sunday-thoughts

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Mir fällt es momentan irrsinnig schwer, zu leben. Keine Sorge, ich hege keine Selbstmordgedanken oder Ähnliches, doch seitdem ich das Waisenheim in Tansania verlassen habe, komme ich mit meiner Situation absolut nicht mehr klar. Wie oft habe ich mir in den vergangenen zwei Monaten Internet, ein großes Stück Torte, ein Einkaufszentrum, schick essen gehen, ein Kino-Date oder eine Maniküre -die Liste würde sich endlos lange fortsetzen lassen- herbeigesehnt? Jeden Tag. Jede Stunde. Manchmal sogar im Minutentakt. Und jetzt, back im first world country schlechthin, wo ich jederzeit die Möglichkeit habe, auf meine Wünsche und Bedürfnisse einzugehen, nagt ununterbrochen das schlechte Gewissen an mir. Verzichte ich auf das üppige Stück Torte inklusiver heißen Schokolade mit Sahnehäubchen und Schokoraspelüberzug, für das ich leicht mal Acht Euro Neunzig hinblättere, was für mich Peanuts sind, wofür in Tansania jedoch tagelang hart geschuftet wird, können alle meine 17 Waisenkinder mindestens einen Tag lang so viel Reis mit Bohnen verschlingen, wie ihr Herz begehrt. Gedanken wie diese schwirren seit einigen Tagen ständig in meinem Köpfchen herum, ich habe ein Problem damit, es mir gut gehen zu lassen, ein für Österreich normales Leben zu führen. Es erscheint mir plötzlich so oberflächlich, mich zu fragen, welche Farbe heute meine Nägel zieren soll, ob ich zum Frühstück Lust auf Rührei mit Lachs oder doch auf Blaubeer-Pancakes habe oder welche Farbe mein neues iPhone haben soll. Nina von Berries and Passion hat vor Kurzem in einem Blogpost ihren Gedanken zum Thema Glücklichsein freien Lauf gelassen und ich erkannte mich darin oftmals wieder. Soll ich mir Nachschub holen oder doch lieber nicht? Denn da wären ja diese Fettpölsterchen an meinen Oberschenkel, die sich langsam aber doch zu Cellulite entwickeln, bei denen meine Instagramfollower definitiv nicht in Jubelschreie ausbrechen werden... Doch würden mich dünnere Oberschenkel ohne Cellulite wirklich glücklicher machen? Wenn ja, dann ändere es liebes Carinchen und langweilige nicht all deine treuen Leser mit deinen cellulitigen Oberschenkel. Nein, ich hole mir Nachschub und zwar soviel ich will, denn der Prozess drei Kilo zu verlieren, auf das tägliche Betthupferl zu verzichten, nein zu Omas Schokokuchen zu sagen, macht mich bestimmt unglücklicher, als wenn ich nicht Size Zero trage. Und ich werde mich nie wieder über die Fettpölsterchen und Cellulite beklagen, großes Indianerehrenwort. Denn in einer Welt wie meiner, in der die Menschen so im Überfluss leben, ist jeder des Glücks eigener Schmid. Ich alleine bin dafür verantwortlich, wie ich mich fühle. Ich mache mein eigenes Glück nicht von anderen abhängig, ich vergleiche mich nicht mit anderen. Es wird immer schlankere, attraktivere, klügere Personen geben, Frauen mit glänzenderem und seidigerem Haar, Menschen mit helleren Wohnungen und größeren Gärten. Konzentrieren wir uns doch auf unsere guten Seiten, ändern wir unsere Gedanken: Anstatt mich gestern Abend mit Sit-ups im Fitnesscenter gequält zu haben, habe ich mit meiner besten Freundin stundenlang an neuen Tattoo-Ideen herumgetüftelt. Anstatt mehr Miete zu bezahlen, kann ich mir einen Städtetrip pro Jahr mehr leisten. Beiß dir auf die Zunge, wenn du wieder Mal zu klagen beginnst, es macht weder dich, noch dein Gegenüber glücklicher. Klar, manchmal tut es gut, zu jammern, doch muss es wirklich andauernd sein? Schreib nieder, was dich unglücklich macht, mitunter wirst du bereits am nächsten Tag darüber lachen. Und dann zerreiße es, verbrenne es, verbanne es aus deinem Leben und konzentriere dich stattdessen auf das Positive. Die ersten Schneeglöckchen beginnen zu blühen, bald kommt der neue Film, auf den du dich schon seit Monaten freust, in die Kinos, du hast das letzte Paar Schuhe, das du schon seit Wochen anhimmelst, exakt in deiner Größe im Sale ergattert- um den halben Preis. Denk an die schönen Seiten, die unsere fabelhafte Welt zu bieten hat, genieße und lebe deine Träume, doch schätze und vor allem übertreibe es nicht. Und tu ab und an was Gutes. Verzichte das Eine oder Andere Mal bewusst auf das üppige Stück Torte inklusiver heißen Schokolade mit Sahnehäubchen und Schokoraspelüberzug um Acht Euro Neunzig und spende stattdessen. Und zwar nicht für Nagellacke in all erdenklichen Farbtönen, Nintendos, Lachs, Kaviar und Champagner, sondern für Wassertanks, Kondome und Aufklärung, denn HIV, Malaria und Dürreperioden, an denen jährlich Abertausende von Menschen sterben, das sind die wahren Probleme von Dritte Welt Bewohner. Und diese Dinge kann ich nicht von heute auf morgen ändern und durch mein schlechtes Gewissen werden sie auch nicht besser, weshalb ich mir jetzt felsenfest vornehme, mir mein Leben nicht mehr von meinen moralischen Gefühlen vermiesen zu lassen. Denn wenn ich in den letzten Monaten etwas gelernt habe, dann ist es, dass die Menschen in Afrika glücklich sind. Wie oft habe ich gehört „Die Waisenkinder sehen auf den Fotos so glücklich aus“. Tja, weil sie glücklich sind. Und das ganz ohne Nagellacken in all erdenklichen Farbtönen, Nintendos, Lachs, Kaviar und Champagner. Wir können uns den Luxus leisten, beide Seiten zu sehen, doch der Großteil der dritte Welt Bewohner kennt diese Dinge nicht und auch wenn es hart klingt, ich denke, es ist gut so. Ich, ich werde mir jetzt Rührei mit Lachs undBlaubeer-Pancakes zubereiten und das ganz ohne schlechtem Gewissen. Jawohl.


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