Unsere erste Nacht hatten wir auf der Starkenburger Hütte verbracht, nachdem wir Tags zuvor vom Tal aus mit der Gondel gefahren und die letzten zwei Stunden marschiert waren. Heute sollte also die erste richtige Etappe gegangen werden. Gestern noch schien die Sonne bei über 30° C und an diesem Morgen sah es gar nicht gut aus. In der Ferne sah man dunkle Wolken auf uns zuziehen und ein fernes Grollen konnte man auch hören. Gewitter lag in der Luft. Hier stellt sich immer die Frage, was tun? Gewitter in den Bergen kann gefährlich sein. Letztlich haben wir es gewagt und sind los in Richtung Franz-Senn-Hütte, ungefähr 16 Kilometer entfernt. Zur direkten Einstimmung bedeutete das erst mal einen netten Anstieg für die nächsten 5 km bis rauf auf 2.570 m. Oben angekommen hat man sicher Betriebstemperatur. Wir waren auch nicht die einzigen auf diesem Teilstück, es waren zwar Wenige aber alle hatten diese Etappe bestimmt noch lange in Erinnerung. Es kam natürlich, wie es kommen musste, das Gewitter zog auf und holte uns ein. Ich muss sagen, jenseits der Baumgrenze fühlt man sich ziemlich schutzlos und befürchtet, dass doch der Blitz in der Nähe einschlägt. Hat er zum Glück nicht, dafür haben wir in den darauf folgenden Stunden so richtig die Kraft der Natur zu spüren bekommen; das vergisst man nicht so schnell.
Der Wind, der mit gefühlten 100 Sachen von links kam, drückte uns heftig in den Hang und ich habe mich oft mit den Stöcken abstützen müssen. Regen und auch Hagel kamen ebenfalls im 90° Winkel von links und haben uns ordentlich zugesetzt. Das Gesicht konnte man nicht in den Wind drehen, wir standen also ziemlich unter Beschuss; Möglichkeiten zum Unterstellen gab es ja auch keine. Aus diesem Grunde gibt es von diesem Teil auch nur ganz wenige Aufnahmen. Zum Glück hatten wir gute Sachen an und, ganz ehrlich, wenn die Jacke dicht ist und man darunter trocken und warm bleibt, dann macht auch dieses Wetter Spaß. Wir standen am Seejöchl auf 2.518 m Höhe, rundherum nur schwarze Wolken, Regen und Wind von allen Seiten, der einen fast aus den Schuhen hob und es war so unglaublich toll, genau dort zu stehen.
Für Stunden sah so unsere erste Etappe aus, immer entlang der Hänge oder oben auf dem Grad. Sensationelle Ausblicke, trotz des Wetters und immer dem Regen und Hagel ausgesetzt. Das Gewitter wollte einfach nicht weiter ziehen, dafür haben wir aber erste Kontakte zu unseren Leidensgenossen, die vor oder hinter uns unterwegs waren, geknüpft. Lange Zeit konnte man hinter sich in der Ferne die Starkenburger Hütte sehen und die wechselnden Farben des Himmels, mal Grau, dann wieder Tiefschwarz, was für eine Gewalt, was für ein Schauspiel.
Nach 2/3 des Weges taucht dann auf der Seducker Hochalm eine Hütte auf, im Übrigen die einzige Möglichkeit auf dem Stubaier Höhenweg, um zwischen zwei Hütten eine Kleinigkeit zu kaufen, wenn man schnell genug ist. Kurz nach uns kam eine holländische Gruppe an, die innerhalb kürzester Zeit die kompletten Suppenvorräte verputzt hatte, so dass wir uns den letzten Teller teilen mussten. Immerhin zeigte sich jetzt ab und zu die Sonne und es hörte zumindest zeitweise auf zu regnen. In der Ferne konnten wir auch schon unser Ziel ausmachen, die Franz-Senn Hütte. Bis dorthin ging es meist bergab, allerdings war der Weg schmal und sehr steil und so kamen wir leicht gebeutelt aber froh bei feuchtem bis sonnigen Wetter an.
Zum Glück gab es einen vernünftigen Trockenraum, so wurde alles wieder gut. Spätestens nach dem Essen und nach dem ersten Bierchen fühlt man sich wieder fit. Besonders lange bleibt man sowieso nicht auf, um 22:00 Uhr ist Hüttenruhe und wenn man 7 1/2 Stunden mit Gepäck unterwegs war, dann ist man froh, wenn man sich in seinen Hüttenschlafsack verkriechen kann. Am morgigen Tag stand ja auch die Etappe zur Neuen Regensburger Hütte auf unserem Zettel und wir hofften, dass das Wetter sich beruhigen würde…
Kommende Woche werde ich über die dritte Etappe berichten, bleiben Sie uns also treu…
Lesen Sie hier auch:
Etappe 1, zur Starkenburger Hütte