Ein prächtiger Saal in einem Londoner Luxushotel, eine Wand aus Fernsehkameras, Hunderte Journalisten, aus den Lautsprechern dröhnt Take-That-Musik. Als die fünf Männer, die hier gefeiert werden, den Raum betreten, rechnet man fast mit Gekreische. Kurz kommt tatsächlich so etwas wie unterdrücktes Jubeln auf, bevor sich alle erinnern, dass sie ja jetzt erwachsen sind. Nicht mehr die Teenies, die den Jungs von Take That inklusive Robbie Williams einst zujubelten. Die britische Popband allerdings nimmt es mit der Ernsthaftigkeit nicht so genau: Die sichtlich älter gewordenen Männer blödeln rum, während die PR-Maschinerie um sie so richtig ins Rollen kommt. Etwa drei Monate ist es her, dass die vielleicht erfolgreichste Boygroup bislang ihre Wiedervereinigung mit Robbie Williams bekanntgegeben hat. Seitdem gab es hier und da ein paar Fotos, einen Auftritt bei einer Preisverleihung, das neue Album wurde fertig gemacht – aber so richtig groß und offiziell war keine der Aktionen. Am Dienstag kündigten die Briten nun eine Tour für das nächste Jahr an. «Es wird eine große Stadion-Produktion werden», sagte Gary Barlow. Mit bescheidenen, akustischen Auftritten brauche niemand zu rechnen. Auch in Deutschland stehen im Juli drei Konzerte an. Noch kann man sich nicht vorstellen, wie die einstigen Teenie-Idole sich präsentieren werden. Im Jahr 1996 hatten sie sich nach einer Serie vom Hits wie «Babe» oder Everything Changes getrennt und eine Hysterie unter den Fans ausgelöst. 2005 kamen Barlow sowie Howard Donald, Jason Orange und Mark Owen wieder zusammen. Robbie – mittlerweile als Solokünstler ein Superstar – wollte nicht. Die bisherigen Plattenverkäufe ohne Robbie zeigen, dass die Wiedervereinigung sich schon gelohnt und Millionen eingebracht hat. Der Hit Patience erreichte auch Hörer, die bei der letzten Take-That-Welle noch Babyschühchen trugen. Die Vier waren erfolgreich, doch wer wird nun die Fünf wieder sehen wollen: Werden sie wirklich neue Fans gewinnen? Oder ist ein Take-That-Konzert eher eine Nostalgie-Veranstaltung vor allem für Frauen zwischen 30 und 40 Jahren? Anscheinend haben die einstigen Jungs das Problem selbst erkannt. So heißt das Mitte November erscheinende Album Progress – Fortschritt. Und auch bei der Tour kann es nicht sein wie zuvor. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir auch auf eine würdige Art und Weise rumalbern können, gibt Howard zu Bedenken. Wir sind schließlich jetzt alle um die 40. Tanzen wollen sie aber trotzdem, und auch auf die Frage einer Journalistin nach knappen Kostümen gibt es vielsagendes Grinsen. Von den Streitigkeiten, die es in den vergangenen Jahren angeblich zwischen Robbie und den anderen gegeben haben soll, ist nichts mehr zu spüren. Was hat sich denn geändert? Welche Fortschritte hat es gegeben? In den neunziger Jahren hatten wir wahnsinnig viel Spaß, erinnert sich Howard. Aber es war alles so künstlich zusammengestellt. Tatsächlich kannten sich die Jungs vorher nicht und waren als Boygroup erst erschaffen worden. Heute fühlt es sich irgendwie alles echter an. Ja, da stimmen alle zu. Vorher gab es viele Machtkämpfe zwischen uns, sagt Robbie mit seinem typischen Kleinjungen-Lächeln. Heute sind wir aus den richtigen Gründen zusammen. So werden Eitelkeiten überwunden und auf der Tour auch Solo-Stücke gespielt, etwa Hits von Robbie oder Gary. Vielleicht kann man den Männern da oben auf der Tribüne trotz des Medienhypes und der Werbetrommeln doch ein bisschen glauben, dass sie einfach nur zusammen Musik machen und ihren Spaß haben wollen.