Bonjour liebe Leserinnen und Leser,
wie sagt man in den USA: Thank God it’s Friday! Ja, es ist Freitag, worüber ich nach einer etwas strapaziösen Woche wirklich sehr dankbar bin. Außerdem freue ich mich darauf, mit Ihnen heute wieder einen kleinen Ausflug nach Frankreich zu unternehmen.
Jeden Freitag führe ich Sie zu Urlaubszielen nach Frankreich
Die Mündung der Somme mit Blick auf Le Crotoy
Vor 14 Tagen hatte ich Ihnen in dieser Rubrik ja schon die Bucht der Somme vorgestellt, die zu den schönsten Flußmündungen dieser Welt zählt. Dort, in der unendlichen Weite des Himmels und des Wassers, wollen wir noch einen kleinen Augenblick verweilen. Heute möchte ich Sie von Le Crotoy über die Bucht nach Saint-Valery-sur-Somme führen.
Ein wenig Historisches
Die Porte Guillaume, nach William dem Eroberer benannt
Der Ort, an dem dieses pittoreske Städtchen sich heute zur Bucht hin öffnet, war schon in der Steinzeit von Menschen besiedelt. Um 700 v. Chr. wurden Griechen dort sesshaft, die ihre Ansiedlung Leuconaus (weißes Schiff) nannten. Ihnen folgten Gallier, Römer und Franken. Ab dem Jahr 611 machte sich der Mönch Gualaric (der später Walaric, Walric und schließlich Valery genannt wurde) daran, die Region zum Christentum zu bekehren. Zuerst lebt er als Eremit an der Stelle, wo die Griechen einst ihre Ansiedlung Leuconus gegründet hatten. Gualaric fand schnell Anhänger, sodass sie gemeinsam eine kleine Abtei bauten, in der er 622 auch bestattet wurde. Die Gebeine des Mönches zogen viele Pilger an, die sich in der Abtei, die zu dem Zeitpunkt bereits Saint-Valery hieß, zum Gebet versammelten.
Im Dezember 1430 passierte Jeann d’Arc als Gefangene der Engländer St-Valery-sur-Somme
Seit dem 10. und 11.Jahrhundert wuchs das Städtchen auch wegen seines geschützten Hafens und dank des Handels mit Hering und Wein stetig. Dabei hinterließen zwei weitere historische Persönlichkeiten dort ihre Spuren: William der Eroberer brach 1066 mit seiner gewaltigen Flotte von dort nach England auf, um in der berühmten Schlacht bei Hastings den englischen König Harold zu schlagen. Im Dezember 1430 verbrachte Jeanne d’Arc (die “Jungfrau von Orléans”) als Gefangene der Engländer eine Nacht im Gefängnis der Stadt, bevor man sie nach Rouen und zu ihrem schicksalshaften Ende am 30. Mai 1431 auf dem Scheiterhaufen brachte.
Jachthafen
Jedem Tierchen sein Pläsierchen!
Heute präsentiert sich das Städtchen auch wegen seines lang gezogenen und geschützten Jachthafens als muntere, farbenfrohe Touristenattraktion. Von dort aus kann man in die historische Dampflok, deren Schienennetz entlang der Bucht verläuft, einsteigen, ausgedehnte Wandertouren zu Fuß oder mit dem Rad unternehmen oder einfach nur durch die hübschen und gepflegten Gassen bummeln. Die meisten Geschäfte und Restaurants liegen in der Unterstadt, direkt am lang gestreckten Ufer der Somme.
6 ausgedehnte Wanderrouten rund um St.-Valery-sur-Somme
Der gut erhaltene mittelalterliche, von Stadtwällen umschlossene obere Teil von Saint-Valery-sur-Somme ist den Aufstieg und die rigide eingeforderten (!) Parkgebühren auf jeden Fall wert. Bevor man die Oberstadt durch die Porte Guillaume betritt, wird man mit einem fantastischem Blick über die Bucht der Somme und auf das gegenüberliegende Le Crotoy belohnt. Einen Besuch wert ist auch das Herbarium in der rue Brandt. Bereits auf dem Weg zum Herbarium kann man in den rues fleuries die üppige Vegetation von einheimischen Pflanzen und Kräutern an den Rändern der Gässchen bewundern. Im erst 1995 von Freiwilligen aus der Stadt wieder zum Leben erweckten Herbarium findet man die Nachbildung des Klostergartens der ehemaligen Nonnen, die die Kranken im Hospital mit ihren selbst gezogenen Heilkräutern und Heilpflanzen pflegten.
Rues fleuries im Oktober ….
im Sommer eine Blütenpracht!
Kulinarisches aus der Picardie
In der Picardie ist der Einfluss des Nachbarlandes Belgien noch sehr deutlich zu spüren. Hier trinkt man lieber Bier als Wein und die berühmt-berüchtigten (Letzteres vor allem, weil sie so auf die Hüften gehen) Pommes frites finden sich auf jeder Speisekarte ganz oben, z. B. als die Klassiker Steak frites oder Moules frites (Muscheln mit Pommes ?!?).
Ein weiterer kulinarischer Klassiker aus der Picardie, mit dem auch ich mich inzwischen bestens angefreundet habe, ist der Chicorée. Auch der stammt ursprünglich aus Belgien, wird aber längst im großen Stil in Nordfrankreich, vor allem in der Bucht der Somme angebaut. Hier isst man die blassgrünen Knospen wie in den Nachbarländern Belgien und Holland gern gedünstet und mit einer weißen Cremesoße verfeinert. Außerdem kocht man, zumindest in der Picardie, gern eine fein-würzige Suppe daraus, die mit Bier abgeschmeckt wird.
Die Chicoréecremesuppe gelingt auch mit deutschem Bier
Klingt das für Ihren Gaumen ungewöhnlich? Ich gebe zu, dass ich beim ersten Mal, als ich über das Rezept “stolperte”, auch ein wenig skeptisch war. Inzwischen koche und esse ich das “bierbeschwipste” Cremesüppchen aus der Picardie (Velouté d’Endives) jedoch recht gern. Vielleicht haben Sie ja Lust, es an diesem Wochenende ebenfalls auszuprobieren. Hier folgt das Rezept:
Chicoréecremesuppe aus der Picardie
2 Schalotten 2 EL Butter 500 g Chicorée 350 ml Wasser 2 EL Speise-/ Kartoffelstärke 2 EL mittelscharfer Senf 2 TL Meersalz 3 – 4 MSP gemahlene Muskatnuss frisch gemahlener schwarzer Pfeffer 250 ml helles Bier oder alkoholfreies Bier 1 Bund Schnittlauch 200 ml Sahne Die Schalotten fein würfeln und in der Butter anschwitzen. Den Chicorée kurz abbrausen, halbieren und den bitteren Kern keilförmig herausschneiden. Danach die Chicoréehälften in Scheiben schneiden. Die Chicoréescheiben zu den Schalotten geben, mit dem Wasser übergießen und etwa 15 Minuten bei mittlerer Temperatur sehr weich kochen. Mit dem Pürierstab oder in der Küchenmaschine fein pürieren. Danach die Speise- oder Kartoffelstärke mit etwas Wasser anrühren und mit dem Senf, Salz, der Muskatnuss und dem Pfeffer in die Suppe rühren. Das Bier dazugeben und alles nochmals gut 10 Minuten köcheln lassen. In der Zwischenzeit den Schnittlauch kurz abbrausen, trockentupfen und in Röllchen schneiden. Ein paar Röllchen zur Dekoration beiseitelegen, den Rest zur Suppe geben. Die Sahne unterrühren und nochmals kurz köcheln lassen. Die Suppe auf Suppenteller verteilen, mit dem Schnittlauch bestreuen und servieren.Bierbeschwipste Chicoréecremesuppe aus der Picardie
Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, wünsche ich Bon appetit und ein schönes Wochenende.
Ihre Heike Kügler-Anger