Der gestrige Abend mit Klarina und Gert und der noch dazugestoßenen Camino-Bekanntschaft von Klarina, Kerstin aus Thüringen war wundervoll – wir hatten einen einen traumhaften Blick auf Castro-Urdiales und das Meer, dazu noch ein großartiges Abendessen und einen kleinen Absacker. Allerdings hat der Wein am Morgen noch ein wenig im Kopf rumort, trotzdem ging es recht früh für uns beide los. Da wir im Gegensatz zu Gert direkt im Hafen „stationiert“ waren, mussten wir die gesamte Stadt durchqueren. Zum „Kopf“ gesellt sich bei mir ein leichter Halsschmerz, auch zeigt die Nase erste Raktionen. Eine dicke Erkältung kann ich nun wirklich nicht gebrauchen.
Die Stimmung, wohl bemerkt bei uns beiden, ist also dem Wetter angepasst: Grau und wolkenverhangen zeigt sich der Himmel und begleitet uns so die ersten Kilometer aus der Stadt heraus und an der Küste entlang. Ich bin froh, Klarina an meiner Seite zu haben – ohne sie hätte ich mich in meiner aktuellen Verfassung mit Sicherheit irgendwo hin gesetzt und wäre auch so schnell nicht mehr aufgestanden. Ich hatte wirklich keine Lust und habe mich nicht gut gefühlt. Ich glaube aber, Klarina ging es auch nicht wirklich bestens und wir haben uns einfach insofern gut ergänzt, dass wir uns gegenseitig gezogen haben.
Mit Durst auf den ersten Kaffee suchten wir nach einer offenen Bar, was auf diesem Weg wirklich sehr schwierig ist. Nachdem wir uns an einer Tanke eine Cola gezogen und ein paar hundert Meter weiter gegangen sind, präsentiert sich uns auf einem Campingplatz ein geöffnetes Café, in das wir auch schnell einkehren. Nur wenige Minuten später hören wir ein „Klack-Klack“ und Gert stößt zu uns. Nach einem Koffeinschub starten wir gemeinsam, trennen uns aber bald schon: Der Weg bietet hier zwei Möglichkeiten: Entlang der Landstraße oder aber 6km weiter und schöner. Aufgrund unserer aktuellen Verfassung beschließen Klarina und ich, die kürzere Variante durchzuziehen, Gert wählt die längere. Da wir voraussichtlich schneller in Santona sind, würden wir uns um die Reservierung seines Bettes kümmern.
Die Straße zieht sich extrem, Klarina übersteht sie mit einem Hörbuch und ich ziehe davon und führe Selbstgespräche auf Englisch – plane bevorstehende Gespräche und mache mir viele Gedanken. Die Straße ist öde, bietet aber ebenso wie die Meseta auf dem Francés die Möglichkeit, ohne großartige Ablenkung den Gedanken nachzuhängen und vor allem: sie zu Ende zu denken!
Klarina und ich kommen aber dann doch in Liendo an, möchten hier unsere große Pause vor den letzten Kilometern machen, ziehen dann aber doch eingepackt los, weil es zu regnen anfängt. Da wir vorher eine Alternativroute gewählt haben, suchen wir nun die Pfeile, laufen Richtung Albergue, um dort festzustellen, dass wir im mittlerweile strömenden Regen den Weg umsonst gelaufen sind und umdrehen müssen. Es wird immer nasser, ich mache mir Sorgen um meine Schuhe, doch stapfen wir irgendwann den Berg hoch. Nun schreibt Gert, dass er schon nach Laredo absteigt und fragt wo wir seien.
Na super. Eigentlich wollten und sollten wir vor ihm ankommen – das Verlaufen hat uns echt Zeit gekostet. Ich schreibe ihm, dass wir bald da sind (höhö), es geht den Berg hinauf, durch Heide, Disteln, Nebel und Regen, wir suchen Pfeile, finden sie schlussendlich und sind den tiefhängenden Wolken sehr nah. Es geht bergab, auf jahrhunderte altem Pflaster, wir teilen uns meine Wanderstöcke und wir kommen endlich in der Stadt an. Dort steht Gert, der nun schon eine Stunde auf uns wartet und eigentlich betrunken sein müsste. Meine Schuhe sind in den letzten 3km komplett durchnässt, ich laufe in nassen Socken und fühle mich dennoch wohl.
Wr pausieren, trinken und essen etwas und machen uns nun auf die letzten 5,4km, die entlang des Strandes gehen. Die Promenade mitsamt ihrer Häuserschlucht ist ein Grauen und möchte nicht enden. Am Ende stehen wir dann aber doch endlich am Strand der Fähre gegenüber, die uns nach Santona bringen soll, wir stürzen nicht über Bord, sind aber unfassbar fertig. Zum Glück hat Klarina in der letzten Pause die Betten für uns reserviert, sodass wir nicht eilen müssen. Wir kommen in einer angenehm schönen Herberge an, haben die Duschen für uns, da alle anderen schon eingecheckt haben und gesellen uns in die unten liegende Bar. Das Menü del Noche wird erst ab 20 Uhr gereicht, wir haben aber Hunger und warten. Leider werden wir enttäuscht, das Essen ist seinen Preis nicht wert und eigentlich zahlen wir auch viel zu viel. Das Dessert sparen wir uns, geben uns aber Gerts Eis-Hunger hin und wandern in die Frozen Yoghurt Bude, die ich auf dem Weg in die Herberge entdeckt habe. So findet ein anstrengender Tag voller Prüfungen und Anstrengungen doch noch ein gutes Ende.
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