Stephan Vanfleteren: Façades & Vitrines

Ausstellung in der Galerie Hilaneh von Kories: Stephan Vanfleteren - Façades & Vitrines (Foto: Brussel / Bruxelles, 2004, © Stephan Vanfleteren)Die Hamburger Galerie Hilaneh von Kories zeigt der­zeit (bis zum 6. Juni 2014) die jüngste Werk­serie des Foto­grafen Stephan Vanfleteren. Dieser hat auf zahl­reichen Reisen durch Dörfer und Städte in Belgien Fassaden von Geschäften, Cafés und Kneipen abge­lichtet, die wie aus der Zeit gefallen scheinen und in wenigen Jahren vor­aus­sichtlich ver­schwunden sein werden.

Ausstellungsbeschreibung

Die Galerie Hilaneh von Kories zeigt vom 07. März bis zum 06. Juni 2014 die jüngste Werkserie von Stephan Vanfleteren. An dem Projekt „Façades & Vitrines“ hat der belgische Fotograf zwar während der letzten zehn Jahren gearbeitet, doch machte er lange Zeit aus dieser Arbeit ein Geheimnis, in das er nur wenige Vertraute einweihte. Und er überrascht mit Farbaufnahmen! Der für seine schwarzweißen melancholischen Stimmungsbilder und wunderbaren Porträts bekannte Vanfleteren kommt in dieser Serie dafür ganz ohne Menschen aus: auf unzähligen Reisen und Streifzügen durch Belgien fotografierte er Geschäftsfassaden, die wie aus der Zeit gefallen scheinen. In Kleinstädten und Dörfern, aber auch in Städten wie Brüssel oder Antwerpen fand er seine Motive. Kleine selbständige Geschäfte standen dabei im Mittelpunkt seines Interesses. Darunter sind Lebensmittelläden, Bäckereien oder Schlachtereien ebenso zu finden, wie Fachgeschäfte für Kameratechnik, Schuhe oder auch Sexshops. Nicht zu vergessen die kleinen Cafés und Kneipen, die genauso individuell gestaltet wurden. Die Beschriftungen und Namen der Geschäfte, die häufig noch gemalten Reklameschilder und Werbetafeln ergeben zusammen mit den von den Spuren der Zeit stark mitgenommenen Fassaden ein spezielles Gesamtbild, das vom Charme der Vergangenheit lebt. Stephan Vanfleteren hat ein besonders Gespür für die Poesie der Vergänglichkeit. Die Details seiner Fotografien, die abblätternden Farben, verwitterte Materialien und Plakatabrisse, die Alltagspatina und vor allem die daraus erwachsene besondere Farbigkeit sind von ihm in stimmigen Fassadenporträts festgehalten worden.

Vanfleterens Fotografien sind eine ganz persönliche Inventarisation und Dokumentation des unwiederbringlichen Verlustes der lokalen Geschäfts- und Händlertradition in einer sich immer schneller globalisierenden Welt. In Zeiten, in denen die Innenstädte und Fußgängerzonen zunehmend veröden und von den immer gleichen Ladenketten dominiert werden, hat Vanfleteren den persönlichen, inhabergeführten Geschäften ein Denkmal gesetzt.

Mit fotografischen Mitteln wendet er sich gegen eine fortschrittsgläubige Gesichtslosigkeit und rückt das Einzigartige, Skurrile in den Blickpunkt. Auch und gerade mit dem Wissen, dass es verschwinden wird. „Au Tout Va Bien“ ist auf der Fassade noch zu lesen, doch die Rollläden sind verschlossen, die frühere Nutzung scheint aufgegeben. Die Aufnahme wird bei Vanfleteren zu einer abstrakten Komposition aus Fassadenteilen, die nichts über das dahinter liegende Ladengeschäft verraten. Leere Schaufenster, vernagelte Eingänge, oft scheinen die Fassaden als Zeugen der vergangenen Geschäftigkeit nur noch auf den Abriss zu warten. Doch manchmal leben sie noch und trotzen der Veränderung, wie zum Beispiel das kleine Schuhgeschäft „Au Palais de la Pantoufle“ in Brüssel, das mit rührender Behaglichkeit und unverwüstlicher Schaufenstergestaltung auf Kundschaft wartet. 40 ausgewählte Fotografien sind nun in der Galerie Hilaneh von Kories zu sehen: Momente der Vergänglichkeit als einzigartige Sammlerstücke der Gegenwart.

Aus der Werkserie entstand auch ein besonderes Künstlerbuch, das im März des letzten Jahres in der Buda-Fabrik im belgischen Kortrijk präsentiert wurde. Eine spektakuläre Installation, denn jeder einzelne Band aus der Auflage mit 666 Exemplaren ist mit einem Bleimantel versehen, in den Titel und Editionsnummer geprägt sind. Diese Bücher waren Baumaterial für ein ganzes Haus: ein Denkmal für die verschwindende Fassadenkultur, die Vanfleteren fotografisch dokumentiert hatte. Im Inneren wurden dann einzelne Fotografien präsentiert. Während der laufenden Ausstellung sollte das Haus langsam wieder abgetragen werden, und jeder Käufer hätte einen Baustein, sein persönliches Exemplar, aus der Installation herausnehmen können. Doch diese Idee ließ sich nicht mehr umsetzen, schon bei der Vernissage waren alle Bücher verkauft und sind bereits heute gesuchte Raritäten.

Stephan Vanfleteren (Jahrgang 1969) gehört zu den renommiertesten Fotografen Belgiens. Nach seinem Fotografie-Diplom an der Kunsthochschule Sint-Lukas in Brüssel begann 1993 seine Karriere als freiberuflicher Fotograf. In seiner oft radikalen schwarzweißen Bildsprache arbeitet er sowohl für belgische, als auch für internationale Zeitungen und Magazine (u.a. The New York Times, Le Monde, Paris Match, Die Zeit). Sein Blick richtet sich weit über Belgiens Grenzen hinaus, um faszinierende Menschen und Landschaften zu fotografieren. Seine typische Schwarzweiß-Fotografie, meist in der Mischung aus Melancholie und Nostalgie, ist zu seinem Markenzeichen geworden, sie zeigt sich in Serien aus der ganzen Welt: Bilder aus Kolumbien, den USA, Äthiopien, dem Kosovo, Afghanistan. Sein scharfes Auge für die Besonderheiten des Alltags brachte ihm etliche Ehrungen und Auszeichnungen (u.a. World Press Photo Awards, Henri Nannen Preis 2011). Vanfleterens Arbeiten wurden in zahlreichen Ausstellungen präsentiert und in vielen Büchern veröffentlicht: neben „BELGICUM“ u.a. „Flandrien“, „Tales of a Globalizing World“, „Portret 1989-2009“ oder „Elvis & Presley“. Die Ausstellung „Belgicum“ präsentierte die Galerie Hilaneh von Kories bereits von November 2011 bis März 2012 mit großem Erfolg.

Quelle: Galerie Hilaneh von Kories

Wann und wo

Galerie Hilaneh von Kories
Stresemannstraße 384a (im Hof)
22761 Hamburg

7. März bis 6. Juni 2014


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