Vor allem der Süden des Landes, also das Tourismus-Gebiet Algarve, und der Flughafen Lissabon seien ab Montagnachmittag nicht wie vorgeschrieben beliefert worden, teilte ein Regierungssprecher zur Begründung mit. Die Gewerkschaft der Gefahrgutfahrer bezeichnete den Schritt als einen „Angriff auf das Streikrecht". Ein Sprecher versicherte, die Mindestversorgung sei von den Mitgliedern zuvor erbracht wurden. Von Seiten der Arbeitgeber hatte der Spediteursverband ANTRAM die Requirierung von Tankwagen am Nachmittag dringend gefordert.
Vor dem Beschluss hatte Ministerpräsident Antonio Costa Staatspräsident Marcelo Rebelo de Sousa über die Entwicklung informiert. Das Staatsoberhaupt appellierte danach an die "Verantwortung aller an diesem Konflikt Beteiligten, nach fairen Lösungen zu suchen, ohne den Portugiesen unverhältnismäßige Opfer abzuverlangen".
Die Fluggesellschaft EasyJet riet ihren Portugal-Passagieren, im Internet den Status ihres Fluges zu überprüfen und in den kommenden Tagen auf den Airports zusätzliche Zeit einzuplanen. Denn Flüge von und nach Portugal könnten sich wegen Tankstopps auf Ausweichflughäfen verzögern.
Beschlagnahmte Tankwagen sollen Dienstag zur Normalisierung beitragen
Hier können Sie dank des privat betriebenen Internetportals "Já Não Dá Para Abastecer" auf einer Karte sehen, wo in Portugal laut Mitteilung von Autofahrern welche Tankstellen derzeit nicht volle Versorgung bereitstellen können:
Regierungschef Costa äußerte die Hoffnung, dass sich die Lage durch beschlagnahmte Tankwagen, die eingesetzt werden, schon im Laufe des Dienstags normalisieren werde. Am Montag hatte der portugiesische Flughafenbetreiber ANA das Tempo der Versorgung mit Kerosin in Lissabon als „unzureichend", da unter dem für die Mindestversorgung vorgeschriebenen Niveau liegend, kritisiert. Flugzeuge hätten schon mit weniger Treibstoff als normal vom Hauptstadt-Flughafen Humberto Delgado starten müssen.
Am Montagabend verließen Tankwagen das Raffinerie-Gelände der Alentejo-Hafenstadt Sines, um Treibstoff an die Algarve zu bringen. Am Steuer saßen Polizisten der Republikanischen Nationalgarde. Streikposten der Gewerkschaft protestierten dagegen.
Beschlagnahmte Tankwagen fahren Benzin und Diesel an die Algarve
An der Algarve war der Flughafen Faro zuletzt am Sonntag mit Kraftstoff versorgt worden. Mindestens drei Tage lang sei hier deshalb wohl nicht mit Einschränkungen zu rechnen, hieß es zunächst. Der Fernsehsender RTP berichtete allerdings, der Transport von Kerosin zum Airport Faro sei am Montag „vom Streik betroffen" gewesen. Wie genau, blieb unklar. Die Algarve gehöre zu den am meisten von dem Ausstand tangierten Regionen Portugals, berichtete der Sender. Hier fielen Stationen des Notfallversorgungsnetzes aus - entweder weil sie gar keinen Treibstoff mehr oder nicht alle Arten anbieten konnten. Abhilfe sollen nun beschlagnahmte Tankwagen schaffen, welche mit staatlich bereitgestellten Fahrern in die Regionen fahren.
Die Städte an der Südküste bereiten sich unterdessen darauf vor, dass „es wahrscheinlich ist, dass wesentliche Güter und Dienstleistungen für die Bevölkerung betroffen sein werden", so zum Beispiel die lokale Zivilschutzkommission der Hafenstadt Portimão.
Sie tagte am späten Montagnachmittag, aktivierte aber nicht den kommunalen Notfallplan. Ein ständiger Unterausschuss soll aber die Lage überwachen und die rechtzeitige Reaktion auf mögliche bevorstehende Einschränkungen sicherstellen. Die Experten warnten vor dem Treibstoff-Hamstern mit Kanistern und erinnerten an das Lagerungsverbot sowie an Begrenzungen der Mengen, die in Privatwagen transportiert werden dürfen.
Ein Teil der Autofahrer an der Algarve wich am Montag zum Tanken ins benachbarte Andalusien aus, wo Benzin und Diesel zudem preiswerter sind. In der Hafenstadt Huelva in der Grenzregion bildeten sich lange Schlangen vor den Tankstellen.
Selbst Tankstellen des Notfall-Netzwerks REPA leergezapft
Der seit Mitte Juli angekündigte und nunmehr unbefristete Streik der Gefahrgut-Fahrer war in Portugal am Montag um null Uhr in Kraft getreten. Schon im Vorfeld gab es wegen Bevorratungsaktionen der Bevölkerung Tankstellen im ganzen Land, die leergezapft waren - darunter auch solche des Notfall-Netzes REPA, das zu 50 bis 100 Prozent beliefert wird. Die Regierung hatte schon vergangenen Freitag vorsorglich den Energie-Notstand ausgerufen und den Sprit rationiert. Die Polizei eskortierte am Montag viele Tanklaster. Dagegen protestierte die Gewerkschaft.
Nützliche Links zu Webseiten:
Nationale Behörde für Notfall- und Katastrophenschutz: www.prociv.pt
Nationale Stelle für den Energiesektor: http://www.ense-epe.pt
