Tagebuchnotizen zum Buch DAS ESELSKIND - Ihr kriegt eine nackte Frau zu sehen!

Tagebuchnotizen zum Buch DAS ESELSKIND - Ihr kriegt eine nackte Frau zu sehen!
Ihr Lieben,wenn man wie ich ein Buch schreibt, dann ist die Fülle dessen, über das man schreiben möchte, manchmal so groß, dass man die eine oder andere Begebenheit weglassen muss, damit das Buch nicht zu umfangreich wird und damit nicht die klare Botschaft des Buches verlorengeht.
Eines der Kapitel, die ursprünglich in dem Buch DAS ESELSKIND veröffentlicht werden sollten, ist das folgende Kapitel, das ich Euch gerne zu lesen geben möchte.
Auch wenn das Kapitel einen eher ernsten Hintergrund hat, so kann ich heute über die damalige Begebenheit nur noch herzlich lachen, es war eine der wenigen Male in meiner Kindheit und Jugend, wo es mir gelang, mich erfolgreich zu wehren.
Und nun das Kapitel:
Eine nackte Frau...
In meiner Kindheit und Jugend nahm niemand Rücksicht auf meine Intimität.
Dass mich die Mitglieder meiner Familie, unsere Verwandtschaft und die Freunde und Bekannten unserer Familie mich nackt sahen, war gar nichts Besonderes.
Fast möchte ich ein wenig übertrieben sagen, aufgrund meines Status als „kleine Russensau“ (meine Mutter hatte nach dem Krieg einen russischen Offizier kennengelernt. Das „Produkt“ dieser kurzen Liebe bin ich) meinte fast jeder das Recht zu haben, mich nackt auszuziehen und nackt zu sehen, wann immer es ihm passte.
Ganz im Gegensatz dazu stand das sonstige sexuelle Verhalten innerhalb meiner Familie und meiner Verwandtschaft. Schamhaft verbarg jeder seine Nacktheit, ich kann mich nicht erinnern, in meiner Kindheit irgendjemand außer mir selber nackt gesehen zu haben.
Diese Diskrepanz zwischen meiner eigenen Sexualität, deren Intimität in keiner Weise geschützt und geachtet wurde und die fast allen Augen preisgegeben wurde und der äußerst zurückhaltenden Sexualität meiner Familie und Verwandtschaft, fiel mir selbstverständlich auf. 
Die Ursache dafür sah ich in meiner besonderen Geringschätzung als Russenbastard.  Als ich 8 Jahre alt war und wir noch in der Bremer Innenstadt wohnten, war es bei uns zuhause eine rituelle Sitte, dass meine Schwestern Ute und Birgit, wenn sie abends von einem ihrer sehr häufig wechselnden Freunde von Zuhause abgeholt wurden, um auszugehen, diese Freunde erst dem Rest der Familie vorstellt werden mussten.
So gingen sie abwechselnd zu meiner Mutter, meinem Stiefvater und der jeweils anderen Schwester mit den Worten: „Dies ist mein Vater, dies ist meine Mutter, dies ist meine Schwester“, danach rissen sie regelmäßig die Tür zum Badezimnmer auf, in dem ich gerade nackt in der großen Badewanne saß und stellten mich vor:
„Und das ist mein kleiner Bruder.“ Ich wurde jedes Mal krebsrot im Gesicht.

Meine 11 Jahre ältere Schwester Ute machte das Begrüßen im Badezimmer besonders häufig, - fast schien es ihr Freude zu bereiten, mich damit zu ärgern, denn obwohl ich sie immer wieder herzlich und eindringlich darum bat, das doch in Zukunft endlich zu unterlassen, tat sie es weiterhin.
Einmal habe ich mich dafür aber gerächt. Meine Schwester Ute wollte freitagabends mit ihrem Freund ausgehen und badete vorher. Sie hatte aber vergessen, die Badezimmertür abzuschließen.
Als ich das mitbekam, stürmte ich hinaus auf die Straße und alarmierte alle Kinder, die ich draußen antraf und derer ich habhaft werden konnte, mit dem Hinweis :„Ihr bekommt eine nackte Frau zu sehen“.
Heute könnte man mit einer solchen Ankündigung keinen Hund mehr hinter dem Ofen hervorlocken, damals, anders als heute, kam eine solche Ankündigung einer Riesensensation gleich.
Im Handumdrehen hatte ich eine große Meute lebhafter Kinder rund um mich herum und wir stürmten unser Treppenhaus hinauf und hinein in unsere Wohnung.
Ich öffnete ruckartig die Badezimmertür und wir drängten alle hinein und ich sehe mich noch heute, wie ich in der Menge der Kinder stand und mit dem Finger auf meine nackte Halbschwester zeigte und sagte: „Und das ist meine Schwester Ute!“
Meine Worte aber gingen in einem Riesengelächter der Kinder unter, die sich gar nicht satt genug sehen konnten an meiner nackten Schwester. Es war auch kein Handtuch greifbar, sodass sich meine Schwester nicht bedecken konnte.
Natürlich weiß ich, dass mein damaliges Verhalten aus meiner heutigen Sicht und Einstellung nicht in Ordnung war.
Aber irgendwie muss mein Vorgehen meiner Familie imponiert haben, denn erstens wurde ich für mein Vorgehen nicht bestraft (was sensationell war, denn für viel geringere Vergehen wurde ich fürchterlich verprügelt) und zweitens hatte ich von da an beim abendlichen Baden meine Ruhe.

Ihr Lieben,
ich wünsche Euch nun ein schönes Pfingstwochende und grüße Euch alle ganz herzlich aus Bremen
Euer fröhlicher Werner 

Tagebuchnotizen zum Buch DAS ESELSKIND - Ihr kriegt eine nackte Frau zu sehen!

Werner im Alter von 8 Jahren


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