Stiften gehen

Eine frohe Botschaft für Wissenschaft und Forschung: Friede Springer hat zu Jahresbeginn eine Stiftung gegründet. Es könne gar nicht genug Stiftungen geben, ereifert sich Springer gar - und sie hat aus Sicht potenter Kontoinhaber natürlich recht: nichts umgeht eleganter die Steuer, wie es eine Stiftung tut. Sein Geld dem Fiskus zu entziehen, Millionenbeträge in Stiftungen zu waschen, damit diese dann dem Staatssäckel stiften gehen, sich überdies beim Vorbeigehen auch noch einen karitativen Anstrich zu geben: das ist ganz klar eine glorreiche Idee! Nebenbei gerät man sogar noch in den Verdacht, der Gesellschaft auch wirklich etwas mitzuteilen zu haben: Zukunftsvisionen und Analysen und mancherlei gekaufte Expertise mehr. Man entzieht sein Geld der Steuer, gilt als Gönner und prägt die Gesellschaft nach seinem Gutdünken: das Stiftungswesen ist wahrlich ein ganz perfides Blendwerk!

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Photo: Campus of Excellence

Mit ihr gehen einige prominente Personen stiften: da ist Marianne Birthler, Bundesbeauftragte für Stasi-Unterlagen, die auch mal eine unrühmliche Rolle bei der Verunglimpfung des Springer-Intimfeindes Wallraff gespielt hat, mit von der Partie; dann wäre da noch Horst Köhler, den Springer-Blätter früher hartnäckig zum Mann des Volkes umschrieben; Joachim Sauer, der Kanzlerin ihr Mann und somit Gatte einer guten Freundin von Friede - und dann ist da noch Eric Schweitzer, Vorstandsmitglied des Milliardenkonzerns ALBA Group, bei dem Friede Springer zufällig im Aufsichtsrat sitzt: netzwerken nennt man diese Art von völlig legaler Korruption heute...

Vereint ist diese verfilzte Runde von Brüdern und Schwestern im Geiste Springers, unter der Fuchtel einer Grundsatzsammlung, die sich wie das tägliche Brot der BILD-Zeitung liest. Dazu gehört ein Amerikanismus, der es generell nicht erlaubt, Kritik an den Vereinigten Staaten zu üben; oder das Beschwören von Lebensrechten des israelischen Volkes, was sich dann so niederschlägt, dass man das palästinensische Volk (wie Moslems überhaupt) durchweg als ein Volk von Faulenzern und Verbrechern verunglimpft; ebenso wie das unbedingte "Ja" zur freien sozialen Marktwirtschaft, wobei willentlich darüber hinweggesehen wird, dass das Soziale daran "peu a peu" abgebaut und als sozialistisch verworfen wird. Oder aber das Bekenntnis zur EU, das in Springers Postillen gerne mit einem christlich-bigotten, auf protestantische Arbeits- und Wirtschaftsehtik geschulterten Okzidentismus verwechselt wird, der Militärinterventionen befürwortet oder den Freihandel als striktes Gebot an alle Staaten auch außerhalb der EU (Vertrag von Lissabon) protegiert.
Wie auch der Bertelsmann Stiftung, so ist es auch der Friede Springer Stiftung kein Anliegen, Licht ins Dunkle zu bringen - sie drängt sich in Wissenschaft und Kultur, vereinnahmt deren Unabhängigkeit, indem sie als Mentor und Förderer auftritt und tut das genaue Gegenteil dessen, was aufgrund von Imagezwecken kundgetan wird: man bringt das Dunkle ins Licht. Man verunreinigt die objektive Wissenschaft mit subjektiven Grundsatzerklärungen und drängt seine Meinung und seine Weltanschauung denen auf, die eigentlich unabhängig forschen und arbeiten müssten. Das "Abhalten von Veranstaltungen und Symposien mit [...] erzieherischem Bezug", wie es der Internetauftritt der Stiftung deklariert, drückt eigentlich schonungslos ehrlich aus, welche öffentlichen Ziele so eine Stiftung hat: die Erziehung der Gesellschaft mittels Wissenschaft, Kunst und Kultur - und wenn man für derlei Absichten auch noch die Ehrenplakette einer großzügigen Gönnerin verliehen bekommt, die großzügigst Steuern spart (was freilich niemand laut ausspricht!), dann schmeckt einem so ein Stiftungsvorsitz vorzüglich.
Und geübt ist man im Hause Springer in Sachen Stiftung ohnehin, denn in Berlin sitzen nun drei Stiftungen mit jenem Nachnamen: die Friede Springer Stiftung ist neben der Axel Springer Stiftung und der Friede Springer Herz Stiftung die dritte im Bunde. Klar, dass die BILD-Zeitung es sich leisten konnte, den Steuersenkungsbeauftragten Westerwelle fallen zu lassen: wer sein ganzes Geld in Stiftungen pumpt, dem ist es doch einerlei, ob Steuern gesenkt oder erhöht werden - der bezahlt ohnehin kaum welche...


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