Stadtwanderer: Spielplatz für Erwachsene

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Wie ich Robinsonspielplätze liebe! Hätte es sie bloss schon in meiner Kindheit gegeben! Bestimmt hätte ich mich dort exzessiv herumgetrieben. Sie sind so anders als die gewöhnlichen Kinderspielplätze, die oft eher an Kampfbahnen für Kleine erinnern, denn an Orte des Spiels. Vielleicht zählt deshalb der Klybeckquai, die Uferstrasse am Rhein Richtung Kleinhüninger Hafen, zu meinen Lieblingsorten im sommerlichen Basel. Was dort entsteht und vergeht und immer wieder von Neuem entsteht und wieder vergeht, ist doch nichts anderes als ein Robispielplatz für Erwachsene.

Eigenwillige Holzbauten und trotzige Containerburgen stehen locker auf der kiesigen Spielwiese, als wären sie eben aus einem überdimensionalen Würfelbecher aufs Gelände gepurzelt. Dazwischen leerer Raum – Spielraum eben –, dann einzelne Blechtonnen, ein einsames Ledersofa, Topfpalmen, zu einem Palmenhain drapiert. Und ganz hinten links, in die Ecke gedrängt, die Wagenburg der Wagenleute, die sich hier als Erste und ohne zu fragen niedergelassen haben. Sie sind so etwas wie die Ur-Robinsone auf diesem Spielplatz. Dass sie nur geduldet sind, gibt dem Spiel allerdings eine ernste Note – und etwas Vorläufiges, Vergängliches. Die ganze Fläche wird ja bloss zwischengenutzt. Und es gibt Pläne, grosse Pläne fürs Areal, fürs Quartier und darüber hinaus. Ein Robinsonspielplatz für Erwachsene hat dort bestimmt keinen Platz mehr. Allenfalls noch eine Kampfbahn für Kinder.

Wie so oft auf meinen Wanderungen werde ich auch an diesem Ort an die Vergänglichkeit allen Seins erinnert. Auch mein Leben ist ja eine Art Zwischennutzung – meines Körpers und des Stückleins Erde, auf dem ich lebe –, eine Zwischennutzung wie hier am Klybeckquai die vorläufige Spielwiese für Erwachsene.

Doch vorerst wird gefeiert. Die Gläser klirren. Die Lautsprecher röhren. Noch einmal richtig abtanzen, nochmal den Wein geniessen! Am sommerlichen Rheinufer hinter den Gleisen ist Platz genug für alle. Die warme Nacht hüllt die Feiernden ein, versöhnt sie für Stunden mit der Hinfälligkeit des Daseins. – Und irgendwann ist das Spiel aus. Man geht heim, die einen glücklich, die anderen murrend. Bald schon kommt ein neuer Morgen.


Der «Stadtwanderer» erscheint monatlich als Kolumne in der «ProgrammZeitung».

Bild: Klybeckareal von Walter Beutler


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