Steinbrück, Schmidt und die K-Frage

Peer Steinbrück hat Schach mit Helmut Schmidt gespielt. Dabei hat der Altkanzler drei bedeutungsschwangere Worte gesagt, und die Medienlandschaft steht kopf:

"Der kann es"

Mit sowas bekommt man heutzutage sogar schon einen eigenen Spiegel-Titel. Man bekommt außerdem eine Rekord.-Quote, wenn man die beiden gemeinsam einlädt - Günther Jauch freut sich also auch darüber. Was man allerdings nicht bekommt, und das ist dann auch die größte Gemeinsamkeit zwischen Helmut Schmidt und Peer Steinbrück, sind Wählerstimmen. Das gilt heute gleich doppelt.

Es ist dabei relativ unbedeutend, dass Peer Steinbrück noch nie eine Wahl gewonnen hat - aber warum hat er sie eigentlich immer verloren? Er war beliebter als Jürgen Rüttgers und hätte seinerzeit in NRW eigentlich durchmarschieren müssen, gewählt wurde aber schwarz-gelb. Zusammen mit Steinmeier führte er auch in Zeiten der großen Koalition stets die Politikerrankings an, wobei Steinmeier noch beliebter war - ausgezählt wurden dann 23 Prozent der Stimmen, und gewählt wurde schwarz-gelb. Immerhin gibt es da eine Parallele zu Schmidt - der war auch immer heißbegehrt, aber gewählt wurde schwarz-gelb - dass die Liberalen dann mit der SPD koalierten, geschenkt: Stärkste Partei wurde immer die CDU/CSU.

Selbst wenn ich ihm die Wandlung vom Saulus zum Paulus in finanzpolitischen Fragen abnehme, selbst wenn ich mal vergesse, dass ich eine "Heulsuse" bin und wenn ich übersehe, worüber Peer Steinbrück wohlweislich nicht redet: Ist das mein Kandidat? Er kann gut reden. Rhetorisch stehe ich drauf, auch gerade auf das, was sonst nicht so gut ankommt, die Arroganz, die Gemeinheiten, auch gerne mal gegen wohlgesonnene Zuhörer, nach endlos wirkenden Jahren sinnfreien Gestammels von unserer sogenannten Kanzlerin wäre das auf jeden Fall ein Schritt nach vorne. Aber hat das auch Substanz, was der Mann da erzählt?

Wenn man mal genau hinhört: Eher weniger. Die Kritik kann sich hören lassen, die Forderungen haben sich zumindest langfristig als berechtigt erwiesen. Aber nach einem Plan, und sei der auch auf Jahre gestreckt, wie man Europa wieder vom Kopf auf die Füsse stellt und überhaupt wieder einen demokratisch kontrollierten und legitimierten Gestaltungsanspruch für den Kontinent erhält, man könnte auch sagen: Wie man die europäische Idee wieder aufleben läßt - nun, Peer Steinbrück hat darüber geredet, das man das braucht, aber was genau zu geschehen hat, hat er wohl erstmal für sich behalten.

Streng genommen ist sein Verprechen eigentlich nur, schneller und gradlinieger in die Einbahnstraßen zu fahren als die derzeitige Regierung - und dann statt Schlangenlinien und Schleifen zu fahren, erst am Ende eine Vollbremsung zu machen. Das kommt mir auf Anhieb gar nicht so attraktiv vor.

Dass der Mann finanz- und wirtschaftpolitisch versiert ist, lese ich zwar häufig, und wer ihm zuhört, mag diesen Eindruck haben - vor allem im Vergleich. Und ich will nicht bestreiten, dass er mich in dieser Hinsicht beeindrucken kann, nur weiß ich immer nicht, wem ich da eigentlich zuhöre: Peer Steinbrück oder einem Ghostwriter. Und wer - wo - ist eigentlich dann dieser Ghostwriter? Wer hat ihm das aufgeschrieben? Experten? Wissenschaftler? Jene Meister der VWL und BWL, die sich seit nunmehr 3 Jahren bei jeder sich bietenden Gelegenheit mit falschen Prognosen, falschen Analysen, falschen Daten und Tabellen und falschen Forderungen überbieten, obwohl sie durch die reine Existenz der Finanzkrise eigentlich eh für alle Zeiten diskreditiert sind? Brauche ich von diesen Experten auch noch einen als Kanzler?

Brauche ich vor allem einen dieser Experten als Kanzler, der zu Bildungspolitik, Familienpolitik, Arbeitsmarktpolitik, zu unseren sozialen Sicherungssystemen, zur Energiewende, zu Umwelt- und Verbraucherfragen, zum Informationszeitalter und seinen sicherheitspolitischen, aber eben vor allem auch datenrechtlichen Fragen nichts sagt oder, schlimmer noch, nichts zu sagen hat, oder, noch schlimmer: Besser nie was gesagt hätte?!

... schwere Frage.

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