Tempel der Lust – das Geschäft mit der käuflichen Liebe

Wellness-Clubs, Sex-Saunas, Swinger-Clubs, SM-Studios: In einer vierstündigen Dokumentation umkreiste VOX/Spiegel-TV gestern das umstrittene Thema.

Viele gestellte Szenen, viele Schwenks über edle Saunalandschaften, ein wenig Kritik, gut versteckt in schwülstigen, endlos wiederholten Einspielern: PR für die Sex-Industrie, in der viel Geld verdient wird? War dennoch spannend, dieses Thema wird selten öffentlich behandelt.

Geht es den schätzungsweise 200.000 und 400.000 Frauen, die seit 2002 selbständig und sozialversichert in Deutschland als Prostituierte arbeiten, besser als früher? Die beiden jungen Frauen aus Kassel mit ihren nachbearbeiteten Körpern und ihrer zweckrationalen Haltung zum Leben sollten das wohl bezeugen, klangen aber eher hilflos. 60 Euro für die halbe Stunde Arbeit, das klingt schon überzeugender. Aber so ein Job geht nur die ersten 10 Jahre eines etwa 40jährigen Berufslebens, und die Chancen auf dem Heiratsmarkt werden durch eine solche Tätigkeit normalerweise auch nicht wirklich besser. Vermutlich gehen die wenigsten Prostituierten wohlbehalten in eine auskömmliche Rente.

Für die Männer, die Sex/Sauna/Wellness-Clubs betreiben, sind die jungen Frauen wie früher schon der Rohstoff, aus dem sie ihr Vermögen machen. Der Schweizer Bordell-Betreiber, der in der Doku auffällig oft gezeigt wurde, will mit seiner Kette an Edel-Sex-Clubs demnächst an die Börse gehen, da keine seiner Töchter das Geschäft übernehmen könnte: Ein hartes Geschäft für harte Männer. Er selber bevorzugt Frauen aus dem Milieu, denn die normalen Frauen, die rechtlich gleichgestellt seien und alles hätten, würden doch bloß immer ein langes Gesicht machen, meint er. Zwei Dinge kriegt man in einem Sex-Club: Entspannung, auf Wunsch auch sexuelle, und die beruhigende Bestätigung des patriarchalen Frauenbildes.

Zum Kundenstamm solcher Einrichtungen, in die Frauen nur als Dienstleisterinnen reinkommen, gehören alle Sorten Männer, alle Altersgruppen, alle Berufe, alle sozialen Schichten: Freiheit Gleichheit Brüderlichkeit. Für einen Mann geht der Besuch in einem Sex-Club wohl problemlos zusammen mit einer “normalen” Beziehung zu einer Frau, womöglich im Rahmen einer Familie, in der es auch Töchter geben kann, denen vermutlich die wenigsten Väter ein Schicksal als Prostituierte wünschen würden. Welche Folgen die Existenz käuflicher Frauenkörper für Frauen in normalen Berufen wohl hat? Es könnte so sein wie im Verhältnis zwischen Kolonisten und Kolonisierten: Die Erfahrung der Subalternität ist für beide sehr schwer zu verlernen.

In den Swingerclubs geht es zwar auch um Sex, aber hier kommen nur Paare rein. Geld ist auch hier im Spiel, wenn auch augenscheinlich nicht ganz so viel wie im Sex-Club-Bereich. Anscheinend sind die Frauen beim Besuch solcher Etablissements oft initiativ, denn solch kontrolliertes Fremdgehen gilt als Kitt für die Beziehung. Der älteste Swingerclub Deutschlands wurde von einem 68er gegründet und wird jetzt von seiner anheimelnd schwäbelnden Frau geführt. Ein Swingerclub in einem Schloss in Brandenburg wird von einem ostdeutschen Ehepaar geleitet. Anders als in den Sex-Clubs geht es hier um die gleichberechtigte Lustsuche, die verbal und mit fetischisierter Kleidung zelebriert wird, wobei Toleranz für Körper, die nicht der Mode entsprechen, eine Selbstverständlichkeit zu sein scheint.

Allerdings hat auch hier die Suche nach sexueller Lust, ebenso wie den Sex-Saunas, einen merkwürdig therapeutischen, gesundheitsförderlichen Beigeschmack: Für die Liebe, die erotische Leidenschaft ist in solchen Tempeln kein Platz. “Warum Liebe weh tut”, so heißt das neue Buch von Eva Illouz, und wozu der Liebesschmerz gut ist, das erklärt sie  in einem Spiegel-Interview.

Anzumerken ist noch, dass in der vierstündigen Doku über das Geschäft mit der käuflichen Liebe keine Etablissements vorgestellt wurden, in denen Frauen von Männern beglückt werden. Gibt wohl nicht genug von dieser Sorte, Frauen verdienen ja auch immer noch 23% weniger als Männer und können sich sowas gar nicht leisten.


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