Tanztheater International 2011 Hannover: Abschluss mit Pierre Rigal, Compagnie dernière minute "Micro"
Das war ein fulminanter Abschluss des Tanztheaters International 2011 in Hannover am 10. September: "Micro" von Pierre Rigal und der Compagnie dernière minute - eine Mischung aus Tanz, Rockmusik und Show.
Mit fünf Musikern und Tänzern inszenierte Pierre Rigal ein Spektakel voller Spielfreude, das von den Show-Gigs inspiriert war, bei denen Musiker nicht starr ihre Instrumente spielen, sondern auch viel expressiven Körpereinsatz zeigen. Aber nicht nur ernst genommen - viele humorvolle Elemente, bei denen das Showbusiness auf die Schippe genommen wird.
Akustisch war es nicht immer ein Vergnügen, optisch schon eher; die verschiedensten Möglichkeiten wurden ausgelotet. Das eine Mal tanzten flackernd die Beleuchtungen der Verstärker und anderen Anlagen, das andere Mal fingen die Instrumente an, sich zu bewegen - das waren die wenigen eher ruhigen Momente, (fast) ohne Beteiligung von Menschen. Gegen Anfang ein Tanz mit den Mikrofonen und ihren Ständern, artistisch geschwungen ...
Später dann gab es einen Tanz im Wald der Mikrofone.
Körper und Instrumente gingen verschiedene Symbiosen ein: Gitarrenhälse, die die Gestalten phallisch verlängerten; Trommeln und Becken, die Kopf und Gesicht umschlossen oder verdeckten - soll das symbolisch heißen, dass öffentliche Rockmusik gesichtslos macht? -; Trommelstockspiele, die Finger zu Zierfingern machten.
Ob er jemals seinen Kopf daraus befreien wird? mag sich mancher Zuschauer/-hörer gedacht haben.
Manchmal wurden auch die Körper selbst als Instrumente benutzt. Das ging dann bis zu Slapstick-Momenten. Dann wieder die Steigerung bis ins Groteske, ja, bis zur Rocky-Horror-Show. Langweilig wurde es nicht.
Noch eine Symbiose: Die einzige Frau mit ihrem Partner und Mikrofonen beim Singen.
Es endete im Chaos. Sollen wir Zuschauer/-hörer es so deuten, dass die körperbetonte Darbietung von Musik und Tanz nicht weiterführt?
Mein Bericht ist diesmal etwas bilderreicher geworden - mit Bildern konnte ich hier mehr sagen als mit Worten.
Wie gesagt, es war der Abschlussabend. Deshalb ein paar abschließende Bemerkungen. Das Festival war zu 98 % ausgelastet - rund 3000 BesucherInnen, eine Steigerung sogar gegenüber dem Jubiläumsjahr 2010. Festivalleiterin Christiane Winter zeigt sich sehr zufrieden: "Die Vielfalt des zeitgenössischen Tanzes und seiner Ausdrucksformen ist in der Lage, zeitaktuelle Themen künstlerisch aufzugreifen und einem breiten Publikum zugänglich zu machen. Nicht nur die bereits in Hannover eingeführten Kompanien, auch die erstmals vorgestellten Gruppen sorgten für durchweg positive Publikumsreaktionen ..." Acht Tanzkompanien aus der Schweiz, Südafrika, Belgien, den Niederlanden, Deutschland, Frankreich und Großbritannien präsentierten sich an zehn Abenden mit neun verschiedenen Produktionen, darunter zwei deutsche Erstaufführungen. Vier der Gruppen waren bereits mehrfach beim Festival zu sehen, vier wurden neu vorgestellt.
Text: (C) Dr. Helge Mücke, Hannover, teils unter Verwendung der Pressetexte; Fotos: Pierre Grosbois - zu Pressezwecken zur Verfügung gestellt, nicht frei verfügbar.