Hey Beauties,
long time, very looooong time, no see! Ich lebe seit ungefähr 7 Wochen in Vic, einem kleinen aber sehr feinen Studentenstädtchen im schönen, friedlichen Katalonien in Spanien und absolviere mein Auslandssemester. Seit 2 Wochen habe ich erst Internet in meiner Wohnung und ich muss ehrlich gestehen, dass ich zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt war, um auch nur einen Gedanken an den Blog zu verschwenden. Ich hoffe, ihr könnt es mir noch einmal verzeihen.
Plaça Major
Das kleine Städtchen in dem ich hier wohne ist die Hauptstadt der Comarca Osona, welche zur Provinz Barcelona gehört und auch in etwa 70km von Barcelona selbst entfernt ist. Vic hat ungefähr 42.000 Einwohner, ist umgeben von wunderschöner Berglandschaft und ist im großen und ganzen wirklich ruhig. Friedlich, so könnte man es auch beschreiben. Oben seht ihr den Plaça Major, den Hauptplatz der Stadt zur Mittagszeit. Aber eigentlich sieht der Platz zu jeder Tageszeit so friedlich aus - außer an den Markttagen Samstags und Dienstags, da geht es für Vics Verhältnisse sogar richtig rund!
Die einzelnen Häuser und ihre Bögen rund um den Platz stammen aus sehr unterschiedlichen Zeiten und repräsentieren alle einen anderen Baustil, was den Platz besonders aus historisch und architektonischer Sicht ziemlich interessant macht. Auffällig sind in ganz Vic die vielen rot-gelb gestreiften katalonischen Flaggen an den Balkonen, aber besonders am Plaça Major stechen sie ins Auge.
Auch am Turm der City Hall ist die katalonische Flagge zu sehen
Die Flaggen und vor allem das besonders ausgeprägte Bewusstsein für Politik sind für mich eines der typischsten Merkmale dieser Stadt und der Menschen, die hier leben. Ich war noch nie an einem Ort, an dem selbst den jungen Leuten die Politik so wichtig war, dass nahezu jedes Gespräch früher oder später bei der angestrebten Unabhängigkeit Kataloniens ankommt, was zu Beginn ziemlich befremdlich scheint.
Die Gründe für den Wunsch nach Unabhängigkeit sind ebenso vielfältig wie vielschichtig und für mich weder leicht zu begreifen noch zu erklären. Die Region Katalonien hat ihre eigene Kultur und ihre eigene Sprache, die in der Vergangenheit während der Franco-Diktatur unterdrückt und verboten wurden und jetzt wieder auflebt. Ferner hat der Wunsch nach Unabhängigkeit auch wirtschaftliche Gründe, die auf der Tatsache beruhen, dass die autonomen Regionen Spaniens vom Staat sehr ungleich behandelt werden. Außerdem versucht die spanische Regierung immer noch den Gebrauch der katalonischen Sprache in Grundschulen zurückzudrängen, was ein weiterer Grund für den allgegenwärtigen Wunsch nach Unabhängigkeit darstellt. Das Symbol des Unabhängigkeitskampfes ist der zusätzlich angebrachte Stern auf blauem oder gelbem Grund auf der katalonischen Flagge, wie ihr ihn oben gut sehen könnt.
Die geforderte Unabhängigkeit ist allgegenwärtig
Wenn ihr mehr über den katalonisch-spanischen Konflikt erfahren wollt, dann kann ich euch diese Links empfehlen:
Katalonien und die Unabhängigkeit
Kleine Gässchen prägen das Stadtbild
Ganz Vic ist eine einzige Einbahnstraße, da die Straßen so eng sind, dass maximal ein Auto hindurch passt. Die Häuser sind relativ hoch, häufig mit 4 oder mehr Stockwerken und die Gassen sind sehr schmal, so wie es in Spanien üblich ist. Durch diese Bauweise bleibt es auch in den heißen Sommern noch kühl in den Wohnungen, was sehr angenehm sein muss. Jetzt zum Frühlingsbeginn ist es aber häufig noch ziemlich kühl, und es scheint auch keine Sonne in die Wohnungen, so dass wir viel heizen müssen. Es wird aber langsam schon wärmer und tagsüber liegen die Temperaturen schon bei 20°C, durch die Nähe zu den Pyrenäen wird es nachts aber noch richtig, richtig kalt und die Temperaturen sinken nicht selten noch unter 0°C.
Und weil die Straßen so eng sind, werden hier sehr gerne Roller benutzt.
Der Stadtkern von Vic ist aber nicht nur durch die engen Gässchen und Flaggen geprägt, sondern auch durch eine Vielzahl von Kirchen und historischen Bauwerken, die allesamt gut erhalten sind. Besonders interessant ist der römische Tempel aus dem 2. Jahrhundert, der jahrhundertelang unentdeckt und vergessen mitten in der Stadt stand, da das Schloss der Montcada Familie im 11. Jahrhundert einfach um den Tempel drumherum gebaut wurde. Man nahm sozusagen das Dach des Tempels ab, und verwendete den Innenraum des Tempels kurzerhand als Innenhof des Schlosses. Entdeckt wurde der Tempel dann erst wieder im Jahr 1887, als das Schloss zerstört wurde. Verrückte Geschichte? Total.
Der restaurierte römische Tempel
Ebenfalls urururalt ist die Queralt Brücke, die auch von den Römern erbaut wurde. Die römische Brücke wurde im 11. Jahrhundert erbaut und steht bis heute noch dort, wo früher die Straße von Vic nach Barcelona führte. Heute verbindet die Brücke den modernen Stadtteil Vics mit dem historischen Stadtkern und führt den Besucher geradezu vor die alten Stadtmauern – und über einen ziemlich mickrigen Fluss. Ist aber super hübsch anzusehen und die angrenzenden Wiesen eignen sich hervorragend für ein Picknick mit Blick auf die Berge.
Die römische Queraltbrücke
Wie schon erwähnt, hat Vic unfassbar viele römisch-katholische Kirchen. Wie viele, kann ich euch gar nicht sagen, aber ich habe beim letzten Mal 17 Stück gezählt und habe nur einen kleinen Teil der Stadt durchwandert. Die größte ist die Kathedrale mitten in der Stadt, die in einem Mix von römischem und neoklassischem Stil erbaut wurde. Leider habe ich es noch nicht geschafft, die Kathedrale von innen zu besichtigen, da die Besichtigungszeiten mit meinem Vorlesungs- und Partyplan kollidieren. Muss ich aber definitiv noch nachholen!
Die Kathedrale
Ich studiere hier an der Universitat de Vic an der Fakultät für Business & Communication. Der Campus ist im Vergleich zu den meisten deutschen Universitäten brandneu – das älteste Gebäude wurde in den 70er Jahren erbaut und die Unversität erst 1997 gegründet. Neben der Fakultät für Business & Communication gibt es auch eine für Polytechnik, eine für Erziehung, Übersetzung & Human/Sozialwisschenschaften, eine für Gesundheitswesen, eine für Kunst & Design und eine weitere für Administration & Direktion auf 2 Campus mit insgesamt ungefähr 6.000 Studenten.
Haupteingangsbereich der UVic
Palmen auf dem Campus, was will man mehr?
Und am Horizont immerzu die Berge, hier aus der Sicht eines Hörsaals.
Ansonsten gibt es gar nicht so wahnsinnig viel zu erzählen. Ich lebe ein Studentenleben wie in amerikanischen High-School-Filmen mit vielen Parties (La gente esta muy loca!), wunderbaren und aufgeschlossenen Menschen aus allen Ecken Europas und sogar aus Kanada, Texas, Mexiko und Ghana, gutem Essen (TAPAS!) und vor allem vielen neuen Eindrücken und Erfahrungen, die mir keiner mehr nehmen kann.
Escalivada mit Schafskäse
Ich hoffe, euch hat mein kleiner Einblick in mein neues Leben hier gefallen und ihr seid mir nicht böse, dass ich so lange abwesend war.
Sonnige Grüße aus Vic schickt euch,
euer Goldmädchen!