USA 1955
Mit Spencer Tracy, Robert Ryan, Walter Brennan, Dean Jagger, Lee Marvin, Ernest Borgnine, Anne Francis u.a.
Drehbuch: Millard Kaufman und Don McGuire nach einer Story von Howard Breslin
Regie: John Sturges
Dauer: 81 min
Inhalt:
Black Rock ist ein Kaff mit etwa sieben Häusern am Rande einer grossen Bahnlinie. Wenn der Zug hier mal hält (etwa alle vier Jahre), ist das gleich ein Grossereignis.
Eines Tages hält er wieder, und ein einarmiger, schwarz gekleideter Fremder (Spencer Tracy) steigt aus. Und er fragt nach Unterkunft.
Der Fremde, der sich in der Folge als John Mcreedy erweist, wird von den Männern des Ortes (der nur von Männern bewohnt zu sein scheint) erst misstrauisch beäugt, man folgt ihm und gibt ihm schliesslich mit unmissverständlicher Feindseligkeit zu verstehen, dass er wieder gehen soll. Doch Mcreedy bleibt. Er hat etwas zu tun in Black Rock. Dass keiner der Einwohner weiss, was das ist, bringt sie an den Rand der Nervosität. Schnell wird deutlich, dass in Black Rock etwas nicht stimmt.
Wie ist der Film?
In erster Linie ist er spannend. Die Spannung entsteht durch das Unwissen, in welchem die Filmemacher einen lange Zeit belassen und das sich nach und nach lichtet. Man tappt über die Identität Mcreedys zunächst genauso im Nebel wie über das Geheimnis, dass in Black Rock alle zu teilen scheinen. Diese Nebelhaftigkeit kontrastiert dabei auf reizvolle Weise mit der Klarheit der Bilder des Kameramannes William C. Mellor. Stück für Stück erfährt man mehr; bis die Geschehnisse so klar vor einem liegen wie die Landschaft, in welcher die Geschichte spielt, sind zwei Drittel des Films vorbei.
Was da enthüllt wird, kann m.E. allerdings nicht ganz mit der Erwartungshaltung mithalten, die zwar meisterhaft aufgebaut wird, deren qualvoll in die Länge gezogener Aufbau aber irgendwann überstrapaziert wird.
Für weitere Irritation sorgt der fast komische Umstand, dass dieses gottverlassene Kaff von derart überproportional vielen Hollywood-Grössen bevölkert wird: Robert Ryan, Walter Brennan, Ernest Borgnine, Lee Marvin gehören für Kenner des US-Films fast zur Familie, und auch wenn Borgnine und Marvin 1955 erst am Beginn ihrer Karrieren standen, so waren sie schon damals allseits bekannte Nebendarsteller.
Aber das ist Jammern auf hohem Niveau. Die Regie ist wirkungsvoll – wie immer bei Sturges sehr unpersönlich, aber dafür bemerkenswert funktional. Das Drehbuch ist vor allem bis etwa zur Hälfte sehr dicht und effektiv. Es legt wie in einer Versuchsanordnung die Mechanismen des Bösen in der menschlichen Gesellschaft bloss. Zudem zeigt der Film sehr schön, wie das Machtverhältnis in einer kleinen Gruppe kippen kann, wenn plötzlich eine neue Person dazukommt.
Das Spiel der Schauspieler lässt hier leider wenig Schlüsse auf ihr Können zu, weil sie gemäss Regieanweisung ihr Spiel sehr zurückhalten; jeder von ihnen ist zudem exakt gemäss seines jeweiliges Rollenschemas eingesetzt: Tracy ist der ewige Gerechte, Ryan der ewige Bösewicht, Marvin der Kotzbrocken, Borgnine der grobe Klotz…
Trotzdem: Bad Day at Black Rock gehört zu den Hollywood-Klassikern, die bis heute nichts von ihrer Wirkung eingebüsst haben.
Gründe, sich den Film anzusehen:
-Wer spannende, intelligente Filmklassiker mag, die sich um gesellschaftliche Phänomene drehen und die viel ohne Action auskommen, für den ist Bad Day at Black Rock ein guter Tipp.
-Wer gerne einen Auslug in die Filmgeschichte unternimmt, kann hier einen wichtigen Vertreter des reinen Männerfilms nachholen.
-Wer Filme mag, die funktional und ohne viel Aufhebens menschliche Dramen erzählen, dem sei das Werk auch empfohlen.
Gründe, sich den Film nicht anzusehen:
-Wer sich nicht gern mit den gesellschaftlichen Manifestationen seelischer Abgründe befasst und auf lieber leichte Kost setzt, sollte sich Bad Day at Black Rock schenken.
Bewertung:
Die Regie: 8 / 10
Das Drehbuch: 8 / 10
Die Schauspieler: 8 / 10
Gesamtnote: 8 / 10
Auszeichnungen:
Am Filmfestival in Cannes wurde Spencer Tracy 1955 für seine Rolle in diesem Film mit der goldenen Palme als bester Schauspieler beehrt.
Der amerikanische „National Board of Review“ kürte Bad Day at Black Rock zu einem der Top Ten Filme von 1955 (u.a. neben East of Eden mit James Dean und Marty mit Ernest Borgnine).
Verfügbarkeit:
Der Film lief 1955 unter dem Titel Stadt in Angst in den deutschsprachigen Kinos.
Die DVD-Ausgabe ist leider vergriffen und ist nur noch antiquarisch und zu hohen Sammlerpreisen zu finden.
Er kann aber gestreamt werden, und zwar bei folgenden Anbietern: iTunes und maxdome bieten ihn in der deutschen Synchronfassung und in der englischsprachigen Originalfassung ohne deutsche Untertitel an; bei Google Play, Microsoft und CHILI gibt es ihn ausschliesslich in der deutschsprachigen Fassung.
Der Trailer:
Eine ziemlich hölzerne Angelegenheit, die so gar keine Lust macht, den Film zu sehen… Hatten die Leute damals derart andere Ansprüche?