WEIMAR. (fgw) Das Kölner Beschneidungsurteil hat eine Nebenwirkung, die jeden Arzt oder Apotheker hilflos macht. Sie wurde hervorgerufen durch eine voreilige Reaktion der Catholica in ihrer gemeinsamen Empörung mit Juden und Muslimen über ein Urteil, das nach unserer Gesetzeslage gar nicht anders ausfallen konnte. Zu früh empört, zu kurz gedacht. Völlig unerwartet bläst der Catholica jetzt Gegenwind durch eine Verfassungsregelung ins Gesicht, wonach niemand zu einer kirchlichen Handlung oder Feierlichkeit oder zur Teilnahme an religiösen Übungen oder zur Benutzung einer religiösen Eidesform gezwungen werden darf. Demnach ist die Taufe von Unmündigen verfassungswidrig. Wer hat jemals darüber nachgedacht.
von Georg Korfmacher
Reichstagsgebäude
Nach dem Hitler-Konkordat von 1933 muss die Catholica endlich zur Kenntnis nehmen, dass bereits in der Weimarer Verfassung eine glasklare Bestimmung stand, die in § 140 in unserem Grundgesetz uneingeschränkt weitergeführt und verankert ist. An diesem Beispiel wird überaus deutlich, wie unsäglich undemokratisch und religionslastig unser Staat insbesondere mit den Amtskirchen verquickt ist. Natürlich tut Taufen körperlich nicht weh, hat aber gleichwohl gravierende bis irreversible Folgen für den unmündigen Täufling, nämlich lebenslange finanzielle Bürde durch die vom Staat eingezogene Kirchensteuer und – in der Catholica – Exkommunikation, wenn man das als Erwachsener nicht will.
Unmündige Kinder sind nämlich nicht Leibeigenen ihrer Eltern, sondern eigene Rechtssubjekte. Nach Dr. Dr. Joachim Kahl, Marburg, ist es den Eltern verwehrt, „irreversible oder als irreversibel vorgestellte Mitgliedschaften überzustülpen. Denn dieser unfaire Paternalismus nutzt den kindlichen Zustand der Wehrlosigkeit und Unmündigkeit aus und verletzt das Recht, nur freiwillig und ohne Zwang einer Religion oder Weltanschauung beizutreten oder eben nicht beizutreten.” Während z.B. ein Franzose fröhlich Katholik und gleichzeitig Laizist sein kann, ist das dem deutschen Katholiken verwehrt. Sieht nämlich ein deutscher Katholik nicht ein, warum und dass ein Beitrag für seine Kirche zwangsweise bis zum Gerichtsvollzieher durch den Staat eingezogen wird, und sich dagegen wehrt, wird er kurzum und ohne wenn und aber exkommuniziert. Das ist für viele zwar keine körperliche, aber durchaus eine seelische Pein. Mord und Totschlag wird vergeben, eine Weigerung zur Zwangskirchensteuer – zumal durch den Staat eingetrieben – führt zum Ausschluss. „Das hohe Alter von Traditionen und die identitätsstützende Inbrunst, mit der bestimmte religiös motivierte Praktiken heute verteidigt werden, besagen überhaupt nichts über…. deren rechtsstaatliche Legitimität”, so Kahl.
Die Taufe ist nach eigenem Verständnis der Catholica irreversibel und verstösst somit gegen § 140 GG, weil es eine spätere eigene Entscheidung eines mündigen Menschen mit Ausschluss bedroht und bestraft. Besonders makaber: hier macht sich der Staat zum Handlanger der Catholica, weil durch eine Meldung eines Kirchenaustrittes beim Standesamt zwangsläufig die Exkommunikation ausgelöst wird.
Wann endlich hört dieser Spuk und Missbrauch in unserer säkularen Demokratie auf!?
[Erstveröffentlichung: Freigeist Weimar]