Im Fahrwasser von erfolgreichen Summer-Camp Horrorfilmen wie Friday The 13th oder The Burning entwickelte sich heimlich ein kleiner Stern im so abgenudelten Slasher-Genre. Sleepaway Camp wurde für viele Fans zum heimlichen Favoriten, nicht nur auf Grund des schockierenden, völlig unerwartenden Endes, mit dem sich der Film einen gewissen Status im Horrorfilm erarbeitete. Mit der Reihe ging es über die Jahre steil bergab, aber das Original ist noch heute aus dem einen oder anderen Grund einen Blick wert.
Ein Mädchen (Angela) muss mit ansehen, wie ihr Bruder und ihr Vater bei einem Unfall im See verunglücken. Jahre später wird Angela mehr oder weniger dazu gedrängt ihre Ferien in einem Sommer-Camp, an jenem verfluchten See aus der Vergangenheit, zu verbringen. Es dauert nicht lange und die ersten Leichen werden entdeckt. Wer oder was steckt dahinter?
Zunächst sei erwähnt, dass Sleepaway Camp in vielerlei Hinsicht oberflächlich betrachtet ein eher bescheidener Slasher ist. Im Grundsatz unterscheidet er sich nämlich kaum vom Friday The 13th Franchise. Teenies machen Streiche, sind blöd, mobben und hänseln sich, ärgern die Erwachsenen, denken nur an - nein, nicht Sex - Knutschen und sind einfach...pubertär. Damit muss man klar kommen. Man muss auch mit einer ewig langen, völlig unnützen Baseballszene leben. Sleepaway Camp ist zunächst ein komplettes Rip-Off der Reihe um Jason Voorhees. Einziger Unterschied, auf Grund des Alters der Figuren, ist der Mangel an nackten Mädchen.
Aber was liefert Sleepaway Camp dann überhaupt? Zunächst kaum Horror, so viel ist auch klar. Zwar wird alle paar Minuten jemand zur Strecke gebracht, aber vieles davon passiert off-screen oder ist einfach nur unspektakulär. Viel spektakulärer ist da schon die Kleiderwahl der Kids. Ultraenge Shorts und bauchfreie Tops bei den Jungs sind einfach nur wahnsinn aus heutiger Sicht. Kaum vorstellbar, dass das mal auf irgendeine Art und Weise cool war. Unterwäsche bei den Mädels, ach wie wo? Wer braucht das schon. Stark auch die Umgangsarten im Camp. Wegen wirklich jeder Kleinigkeit schreien sich die Leute an oder werden handgreiflich. So blöd es klingt, es ist wahnsinnig witzig.
Und ja - man kann auch sagen der Film ist ziemlich langweilig. Der Film ist nicht gruselig. Der Film ist nicht spannend. Der Film erzählt nichts bahnbrechendes. Die Figuren sind uninteressant und blöd. Bis auf eine Ausnahme, aber dazu später mehr. Bis kurz vor dem Ende ist Sleepaway Camp eher ein ruhiger und langsamer Coming Of Age Film mit einigen richtig cheesigen Szenen. Letztlich fragt man sich - Passiert hier noch was?
ACHTUNG SPOILER! Doch dann geschieht etwas unerwartetes, enthüllendes, mit dem wohl niemand rechnen konnte. Klar, Angela ist die Killerin im Film, kein Geheimnis. Aber ihr merkwürdiges Verhalten über den ganzen Film hinweg und die seltsame Einführung von Angelas Tante ergeben im Schlussakkord plötzlich einen Sinn als Angela splitternackt in die Nacht hinausschreit. Zwischen ihren Beinen - ein Penis. Angela ist kein Mädchen, sondern ein Junge. Vor uns steht nun enthüllt der verstorben geglaubte Peter, der von seiner Tante zum Mädchen groß gezogen wurde. Ein Kniff, eine Sensation, ein Twist wie geschaffen für einen M. Night Shyamalan. Ein genialer Moment und das vielleicht krasseste und beste Ende eines Slashers aller Zeiten. Wie Angela/Peter am Ende nackt vor uns steht ist zugleich einer der gruseligsten Momente der Filmgeschichte. Ein wahrer Albtraum.
Und so ist Sleepaway Camp eben doch nicht der gewöhnliche Camp-Slasher, der er über 80 Minuten vorgibt zu sein. Stattdessen führte er uns an der Nase lang, mit seinen sexuellen Anspielungen und schockiert uns im großartigen Finale. 80 Minuten langweilt uns Sleepaway Camp, nur um uns im mitunter besten Ende der Horrorgeschichte, neben Psycho und Saw, vorzuführen und zu begeistern. So wurde aus einem billigen und langweiligen Friday The 13th Abklatsch einer der legendärsten Horrorfilme der 80er Jahre. 5 Sekunden von der Filmhölle zum Filmhimmel.
OT: Sleepaway Camp DT: Blutiger Sommer - Das Camp des Grauens VÖ: 1983 Laufzeit: 83 Minuten FSK: - R: Robert Hiltzik D: Felissa Rose, Jonathan Tiersten, Karen Fields
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Christian
Bildquelle: Shout! Factory