Der heutige 6. Februar steht auf den kuriosen Feiertagen im ganz im Zeichen der Kategorie: Feinheiten idiomatischer Redewendungen der englischen Sprache. Um was geht es dabei? In den USA wird heute der sogenannte Lame Duck Day begangen. Mit diesem Tag der lahmen Ente, so die wörtliche deutsche Übersetzung, ist aber keineswegs die Pflege bzw. medizinische Versorgung verletzter Enten gemeint, sondern als Lame Duck bezeichnet man im politischen System der USA einen Politiker – hier besonders einen Präsidenten -, dessen Amtszeit zwar noch nicht abgelaufen ist, aber eine (Präsidentschafts-)Wahl verloren hat bzw. sich nicht mehr zu einer Wiederwahl stellt.
Insofern kommt der Ausdruck auch dann zur Anwendung, wenn die Partei des Präsidenten die Mehrheit im Kongress verliert und somit kein Gesetz mehr ohne den politischen Gegner verabschieden kann. Kurzum, eine solche lahme Ente ist im (politischen) Sprachgebrauch der Vereinigten Staaten nichts anderes als ein Politiker, der/die (innen-)politisch nicht mehr handlungsfähig ist. Aber auch außerhalb der Politik hat sich der Begriff im amerikanischen Sprachgebrauch eingebürgert. So spricht man hier auch von einer Lame Duck, wenn ein Sporttrainer einen Verein verlassen muss, trotzdem offiziell sein Amt noch bekleidet.
Amendment XX, der 20. Zusatzartikel zur Verfassung der USA
Die vorherigen Ausführungen haben die wesentlichen Punkte der Lame Duck ja bereits skizziert, trotzdem erscheint es zum besseren Verständnis sinnvoll, hier auf die verfassungsgeschichtlichen Grundlagen einzugehen. Denn bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass die Grundlage der lahmen Ente wesentlich durch einen Zusatzartikel zur Verfassung der US-amerikanischen Verfassung bedingt sind. Ratifiziert wurde dieser Verfassungszusatz am 23. Januar 1933, gemäß der hierin enthaltenen Sektion 5 (engl. Section 5) noch nicht auf die Amtseinführung des damaligen neuen Präsidenten Franklin D. Roosevelt angewandt, sondern kam erst bei Roosevelts Wiederwahl am 20. Januar 1937 zum Tragen.
Dieses sogenannte Amendment XX (dt. 20. Zusatzartikel) enthält einige Details zur Regelung der präsidialen Nachfolge bzw. der Zeit zwischen Beginn und Ende der Amtsperiode gewählter Bundesorgane der Vereinigten Staaten. Im Detail: Da der Termin für die Präsidentschaftswahlen (engl. General Elections) per Verfassung auf den Dienstag nach dem ersten Montag im November festgelegt ist, der US-Präsident jedoch immer erst am 20. Januar eingesetzt wird, verbleiben dem jeweils amtierenden Präsidenten im Falle einer Wahlniederlage noch ca. 2,5 Monate im Amt. De facto ist ein solcher Politiker bzw. Präsident aber politisch nicht mehr handlungsfähig und ist deshalb dazu angehalten, während dieser kurzen Zeitspanne keine elementaren Entscheidungen mehr zu fällen. Dies betrifft sowohl die Besetzung wichtiger politischer Ämter wie die des Richter am obersten Gerichtshof (engl. Supreme Court) aber auch das Verabschieden wichtiger Gesetze. Dementsprechend sprechen die Amerikaner hier auch vom sogenannten Lame Duck Amendment. Bekannte Beispiele für politische Lame Ducks:
- Die Präsidenten Bill Clinton (2000), George W. Bush (2008), demnächst auch Barak Obama (2016) (alle dürfen/durften nach zwei Amtsperioden nicht wiedergewählt werden).
- Präsident Lyndon B. Johnson (1968) verzichtete auf eine erneute Kandidatur und gab offiziell seinen Rückzug aus der Politik bekannt. Dies betrifft aber grundsätzlich alle politischen Ämter der USA (siehe dazu z. B. auch den Rücktritt von New Yorks Gouverneur David Paterson im Jahr 2010)
Weitere Informationen zum Lame Duck Day
Warum der Lame Duck Day allerdings ausgerechnet am heutigen 6. Februar begangen wird, konnten die Quellen nicht erklären. Zumindest habe ich hierfür weder eine Begründung noch irgendeinen konkreten Hinweis finden können. Aber vielleicht findet ja jemand von Euch bei den folgenden Links eine passende Antwort. Dann bitte aber auch unbedingt bei mir melden.
- Wikisource: Englischer Text des 20. Verfassungszusatzes (englisch)
- Das Lame-Duck-Syndrom – Artikel der Süddeutschen Zeitung vom 9. März 2011 (deutsch)
- Patrick Labriola und Jürgen Schiffer: Politisches Wörterbuch zum Regierungssystem der USA: Englisch-Deutsch, Deutsch-Englisch (deutsch)
- Wikipedia-Artikel zur Begriffsgeschichte von Lame Duck in verschiedenen Ländern (englisch)