Erinnert ihr euch noch an Louise aus St.Louis aus SITC Teil 2. Die findige Assistentin von Carrie Bradshaw wusste genau, wie sie für eine Handvoll Dollar die aktuelle Louis Vuitton ergattern konnte. Nämlich zur Miete! Klar Taschen zu vermieten macht Sinn, gibt es doch jede Saison eine neue it-bag. Taschen sind robust und sehen auch noch toll aus, wenn sie Patina haben. Aber Kleidung zum Mieten? Geht das überhaupt und wie soll das funktionieren? Gewiss, nicht jedes Fashion Piece ist für die Ewigkeit gemacht und schafft es gerade mal in die Hitliste der Sommerlieben. “Nie wieder Fehlkäufe”, verspricht Thekla Wilkening, Gründerin von “Stay Awhile” - einem Online-Shop, dass Miet-Mode zum Bestellen anbietet.
Sue: Wie bist Du auf die Idee gekommen?
Thekla: Die Idee hatte ich schon 2012, gemeinsam mit meiner damaligen Geschäftspartnerin Pola Fendel haben wir das Startup Kleiderei gegründet und fünf Jahre lang Kleidung vermietet, erst offline in Hamburg, dann online Deutschlandweit. Im Frühjahr 2018 haben wir die Firma aufgelöst, im Herbst 2018 habe ich angefangen, STAY AWHILE mit einem neuen Partner aufzubauen. Die Idee kam uns tatsächlich damals aus einem Missverständnis heraus - es ging eigentlich um die Modeabteilung einer Bibliothek, daraus entstand dann die Vision, dass man doch auch Kleidung leihen könnte - schließlich kaufen wir schon längst nicht mehr alles was wir nutzen. Ich beschäftige mich schon seit 15 Jahren mit Mode und Nachhaltigkeit: Access-Over-Ownership Modelle, also Zugang statt Besitz, schonen Ressourcen und bieten gleichzeitig Flexibitäit und Abwechslung, beides Dinge die unsere Gesellschaft schätzt, und bei aller Liebe der Umwelt gegenüber natürlich nicht aufgeben möchte.
Sue: Wie sieht Dein Geschäftsmodell aus?
Thekla: Es gibt entweder die Monatsbox, die die Kundin sich selbst zusammen stellt in dem sie vier Stücke auf der Website aussucht - oder sie wählt die kuratierte Variante: da stellen wir ihr, auf Grund eines Fragebogens, ein Paket zusammen. Beide Varianten bleiben dann mindestens einen Monat bei ihr daheim, sie trägt die Looks und entscheidet dann, welche Stücke sie behalten, also kaufen möchte. Alles andere schickt sie zurück, wir reinigen es professionell und es geht dann an eine andere Kundin. Alles bleibt im Kreislauf - und die Kundin genießt Abwechslung und vermeidet Fehlkäufe.
Fotocredit Alexander Probst
Sue: War es schwer potentielle Marken für Deine Idee zu gewinnen?
Thekla: Jein. Es gibt wie immer Early Adopters, die vorausschauen und denen völlig klar ist, dass das Geschäftsmodell: produzieren, verkaufen - notfalls im Sale, seinen Zenit überschritten hat. Startups wie Vestaire Collective beweisen auch schon lange, das die Kundinnen sich heute anders organisieren, der Resale Markt wird in nichtmal zehn Jahren den Fast Fashion Markt an Umsätzen um das doppelte übersteigen. Aber natürlich gibt es auch bei einigen Labels den „schau weg“ Effekt. Das hat auch viel mit Unsicherheit zu tun. Es wird einen großen Umbruch geben, der viel Umdenken erfordert. Wir bieten Labels die Chance, den Weg mit uns zusammen zu gehen, ohne viel Aufwand in das Modell Kreislaufwirtschaft einzusteigen. Das wird natürlich dankbar angenommen.
Sue: Wird schnell zurückgeschickt? Bzw. Wieviel wird behalten?
Thekla: Im Durchschnitt behalten die Frauen ihre Pakete sechs Wochen - jedes 8. Stück wird gekauft. Beides ist begrüßenswert, denn es beweist, dass das Mieten der Value ist. Die Chance, die Lieblingsstücke dann aber doch zu kaufen erhöht die Flexibilität und bietet einen zusätzlichen Mehrwert. Die Kundin spart sich Zeit und kauft in der Regel hochwertiger, als wenn sie die Stücke nicht vorher Probetragen durfte.
Sue: Welcher Frauentypos ordert die Sachen? Mehr Business oder privat?
Thekla: Das ist das Schönste an meinem Job: ich arbeitet mit den verschiedensten Kundinnen zusammen. Von jungen, aufgeklärten Changemakern bis hin zu der Generation, für die das was wir heute als Share Economy wirtschaftlich betrachten noch das ganz normale „leihen“ ist - etwas, was man ja eigentlich immer gemacht hat. Die meisten geben „beides“ an, also sowohl privat als auch beruflich. Ich würde sagen, wenn das Umdenken statt gefunden hat, dann möchte die Kundin das auf ihre gesamte Garderobe anwenden und nicht nur auf einen Lebensbereich.
Sue: Wie oft kann man die Styles trotz Reinigung wirklich weiterverliehen?
Thekla: Wir kalkulieren mit 18 bis 30 Monaten, je nach Produkt. Dabei ist es unerheblich, ob das Stück länger bei einer Kundin ist oder öfter gewechselt wird. Die Langlebigkeit eines Textils erhöht sich tatsächlich durch das Tragen und Reinigen - im Vergleich zu dem nicht getragen werden im Kleiderschrank. Das liegt einfach in der Struktur der Fasern, die durch die Pflege entspannt, gereinigt und gefestigt wird.
Sue: Wird gut mit den Sachen umgegangen oder kommen Sie völlig verknüddelt wieder bei Euch an?
Thekla: Die Kundinnen sind natürlich auch versichert, falls mal etwas passiert. Das mindert aber nicht die Sorgfalt, mit der sie mit den Kleidungsstücken umgehen - im Gegenteil. Das Vertrauen, was wir den Kundinnen entgegenbringen bekommen wir auch zurück.
Sue: Wie Groß ist der logistische Aufwand und was wird am meisten geordert?
Thekla: Im Vergleich zu dem ohnehin herrschenden Retoure-Wahnsinn des Onlinehandels ist der Aufwand den wir mit den Paketen haben nur marginal höher. Wir haben den Step der Reinigung dazwischengeschaltet - alles andere muss jeder andere Onlinehändler ebenso machen. Trotzdem oder gerade mit diesem Step bieten wir natürlich den Mehrwert für Modelabels mit uns zu Vermieten, statt sich diesen Service selbst aufzubauen. Wir können es effizient gestalten.
Sue: Gibt es allgemeine Lieblingsteile?
Thekla: Es gibt gerade eine Tendenz zu knielangen Kleidern und Culottes. Beides vermutlich, weil man sich, im Vergleich zum Beispiel zur Jeans, nicht so viele davon in den eigenen Kleiderschrank hängen mag, sondern sich da über Abwechslung freut.
Sue: Gibt es eine schöne Anekdote?
Thekla: Ich erinnere mich an eine Kundin, die in ihren Fragebogen schrieb’, dass im nächsten Monat eine Bewerbungsgespräch auf sie zukäme, und sie dafür einen passenden Look bräuchte. Ein paar Wochen später kam dann die Mail: "Danke! Ich habe mich so gut gefühlt in meinem Outfit und habe meinen Traumjob bekommen!“ Bestimmt waren es eigentlich ihre Fähigkeiten, aber es war toll zu hören, dass sie sich in ihrem Outfit sicher gefühlt hat - die Macht der Mode und eben auch der geliehenen Looks.
Sue: Inwieweit schaut ihr auch auf Trends in der Mode oder macht ihr euch eher frei davon?
Thekla: Wir sagen, dass jede Frau ihren eigenen Stil hat - und das passt auch perfekt zu unserer doch sehr demokratischen Modewelt gerade. Es gibt natürlich Trends, aber im Grunde gibt es ja nichts, was nicht „erlaubt“ ist. Wir glauben, dass jede Frau in Looks, in denen sie sich wohl fühlt am Besten aussieht - insofern ja, wir machen uns eher frei und geben unseren Kundinnen damit auch eine gewissen Freiheit und erlauben Individualität.
Sue: Was sind eure Ziele und Wünsche für die Zukunft?
Thekla: Wir wünschen uns, dass es zukünftig möglich ist, Mode immer und überall so zu konsumieren, wie es gerade passt und so, dass es nachhaltig ist. Beispielsweise, ich leihe mir etwas für das Wochenende, oder bei einem Besuch in einer anderen Stadt - wenn ich zum Beispiel nicht genau weiß, was da auf mich zukommt. Oder ich beginne einen neuen Job, und leihe mir die Outfits fürs Büro - weil ich privat ganz andere Sachen trage oder erstmal meinen neuen Stil finden möchte. Das Gute daran, auch für die Modebrands wäre, dass Mode wieder hochwertiger werden könnte - weil der Anspruch an Langlebigkeit wieder höher wird und das Bedürfnis nach Abwechslung, der Treiber der schnellen, billigen Mode, ausgehebelt wird.
Sue: Gibt es Vorbilder?
Thekla: Definitiv Rent the Runway aus Amerika. Die machen einen großartigen Job - und zeigen, dass es nicht nur darum geht, Kleidung zu mieten. Sondern um Selbstbewusstsein, Freiheit, Unabhängigkeit.
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