Das Deutschen Architektenblatt, die monatliche Zeitschrift der Bundesarchitektenkammer, widmete seine letzte Ausgabe der Wohnungsfrage. Das mag auf den ersten Blick nicht weiter verwundern, denn schließlich ist es der Architekt/innen täglich Brot, Wohnungen zu bauen. Doch allzu oft wird das Wohnthema im Fachblatt der Architekten auf technischen und ästhetischen Aspekten reduziert. Kein Wunder also, dass die Redaktion für eine wohnungspolitische Diskussion fachfremde Gesprächspartner eingeladen hat. So hatte ich das Vergnügen mit empirica-Chef Ulrich Pfeiffer über die Einschätzung, die Ursachen und mögliche Lösungsvisionen der Wohnungskrise zu streiten.
Alle denen, die mit dem Namen empirica nichts anfangen können: Das ist eines der großen Forschungsinstitute, die regelmäßig im Auftrag von Bundes- und Landesregierungen Wohnungsmarktstudien durchführen und Wohnraumkonzepte erstellen und damit die Leitbilder der Wohnungspolitik maßgeblich prägen. Ulrich Pfeiffer hat die Rollenverteilung im Vorfeld unseres moderierten Streitgespräches (“Wofür soll Wohnungspolitk da sein?”) folgendermaßen beschreiben: “Das ist mal wieder typisch: neoliberaler Ökonom gegen linken Soziologen”. Zumindest Herr Pfeiffer hat durchweg seine Fähigkeit zur ausgeprägten Rollentreue unter Beweis gestellt. Allen, die an einer knackige Zusammenfassung der herrschenden Mainstream-Einschätzungen zur Wohnungsfrage interessiert sind, seien seine Antworten ans Herz gelegt. Ganz kurz zusammengefasst:
- Wir haben keine Wohnungskrise, sondern einen konjunkturellen Engpass
- Mietsteigerungen und Gentrification sind ein lokales Phänomen in ‘kleinen lokalen Mini-Hotspts”
- Schuld an den steigenden Mieten sind Staat und Kommunen, die mit ihren Auflagen die Neubaukosten verteuert haben
- Mietsteigerungen sind Anpassungskosten, die mit der Überwindung der Subventionsmentalität einhergehen
- Wer eine Lösung in Fragen der Wohnungsversorgung will, soll dem Markt keine Steine in den Weg legen und Neubau durch private Bauherren ermöglichen…
Interessant fand ich, dass die konkreten Vorschläge für Neubauanreize, Standardabsenkungen der Bauauflagen und andere wohnungspolitische Instrumente von ihm tief und unmittelbar mit ideologisch gefestigten Marktüberzeugungen verwoben worden. Die Einzelargumente zur Problemdefinition, zu problamatisch angesehenen Nebeneffekten und zu Handlungsvorschlägen ordnen sich so in ein hegemoniales Gebäude neoliberaler Überzeugungen ein, die insbesondere im politischen und medialen Raum ein hohes Maß an Resonanz erhalten. Dem gegenüber wirken die auch von mir gerne vorgebrachten Argumente und Vorschläge städtischer Protestbewegungen und Mieterorganisationen oftmals dispers und mitunter widersprüchlich. Mal wir nach staatlichen Eingriffen gerufen, mal wird mehr Selbstbestimmung gefordert oder für die schnelle Lösung eines akuten Problems mobilisiert. Eine Repolitisierung der Wohnungsfrage – so mein Lerneffekt des Streitgesprächs im Deutschen Architektenblatt – wird nicht nur von der Kontinuität und dem Organisierungsgrad von Protestbewegungen abhängen, sondern auch davon, ob es uns gelingt, einen über das Wohnungsthema hinausgehenden Entwurf einer Gegenhegemonie zu formulieren.
„Wofür soll Wohnungspolitik da sein?“
Deutsches Architektenmblatt 04/2013, Seite 18-22
Brauchen wir mehr gemeinnützigen Wohnungsbau für eine soziale Versorgung? Oder brauchen wir mehr Privatinitiative, um Mieten und Preise durch Konkurrenz zu senken? Der Stadtsoziologe Andrej Holm und der Ökonom Ulrich Pfeiffer debattieren über die richtige Wohnungspolitik Gespräch: Cornelia Dörries und Roland Stimpel
Nach vielen Jahren steht das Thema Wohnungsknappheit wieder auf der politischen Agenda. Worin besteht das Problem aus Ihrer Sicht?
Holm: Aus der soziologischen Perspektive ist nicht viel mit der rein quantitativen Feststellung anzufangen, dass es zu wenige Wohnungen gibt. Wir müssen differenzieren, für welche sozialen Gruppen nicht genug Wohnungen vorhanden sind. Vor allem die ärmeren Haushalte haben Schwierigkeiten: Zum einen haben sie ein akutes Versorgungsproblem, zum anderen kommt es zu ausgeprägten Segregationsdynamiken – also der räumlichen Trennung von sozialen Schichten.
Pfeiffer: Zunächst erleben wir einen konjunkturellen Engpass: Die Nachfrage ist schon vor einigen Jahren gestiegen. Es gab zunächst noch Leerreserven, die aufgebraucht wurden. Jetzt ist der Mangel akut. Das Angebot kann nur zeitverzögert reagieren. Solche Fehler kann man nachträglich nicht mehr korrigieren. Eine Sondersituation erleben wir in begehrten älteren Bestandsquartieren, vor allem in Hotspot-Großstädten mit hoher Zuwanderung. Dort entstehen dann auch noch kleine lokale Mini-Hotspots an begehrten Standorten mit extremen Mietsteigerungen. Trotz konstanter Bestände und zugebauter Nachbarschaften lassen sich Schwarmnachfrager nicht daran hindern, plötzlich bisher schlafende Gebiete zu entdecken. Die Zusatznachfrage treibt die Mieten sprunghaft in die Höhe. Das ist ein sehr ernstes, in dieser Intensität neues lokales Problem. Mit Ausnahme weniger Regionen haben wir in Deutschland keine Mengenprobleme – allerdings jetzt vorübergehende konjunkturelle Engpässe.
In vielen Städten werden aber weniger Wohnungen gebaut als gebraucht werden. Woran liegt das?
Holm: Für viele Investoren ist es im Moment gar nicht interessant, neu zu bauen, solange die Erträge aus den Altbauten so einträglich sind.
Pfeiffer: Das ist zu simpel: Staat und Kommunen haben durch immer mehr Zurechnung von Folgekosten und durch Auflagen den Neubau verteuert. Das muss auch die Bestandsmieten mit hochziehen. Wenn wir sie künstlich deckeln, dann verschärfen wir das Problem, weil sich die Bewohner größere Flächen leisten, als sie unter Marktverhältnissen finanzieren könnten. Je näher die Bestandsmieten guter Wohnungen an die Neubaumieten heranrücken, desto attraktiver wird Neubau für Investoren. Dieser brutale Marktmechanismus ist wirksam. In der Anpassung entstehen Härten, aber Neubau muss sich rentieren, wenn man nicht in einem Subventions-Urwald enden will.
Holm: Der Markt ist nicht in der Lage, aus sich heraus genug Wohnungen zu produzieren. Deshalb hatten wir in der Geschichte der Bundesrepublik eine Reihe von sehr starken Eingriffen. Bis Ende der 1980er-Jahre hatten wir einen gemeinnützigen Wohnungsbau, es gab einen großen öffentlichen Sektor und umfangreiche Förderprogramme im sozialen Wohnungsbau, mit denen für eine ganze Weile marktferne Versorgungsmechanismen implementiert wurden. All diese Instrumente sind den Städten in den letzten 20 Jahren abhandengekommen. Es gibt keine Gemeinnützigkeit mehr; der Bund und ein Teil der Länder fördern den sozialen Wohnungsbau nicht mehr. Auch die öffentlichen Wohnungsunternehmen haben große Privatisierungswellen hinter sich. Eine langfristige, sozial orientierte Wohnungsversorgung ist aber nur durchzusetzen, wenn man auch marktferne, nicht profitorientierte, gemeinnützig orientierte Bereiche etabliert.
Pfeiffer: Das entspricht nicht der Realität. Wir hatten seit 2000 mehrere Jahre mit hoher Produktion und real nahezu konstanten Mieten. Wir brauchen keine subventionierten zusätzlichen gemeinnützigen oder kommunalen Bereiche, wenn die Kommunen preisgünstigen Neubau und scharfen Anbieterwettbewerb ermöglichen. Wird dagegen der Markt ruiniert, dann explodiert der Subventionsbedarf. Wenn Sie zum Beispiel in Berlin 5.000 Wohnungen zu bezahlbaren Mieten fördern wollen, mit angenommen 60.000 Euro pro Wohnung, dann sind das pro Jahr 300 Millionen und in einem Zehnjahresprogramm drei Milliarden. Die Städte müssen die Angebotsbedingungen verbessern, damit im Neubau mehr Wohnungen zu günstigen Konditionen realisiert werden – im Eigentum und zur Miete. Dann entstehen bei einfachen älteren Wohnungen auch preiswerte Märkte.
Holm: Wie sollte Neubau auch das Wohnungsproblem der ärmeren Haushalte lösen, der in der preisgünstigsten Variante Mieten von etwa neun bis zehn Euro pro Quadratmeter erfordert?
Pfeiffer: Bei den heutigen Zinsen könnte man Mietwohnungen je nach Lage zu acht bis elf Euro pro Quadratmeter realisieren. Man darf allerdings keine Quasi-Neubausteuer durch Auflagen und Zurechnung von Folgelasten erheben.
Holm: Selbst ein großer Eigenheimsektor würde die Versorgung von Hartz-IV-Haushalten nicht sichern.
Pfeiffer: Natürlich kann man keinen Neubau für Hartz-IV-Empfänger finanzieren, aber durch Neubauten werden auf ausgeglichenen Märkten Wohnungen auch für ärmere Schichten frei. Was Sie dadurch nicht in den Griff bekommen, ist das Segregationsproblem.
Sehen Sie bei Verdrängung und harter Gruppenkonkurrenz in solchen Quartieren politischen Handlungsbedarf?
Holm: Es gibt da einen grundlegenden Mangel: Ich sehe keine politische Arena, keine politische Kultur, in der die unterschiedlichen Ansprüche, Konkurrenzen und Interessen von sozialen Gruppen in Bezug auf Wohnen überhaupt ausgehandelt werden. In einer fragmentierten Gesellschaft wie der unseren gibt es immer weniger gemeinsame Interessen und Lebenslagen, und damit auch keine verbindliche Vorstellung mehr von dem, was man als Gemeinwohl bezeichnen kann. Ich sehe aber bei sehr vielen Menschen eine hohe Wertschätzung für sicheres, bezahlbares Wohnen und für Wohnungsversorger, die nicht nur am Profit orientiert sind, sondern am Wohl der Bewohner und dem Wohl der Städte.
Pfeiffer: Natürlich gibt es riesigen Handlungsbedarf, aber mit Konzepten wie neuer Kultur und so weiter kann ich nichts anfangen, weil nach meiner Erfahrung durch massive Interventionen immer ärgerliche Bürokratisierungsprozesse entstehen. Auch im sozialen Wohnungsbau wurden Pfründe verteilt und verwaltet. Der soziale Wohnungsbau hat starke soziale Wirkungen gehabt, aber eben auch erhebliche Entgleisungen hervorgerufen, zum Beispiel Fehlsubventionierung.
Holm: Über den Sozialwohnungsbau in der alten Bundesrepublik sind wir uns einig. Ich bin aber optimistisch, dass eine gemeinnützige, genossenschaftlich oder kommunal organisierte Wohnungsversorgung auch ohne solche bürokratische Verwerfungen auskommt. Zum Beispiel können ja große soziale Bestandshalter von sehr kleinräumigen verwaltungsorientierten Genossenschaften kontrolliert werden. Das Mietshäuser-Syndikat in Freiburg, Berlin und Potsdam ist ein Beispiel, wie sich so etwas organisieren lässt.
Pfeiffer: Man kann mit öffentlichen Förderungen natürlich kleine gemischte, soziale, sichere und attraktive Milieus stützen, doch Sie können nicht den gesamten Markt subventionieren, um zum Beispiel Mischungsziele zu erreichen.
Holm: Es gibt ein überzeugendes Beispiel, das seit bald hundert Jahren funktioniert: In Wien hat man in den 1920erJahren angefangen, eine marktferne, nicht profitorientierte, gemeinnützig orientierte Wohnungswirtschaft zu etablieren. Heute ist Wien laut Umfragen unter den Hauptstädten der Welt diejenige mit den zufriedensten Bewohnern. Die Stadt wächst, und der Gemeindewohnungsbau funktioniert nach wie vor. Verdrängungsprozesse sind dort längst nicht so stark wie in deutschen Großstädten mit wachsenden Einwohnerzahlen.
Pfeiffer: Alle Wiener, die ich kenne, sind älter und gut vernetzt. Sie wohnen in sehr großen, letzten Endes staatlich subventionierten billigen Wohnungen. Das ist keine allgemein gültige Lösung – und es wäre mit Neubau eine extrem teure, für die es in Deutschland keine Mehrheiten gibt.
Holm: Aber es wohnen dort auch Menschen, die sich Wien andernfalls nicht mehr leisten könnten – in alten Wohnungen, die in kluger Voraussicht vor langer Zeit geschaffen wurden. Davon profitiert die ganze Stadt.
Pfeiffer: Natürlich kann man auch Subventionen der 1920er-Jahre noch heute verbrauchen. Wenn Sie das Wohnen subventionieren, leben die Menschen auf größeren Flächen. Das erhöht die Wohnflächennachfrage und erzeugen Bedarf nach neuen Subventionen. Ich bezweifle, dass der öffentliche Gewinn im vernünftigen Verhältnis zum Aufwand steht.
Holm: Aber Wien mit seiner langen Geschichte zeigt: Der Neubau von heute kann die soziale Wohnungsversorgung von morgen darstellen. Welche Strategien sind nun sinnvoll, um das in die Wege zu leiten? Man kann zum Beispiel überlegen, nicht profitorientierte kleine Bauträger und Wohnungsbewirtschafter ins Spiel zu bringen. Darauf kann die Bodenvergabepolitik setzen. Sie kann Akteure unterstützen, die dauerhaft eine soziale Wohnungsversorgung sicherstellen. Kommunale Grundstücke könnte man verpachten, anstatt sie meistbietend zu verkaufen. Auch nicht subventionierte Neubauten können in 20 oder 30 Jahren preiswert genug für wenig verdienende Mieter sein. Das ist allemal besser, als Sozialwohnungen von Privatunternehmen zu subventionieren, die irgendwann aus der Bindung fallen und dann dem Markt anheimfallen.
Pfeiffer: Auch eine verbilligte Bodenvergabe ist eine Subvention. Anschließend muss entschieden werden: Wer zieht in die Wohnungen ein, wer profitiert, wie wird das Ganze kontrolliert? Sie tauschen Markt gegen Bürokratismus, wobei auch neue Formen von Ungleichheiten entstehen.
Aber was funktioniert?
Pfeiffer: Gut organisierte, mit Bauland und Baurechten versorgte Märkte erzeugen ein differenziertes reichhaltiges Angebot, durch das die meisten Menschen befriedigend versorgt werden. Es bleiben immer Restaufgaben, um Ungleichheit zu verringern. Was brauchen wir überhaupt? Einen absoluten Wohnungsmangel gibt es nur in wenigen Städten in Deutschland, wie München, Freiburg und Heidelberg.
Gerade süddeutsche Städte mit Wohnungsmangel haben für Neubau gar keinen Platz.
Pfeiffer: Sie haben recht, aber Platz gibt es außerhalb schon im näheren Umland, vielleicht mit Ausnahme von Stuttgart. Wir sind reich genug, um neue Baugebiete auch für neue Stadterweiterungen zu erschließen. Doch wir erleben neues Politikversagen, weil es immer mehr Gruppen zur Verhinderung von Bauen gibt. Alle wollen größere und bessere Wohnungen, aber niemand will Neubau in Sichtweite. Das kann nicht aufgehen. Alle Eigentümer haben ein Interesse an Knappheit, nachdem sie Eigentümer geworden sind, denn die Preise ihrer Immobilien steigen. Da wird kaum eine Wiese mehr angetastet, zumal die Gemeinden auch In-frastrukturkosten vermeiden wollen. Rund um Heidelberg und Freiburg gibt es natürlich Platz zum Bauen, aber keine politische Bereitschaft, diesen Platz in ausreichendem Umfang bereitzustellen. Heidelberg hat deshalb nahezu das Hamburger Mietniveau.
Herr Holm, brauchen wir da eine andere politische Kultur? Und wenn: Wer könnte sie anstoßen – Medien, wohnungssuchende Wutbürger, Bauträger, Parteien?
Holm: Ich wäre ja schon froh, wenn es überhaupt eine politische Diskussion über diese Frage geben würde. Im Moment haben wir ja die Situation, dass die fünf großen Parteien – von der Linken bis zur CSU – versprechen: Wir wollen Stadt für alle. Ich glaube, wenn sich verschiedene Interessen über die Parteien so artikulieren würden, dass man tatsächlich zwischen Konzepten wählen könnte, wäre schon viel gewonnen. Das Problem wird von allen diffus adressiert, doch es gibt nur ganz wenige, die überhaupt als Sprachrohr von jeweils unterschiedlichen Interessen in Erscheinung treten.
Zugespitzt formuliert: Wäre es gut, wenn es eine Mieterpartei, eine Spekulantenpartei, eine Eigentümerpartei und dergleichen gäbe?
Pfeiffer: Oh Gott.
Was machen Städte mit wenig Platz und dem Willen zum Bauen?
Pfeiffer: Sie müssen mit ihrem Umland kooperieren. Dafür ist die Region Hannover ein sehr gutes Beispiel. Dort werden die Bebauungspläne vom Regionalverband gemacht, nicht von den einzelnen Gemeinden. Das hält die Leute so nah an Hannover wie es nur geht. Natürlich hilft es, dass Hannover – anders als München – nicht explodiert. Aber gerade München bräuchte eine Lösung auf regionaler Ebene. Und die vielen Großstädte, die noch Land haben, sollten es zum Bauen freigeben, statt ihre Wohnungssuchenden zig Kilometer weit in die Pampa zu jagen.
Holm: Immerhin plädieren Sie für eine ausgesprochen politische Einflussnahme, um der Verwerfungen Herr zu werden.
Pfeiffer: Der Dissens zwischen Ihnen und mir besteht vor allem darin, dass Sie meines Erachtens die Steuerungskapazität der Politik überschätzen und nur die ungünstigen Ergebnisse überregulierter und falsch belasteter Märkte mit falschen Anreizstrukturen kennen. Ich habe als Ministerialdirektor Programme entwickelt, Strategien und Richtlinien formuliert, die dann so nicht umsetzbar waren.
Holm: Aber der Markt verfolgt keine sozialen Ziele.
Pfeiffer: Das muss er auch nicht. Wohnungsmärkte erzeugen bei strukturellen Veränderungen immer unsoziale Nebenwirkungen. Dann muss die Politik als Reparatur-Institution das Schlimmste verhindern. Das schafft Politik. Aber wenn sie das ganze Wohnungswesen in den Griff nimmt, dann versagt sie zu horrenden Kosten.
Müssen wir auch Standards senken – bei Dämmung, Lärmschutz, großzügigen Grundrissen oder wo auch immer?
Pfeiffer: Ich würde gern alle Regulierungen durchforsten.
Holm: Aber Sie wollen doch wohl keinen neuen Schlichtwohnungsbau.
Pfeiffer: Dafür sorgen schon die Anbieter. Häuser und Wohnungen sollten noch in 50, 60 Jahren gut vermietbar oder nutzbar sein. Das erfordert eine hohe Mindestqualität.
Überfordern wir die Wohnungspolitik, wenn wir ihr alle Ziele zugleich aufbürden – soziale und wirtschaftliche, ökologische und ästhetische, stadtstrukturelle, demografische und familienpolitische?
Holm: Sozial, wirtschaftlich, integrativ und möglichst subventionsfrei – das wäre eine Quadratur des Kreises. Wir brauchen eine politische Debatte darüber, wofür Wohnungspolitik da sein soll, was ihre vorrangige Aufgabe ist. Da brauchen wir dringend mehr Klarheit.