“Star Trek into Darkness” von J. J. Abrams

© Paramount Pictures Germany GmbH / Spock (Zachary Quinto) und Kirk (Chris Pine) in

© Paramount Pictures Germany GmbH / Spock (Zachary Quinto) und Kirk (Chris Pine) in “Star Trek into Darkness”.

So schön und spektakulär ist das Raumschiff Enterprise wohl noch nie abgestürzt. Damit soll nicht J. J. Abrams‘ Regiewerk, die Fortsetzung seiner 2009er Neuinterpretation der Sternenabenteuer rund um Captain Kirk, Mr. Spock und Pille gemeint sein, sondern wirklich eine minutenlange Sequenz im neuen „Star Trek into Darkness“, in der das Sternenflottenschiff NCC-1701 Enterprise mit defektem Warp-Kern von der Anziehungskraft der Erde ergriffen dem Planeten entgegen fällt. Von außen zerbröckelt das Schiff, innen trudelt die Besatzung umher, sie werden auf den Kopf gestellt, müssen seitlich an den Wänden entlang rennen, sich so gut es geht irgendwo festhalten, um nicht, gleich in welche Richtung, in die Tiefe und damit in den Tod zu stürzen. Kurz vor Aufprall fängt sich die Enterprise dann aber wieder, steigt aus der Wolkendecke empor, erfüllt die Leinwand zu den erhabenen Klängen des Komponisten Michael Giacchino, der mit seiner ganz eigenen Neuinterpretation eines Star Trek-Themas für einen filmmusikalischen Ohrwurm der Neuzeit gesorgt hat.

Diesen bekommt man auch mehr als einmal zu hören. J. J. Abrams, als Science-Fiction Visionär demnächst auch für die siebte Episode der Star Wars-Saga verantwortlich, zelebriert sein Raumschiff, zeigt es immer wieder, nutzt jeden Moment die Enterprise als Hauptdarsteller zu etablieren. Mehr On-Screen Zeit bekommen vermutlich nur Chris Pine, Zachary Quinto und Benedict Cumberbatch in den Rollen von Captain, zwischenzeitlich Commander James Tiberius Kirk (Pine), erster Offizier Mr. Spock (Quinto) und Widersacher John Harrison (Cumberbatch), der im Rahmen des Films noch eine Namensänderung über sich ergehen lassen wird. Aber die Enterprise ist ebenso wichtig, wird unter Wasser liegend (Erinnerungen an „Zurück in die Gegenwart“ kommen auf), im Raumdock oder eben im Luftraum über dem Planeten Erde, über den Wolken schwebend gezeigt. Da überkommt dem Trekkie-Herz schon ein gewisses Kribbeln.

Captain Kirk konfrontiert John Harrison.

Captain Kirk konfrontiert John Harrison.

Der Film beginnt auf einem fremden Planeten, auf dem Kirk und Pille in einer Außenmission sogleich die oberste Direktive der Föderation verletzen: Auf der Flucht vor einem Pappmaschee-Haut-artigen Volk, dass sich in der Entwicklung etwa bei der Erfindung des Rads befindet, wird die Enterprise unweigerlich zu einer Art Gottheit. Dabei heißt es in der Sternenflotte doch, dass es um das Beobachten von fremden Kulturen geht, ohne dabei in ihren Lebensraum einzugreifen. Aus diesem Grund wird Kirk ganz schnell das Kommando über sein geliebtes Raumschiff entzogen und er landet als erster Offizier bei Admiral Pike. Der kann jedoch sein Kommando nicht mehr ausüben, nachdem der Terrorist John Harrison nicht nur ein Bombenattentat in London, sondern auch einen Angriff auf die versammelten Offiziere der Sternenflotte begeht. Kirk erbittet das Kommando der Enterprise zurück um auf die Jagd zu gehen. Dabei werden jedoch weitaus größere, politische Machenschaften enthüllt, als es sich Kirk und seine Crew anfangs gedacht hatten. Das harmlose Vorgehen der Föderation, die oberste Direktive läuft Gefahr inmitten der Sternenflotte zu verkommen und einem kämpferischen Akt zu weichen, der zum fatalen Krieg zweier Völker führen könnte.

Um diese Geschichte zu erzählen, bei der wahrlich die Handlung in den Hintergrund gerät, vor all den wunderbaren Zitaten zum Ur-Star Trek-Universum, greift J. J. Abrams nicht nur eine Fortführung der Figuren und ihrer Handlungsmotive wieder auf, sondern benutzt auch stilistisch erneut den gewählten Weg der alternativen Realität, entfernt sich aber auch nicht von dem, was Star Trek bisher gewesen ist. Hat Eric Banas Nero in „Star Trek“ die bestehende Welt von Enterprise-Schöpfer Roddenberry durch eine Zeitreise quasi niedergebrannt, merkt man doch, dass Abrams mit einer neuen Zeitrechnung spielt, die zugleich aber auch zeigt, dass manche Dinge unumgänglich sind, vielleicht nur etwas anders ablaufen als ursprünglich geplant. Das mag erst einmal kryptisch klingen, doch möchte man auch keinem Trekkie den Spaß nehmen, in diversen Sequenzen von „Star Trek into Darkness“ Motive und gar ganze Dialoge zu finden, die so bereits einmal stattgefunden haben. Und wenn Quintos Spock dann Leonard Nimoys Spock auf Neu-Vulkan zu Rate fragt, wie man denn in seiner Zeit den zu bezwingenden Feind bekämpft habe, ist die Symbiose von Alt und Neu in Perfektion zu bewundern. Nicht-Trekkies wiederum brauchen aber auch keine Angst zu haben. Abrams hält seine Erzählung für jedermann verständlich, selbst wenn man nichts mit Namen wie Carol Marcus oder dem Volk der Klingonen anzufangen weiß, auch wenn man noch nie etwas von Tribbles gehört hat. Abrams inszeniert ein neues Star Trek, zwar angeknüpft an den ersten Teil aus 2009 (um zu wissen weshalb der neue und alte Spock in derselben Realität existieren, sollte man „Star Trek“ gesehen haben), aber auch ganz neu für eine Star Trek-Kenntnislose Generation.

Benedict Cumberbatch ist John Harrison.

Benedict Cumberbatch ist John Harrison.

Während die Stammbesetzung weiter definiert wird – Kirk als unberechenbarer Draufgänger ohne Disziplin, Spock als unmenschlich rational denkender Vulkanier – vereint Benedict Cumberbatch als Neuzugang und Widersacher Intelligenz und Draufgängertum in einer Person, hält Kirk und Spock einen gemeinschaftlichen Spiegel vor. Eine unfassbare Leistung die der Fernseh-Sherlock Holmes Cumberbatch hier vollführt, nimmt er doch eine Rolle auf, die bereits einmal zu sehen war, interpretiert sie für sich neu und bleibt dennoch nicht hinter möglichen Erwartungen zurück. Sein Mimikspiel, wenn er voller Inbrunst seinen Unterkiefer bewegt und allein dadurch das Böse verkörpert, seine markante Stimme – im deutschen etwa so synchronisiert, als habe sich Christian Bale gerade die Batman-Maske übergestülpt – und die durchdringenden Augen sind immer emotional aufgeladen. Dieser Mann hasst, dieser Mann sinnt nach Rache für Vergehen an seiner eigenen Besatzung, seiner Familie.

Eine Familie soll auch die Besatzung der Enterprise sein, die innerhalb der Erzählung nicht immer ganz friedfertig miteinander umgeht. Spock und Uhura, in Abrams-Universum ein Liebespaar, haben Streitereien begründet durch die emotionale Abschottung Spocks, in einer wundervollen Szene eingefangen, in der Kirk und Uhura gemeinsam über ihre Umgangsschwierigkeiten mit dem Vulkanier sprechen, bevor dieser das Getuschel unterbricht und von seinem Captain mit den Worten „Na, spitze Ohren gemacht?“ stehen gelassen wird. In solchen Momenten wird nicht nur das Miteinander der Crew gepflegt, sondern wahrlich der Witz aufrecht erhalten, den das Trio Kirk, Spock, Pille bereits in früheren Star Trek-Abenteuern definierte. Und auch Pille, man kann sich kaum vorstellen dass irgendjemand sonst als Karl Urban den Zyniker so detailgetreu spielen könnte, hält einige metaphorische Witzeleien parat, samt markanter „Verdammt Jim, ich bin Arzt, kein…“-Dialogzeile. Weiterhin wird Simon Pegg ein wenig in den Mittelpunkt gerückt. Er quittiert aufgrund von Unstimmigkeiten mit dem Captain den Dienst, kehrt wenig später aber triumphal zurück. Ein ganz eigener Handlungsstrang für den Bordmechaniker, dass hätte sicher auch James Doohan gefallen, dem 2005 verstorbenen Original-Scotty.

Darüber hinaus bekommt man natürlich wieder eher einen Film geboten, durch den man sich schon sehr gut auf die kommende Space Opera-Fortsetzung von Star Wars vorbereitet fühlt. Durchzogen von Lichtspielereien, die in keinem Abrams-Film mehr fehlen dürfen, werden hier actionreiche Momente aneinander gereiht, die weder William Shatner noch Leonard Nimoy jemals hätten vollführen können und wollen, waren sie in ihren Kinojahren schon viel zu eingerostet um mehr zu leisten als eine kleine Schlägerei oder ein Phaser-Gefecht. Das soll nicht abwertend klingen, nur eben anders. Anders ist nämlich auch dieses Star Trek-Universum, in dem nun einmal alles ein wenig greller, bunter, schneller und bombastischer daherkommt. Eigentlich also gar nicht “…into Darkness”. Spaß macht’s trotzdem.


Star Trek into Darkness_Hauptplakat

“Star Trek into Darkness“

Originaltitel: Star Trek into Darkness
Altersfreigabe: ab 12 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2012
Länge: ca. 133 Minuten
Regie: J. J. Abrams
Darsteller: Chris Pine, Zachary Quinto, Benedict Cumberbatch, Alice Eve, Zoe Saldana, Karl Urban, Simon Pegg, Anton Yelchin, John Cho, Leonard Nimoy, Bruce Greenwood, Peter Weller

Deutschlandstart: 9. Mai 2013
Im Netz: star-trek-film.de



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