Staatsleistungen: Alles bleibt, wie es ist

KirchenfinanzenIn nur 40 Sekunden hat der Bundestag beschlos­sen, dass alles so bleibt wie es es seit 90 Jahren unrecht­mä­ßig ist.

Im Schnellverfahren votier­ten am frü­hen Freitagmorgen die weni­gen noch im Plenum anwe­sen­den Abgeordneten um 0.26 Uhr ohne Aussprache, aber mit gro­ßer Mehrheit dafür, wei­ter­hin das Grundgesetz zu igno­rie­ren.
TAZ

Alle Parteien – mit Ausnahme der LINKEN – waren sich darin einig, dass die Kirche zu Recht wei­ter­hin Staatsleistungen erhält – auch wenn das den Regelungen des Grundgesetzes wider­spricht.

Gemeinsam stimm­ten CDU, CSU, FDP, SPD und Grünen (die sich ent­hiel­ten) gegen einen Gesetzentwurf der Linkspartei, der den Einstieg in den Ausstieg aus den his­to­risch begrün­de­ten Staatsleistungen an die Kirchen bedeu­tet hätte. Und dabei ist die Forderung der Linkspartei noch nicht mal eine, die ich für rich­tig halte:

Der Entwurf der Linken wollte die Staatsleistungen durch eine Einmalzahlung in zehn­fa­cher Höhe, also 4,8 Mrd. Euro, ablö­sen. Den Kirchen ist das zu wenig, sie for­dern min­des­tens 19,2 Mrd. Euro.
manglaubtesnicht.wordpress.com

Ich denke, dass es kei­nen Cent mehr geben sollte, denn die nie ent­stan­dene Schuld ist mehr als aus­rei­chend zurück­ge­zahlt.

Der eben zitierte Blog doku­men­tiert die kom­plette Abstimmung des Bundestages:

Tagesordnungspunkt 49: Zweite und dritte Beratung des von den Abgeordneten Raju Sharma, Jan Korte, Petra Pau, weiteren Abgeordneten und der Fraktion DIE LINKE eingebrachten Entwurfs eines Gesetzes über die Grundsätze zur Ablösung der Staatsleistungen an Religionsgesellschaften (Staatsleistungsablösegesetz – StAblG) – Drucksache 17/8791 – Beschlussempfehlung und Bericht des Innenausschusses (4. Ausschuss) – Drucksache 17/13156

Berichterstattung: Abgeordnete Beatrix Philipp, Dr. Dieter Wiefelspütz, Dr. Stefan Ruppert, Raju Sharma, Wolfgang Wieland

Wie in der Tagesordnung ausgewiesen, sind die Reden zu Protokoll genommen.

Vizepräsident Dr. h. c. Wolfgang Thierse: “Wir kommen zur Abstimmung. Der Innenausschuss empfiehlt auf Drucksache 17/13156, den Gesetzentwurf der Fraktion Die Linke auf Drucksache 17/8791 abzulehnen. Ich bitte diejenigen, die dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, um das Handzeichen. – Wer stimmt dagegen? – Enthaltungen? – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Beratung gegen die Stimmen der Linken mit den Stimmen des Hauses im Übrigen abgelehnt. Damit entfällt die weitere Beratung.”

(Es wird Thierse sicher­lich gefreut haben, diese Sache so abbü­geln zu kön­nen.)

Da ein­zig die TAZ berich­tete, hier noch ein­mal ein län­ge­res Zitat aus dem Artikel:

Es geht um inzwi­schen 481 Millionen Euro, die die Bundesländer jähr­lich den bei­den Großkirchen zur freien Verwendung über­wei­sen. Insgesamt sum­mie­ren sich die Zahlungen seit Gründung der BRD auf mehr als 15 Milliarden Euro. Damit kein Missverständnis auf­kommt: Es geht hier nicht um die Zuwendungen für kirch­li­che Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser oder kari­ta­tive Einrichtungen. Es geht nicht um die Bezahlung von TheologieprofessorInnen, ReligionslehrerInnen oder MilitärseelsorgerInnen – obwohl sich auch dar­über treff­lich strei­ten ließe. Es geht bei den his­to­risch begrün­de­ten Dotationen ein­zig und allein um Zahlungsverpflichtungen, die sich aus höchst frag­wür­di­gen vor­de­mo­kra­ti­schen Rechtstiteln her­lei­ten.

Wer es ernst meint mit der grund­ge­setz­lich fest­ge­schrie­be­nen Trennung von Kirche und Staat, der muss end­lich Schluss machen mit die­sem Aberwitz.

Tammox hat gerech­net. Und dabei her­aus­ge­fun­den, dass “pro Tag [...] in Deutschland 25 Millionen Euro „Kirchensteuer“ bezahlt” wer­den. Das sind sagen­hafte über eine Million Euro je Stunde.

Und Bruder Spaghettus stellt klar:

Im Wesentlichen wird der ewige Geldfluss vom Staats- ins Kirchensäckel mit dem Reichsdeputationshauptschluss von 1803 begrün­det, der angeb­lich Entschädigung für Enteignung von Kirchenländereien sein soll.

Hier gibt es gleich 2 Fehler.

1. Die Kirche wurde nicht, bzw. nur in weni­gen Ausnahmen, ent­eig­net. Bei den betref­fen­den Ländereien han­delte es sich nicht um Besitz, son­dern um Lehen. Die wur­den ein­fach neu ver­teilt.
2. Damit die Kirchenfürsten, die nun ohne Ländereien und somit ohne Einnahmen da stan­den, wei­ter­hin ein stan­des­ge­mä­ßes Leben füh­ren konn­ten, sollte sie vom Staat ali­men­tiert wer­den. Auf Lebenszeit, nicht in alle Ewigkeit. Der Reichsdeputationshauptschluss ist da ganz ein­deu­tig, wenn er in § 50 sagt:
“Den sämmt­li­chen abtre­te­nen geist­li­chen Regenten ist nach ihren ver­schie­de­nen Graden auf lebens­lang eine ihrem Range und Stande ange­mes­sene freie Wohnung mit Meublement und Tafelservice, auch den Fürstbischöfen und Fürstäbten des ers­ten Ranges ein Sommeraufenthalt anzu­wei­sen; wobei sich von selbst ver­steht, daß das­je­nige, was ihnen an Meublen eigen­t­hüm­lich zuge­hört, ihnen gänz­lich über­las­sen bleibe, das aber, was dem Staate zuge­hört, nach ihrem Tode die­sem zurück­falle.”

Wer sich über das Thema aus­führ­lich infor­mie­ren möchte, dem sei die Seite staatsleistungen.de von Carsten Frerk, dem Autoren des “Violettbuch Kirchenfinanzen” sehr ans Herz gelegt.

Denn klar ist: wir haben noch viel Aufklärungsarbeit zu leis­ten!


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