Die Finanzwelt ist ein Schlachtfeld, dort überleben nur die skrupellosesten, abgebrühtesten Kämpen. Sie tragen keine Colts, sondern Krawatte, ihre Streitrösser heißen BMW oder Bentley. Sie steuern die Geschicke der Welt vom Smartphone aus. In ihrer Welt ist Gier eine Tugend, Gewissen nicht vorhanden und ein bisschen Glück braucht es auch noch – man kann aus den schönsten Pleiten noch einen ordentlichen Gewinn generieren, wenn man den Finanzschrott im Portfolio nur geschickt genug aufbereitet, um ihn an irgendeinen Idioten weiter zu reichen, der dafür zu zahlen bereit ist.
Auf diese Weise kann man ganze Volkwirtschaften ruinieren – meist schert sich keiner darum. Ärgerlich wird es vor allem dann, wenn es unser heiliges Geld trifft, den Euro. Die faktische Pleite Griechenlands ist natürlich blöd, obwohl Griechenland ein vergleichsweise kleines Land mit etwa 10 Millionen Einwohnern ist, bedroht sein drohender finanzieller Untergang sogar die mächtige EU. Ein Dilemma für die europäischen Regierungen, die sich zwar gern europäisch geben, solange es um die Repräsentation von der Alten Welt und ihrer vielfältigen Kultur geht, die aber immer kleinlich auf die jeweiligen nationalen Interessen schielen, sobald sie mal einen ernsthaften Beitrag leisten sollen. Aber Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärt gern und immer wieder, dass es ja in erster Linie im Interesse Deutschlands ist, wenn die EU funktioniert – klar, wohin sollten wir auch das ganze made-in-Germany-Zeug verkaufen, das sich bei uns keiner mehr leisten kann. Trotzdem, wenn die Griechen sich retten lassen wollen – und was bleibt ihnen anderes übrig, als das zu wollen, dann müssen sie sich für das Opfer ihrer EU-Kollegen revanchieren und den Gürtel enger schnallen. Deshalb hat die griechische Regierung ein Sparprogramm aufgelegt, das die reinste Kamikaze-Aktion ist, aber so ist das nun einmal, wenn die anderen die Bedingungen diktieren.
Den Griechen gefällt das harte Sparprogramm verständlicherweise gar nicht. Der griechische Staat hat unter dem Diktat der Retter seinen öffentlichen Sektor bis zu Unkenntlichkeit verstümmelt. Die in ohnehin nicht verwöhnten Griechen müssen jetzt um ihren Lebensunterhalt kämpfen – nicht gegen einen gesellschaftlichen Abstieg, gegen den Verlust bequemen Wohllebens, sondern um das pure Überleben.
Immerhin: Sie reagieren mit Empörung und Streik. Obwohl viele das am Wochenende beschlossene Sparprogramm ihrer Regierung schon irgendwie richtig finden, verstehen sie auch, dass sich die Betroffenen verzweifelt gegen die Abschaffung ihrer Stellen wehren. Der heutige Streiktag ist Teil einer geplanten neuen Protestwelle, mit der die griechischen Gewerkschaften gegen die beschlossenen Entlassungen im Öffentlichen Dienst protestieren wollen. Dazu wird heute das ganze Land stillgelegt: Alle Ämter, Behörden und Schulen bleiben geschlossen. Die Athener U-Bahn wird zwar nicht bestreikt, aber im Personennahverkehr der Hauptstadt werden ebenfalls Behinderungen erwartet.
Alexandros Kominis, Generalsekretär der Gewerkschaft der Athener Busbetriebe OASA erklärt dazu laut Tagesschau: „Die Arbeitnehmer haben nur eine Waffe: den Streik. Etwas anderes haben wir nicht zur Verfügung. Wir können die Politiker nicht dazu bringen, sich in unsere Lage zu versetzen, da sie Berufspolitiker sind und nichts weiter.“
Die Berufspolitiker geben sich daher auch unbeeindruckt von den Protesten ihrer Bevölkerung. Da sind die griechischen Politiker nicht anders als die deutschen. Was aber würden die deutschen Arbeitnehmer tun? Wie die Lokomotivführer alle Räder still stehen lassen, weil ihr starker Arm das will, oder lieber den Kopf einziehen und hoffen, dass die anderen entlassen werden und nicht sie selbst?