe 36/38. Sport spielte keine Rolle in meinem Leben – 1 mal pro Woche ins Gym schaffte ich mit Ach und Krach, Outdoor-Aktivitäten wie Skifahren oder Wandern eher seltener. Laufen? Ich rauchte und das machte keinen Spaß. Gesunde Ernährung? Selber kochen? Ähm…ist die TK Pizza schon fertig? Naja, man kann sich ein Bild machen.

Wer meinen Blog kennt, weiß, dass sich dieser Lebensstil vor 5 Jahren komplett verändert hat. Denn ich war zwar optisch schlank, doch mit der immer weniger werdenden Bewegung durch den Bürojob und partyreichen Wochenenden in München hatte sich schon das eine oder andere Fettpölsterchen festgesetzt und ich fühlte mich einfach weich und schlapp. Das störte mein eitles Selbstbild. Zusätzlich angespornt durch meinen neuen, sehr sportlichen Freund, hörte ich nicht nur zu rauchen auf. Ich begann zu joggen, zu schwimmen und besuchte 3-4 Fitness-Kurse die Woche. Dank Medien, Bekannte und Lebensmittelindustrie kannte ich auf einmal jedes einzelne Light Produkt und die Kalorien jedes einzelnen Krümelchens, das ich zu mir nahm.

Es gab Tage, an denen aß ich nur 1200 Kalorien und ich war stolz auf meine Disziplin. An anderen Tagen gönnte ich mir ein paar Nudeln oder ein Knäckebrot. Alles musste möglichst fettarm sein. Jedes Gramm wurde gewogen. Über genügend Eiweiß  oder Kohlenhydrate machte ich mir keine Gedanken. Über Chemie im Essen schon dreimal nicht. Natürlich verriet ich niemandem, dass der Preis für meine immer schlanker werdenden Figur ein permanentes Hungergefühl war. Doch die Zahl auf der Waage war mir wichtiger. Und jedes Gramm mehr auf dem Horrorteil wurde mit stundenlangem Fahrradfahren oder Laufen wieder gut gemacht.

Die Waage wird allgegenwärtig – darf die das?

Natürlich kann man dieses Verhalten nicht ewig durchhalten, weder körperlich noch psychisch. Es braucht nur etwas Stress, Arbeitsüberbelastung und diverse andere Herausforderungen im Leben und schon kippt diese Situation ins Gegenteil. Ich beispielsweise musste meinen intensiven Job als Berater aufgeben, weil ich ihn einfach nicht mehr packte.

Vor 2 Jahren dann das Highlight meiner Odyssee: Das Messgerät im Gym zeigte 46 Kilo und einen Körperfettanteil von 7 Prozent an. Ein Ergebnis aus Mangelernährung und dadurch jeder Menge Muskelverlust. Die Trainerin hatte mich angesehen und gesagt, dass man als Frau mit diesen Werten eigentlich gar nicht mehr lebensfähig ist. An dem Tag beschloss ich, etwas zu ändern. Und zwar sofort! Allem voran die Grundeinstellung zum Thema Diäten.

Heute wiege ich ebenfalls um die 62 Kilo. Ganz genau weiß ich es nicht, denn die Waage spielt in meinem Leben keine so große Rolle mehr. Ich trage aber eine Kleidergröße weniger als vor 5 Jahren. Meine Sportarten heute: Laufen, Radfahren und schwimmen, ansonsten Functional Fitness Training und Yoga. Und das mit wesentlich mehr Power und Leistungsfähigkeit als mit 12 Kilo weniger. Ich lege viel Wert darauf, dass die Mahlzeiten reichlich gesundes Fett, wenig überflüssige Kohlenhydrate oder gar Zucker, Weizen oder sonstige Suchtmittel der Lebensmittelindustrie enthalten. Mittlerweile bin ich auch Vegetarier, wobei das weniger mit meiner Figur, sondern vielmehr mit meinem Gewissen zu tun hat. Es fehlt mir an nichts und selbst bei meinem Bedarf von 2500 bis 3000 Kalorien am Tag bekomme ich das mit vorwiegend pflanzlichen Lebensmitteln wunderbar hin. Und wenn ich Lust auf ein Stück Schoki, ein Eis oder eine andere Gönnung habe, ja dann gönn ich die mir halt.

Warum ich die Waage aus meinem Haushalt verbannt habe

Auf der Waage bleiben viele wichtigen Phänomene vollkommen unsichtbar. Die Waage sagt weder etwas über die Optik, noch über die Körperzusammensetzung aus. Doch genau die ist fürs Abnehmen aber relevant. Nimmt man richtig ab, indem man genug und richtig isst und dabei Sport treibt, dann bewegt sich die Anzeige sogar erst einmal in die andere Richtung, auch wenn man den Gürtel um 1 Loch enger schnallen kann. Hier ist ein ganz klares UMDENKEN gefragt. Der Körper baut Muskelmasse auf, die dann das Fett nach und nach verbrennt. Wenn man das Umdenken an der Stelle nicht schafft, sollte man gerade dann die Waage in die Ecke stellen und darauf vertrauen, dass die Natur und ihre klugen Mechanismen funktionieren werden.

Zusammengefasst sprechen diese Punkte ganz klar gegen das Terrormonster Waage:

  • Die Waage sagt nichts über die Optik aus (Beispiel Bodybuilder vs. Übergewichtigem von 100 kg oder ich mit 63 fettschlanken sowie fitten Kilo).
  • Die Waage sagt nichts aus über die Zusammensetzung des Körpers aus Fett, Wasser, Mineralien und Muskelmasse – also seiner Fähigkeit, Fett abzubauen.
  • Die Waage führt oft zu Stress und einem Rückfall (Hungern, Kalorienzählen, Lightprodukte…).
  • Die Waage sagt nichts aus über den Gesundheitszustand oder Lebensqualität.
  • Die Waage wird bei verbesserter Körperzusammensetzung (vorausgesetzt, man überprüft das!) das Gegenteil anzeigen von dem, was man beabsichtigt, und dennoch muss man das als positiv beachten. Das fällt den meisten Menschen schwer.
  • Die Waage zeigt auch kurzfristige Schwankungen an, die eher mit dem Wassergehalt, als mit dem Fettgehalt oder Muskelgehalt zu tun haben können. Diese zwischenzeitlichen Schwankungen – oft hormonell bedingt –  haben nichts mit Übergewicht zu tun, können jedoch zu falschen Rückschlüssen und Reaktionen führen, wenn man sich durch zu häufiges Wiegen unnötigerweise damit beschäftigt.

Die Natur verfolgt – im Gegensatz zum Menschen – keine wirtschaftlichen oder anderen niederen Ziele. Sie möchte, dass wir schnell, stark und flexibel sind – um zu jagen, zu sammeln und zu flüchten. Unsere Genetik weiß bekanntlich noch nicht, dass wir zum chronisch überfütterten, Auto fahrenden Sesselhocker bzw. Büromenschen degeneriert sind, der manchmal etwas Sport treibt um sein Gewissen zu beruhigen. Im Zweifel sollte man also wissen, wem man im Hinblick auf seine Gesundheit vertrauen kann. Der Waage vertraue ich schon lange nicht mehr, sondern vielmehr auf mein Körpergefühl.


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