Es ist gerade einmal fünf Jahre her, dass Vanessa Hudgens ihr filmisches High School Senior Year absolvierte. Und das mit einem Jungen, der Everybody’s Darling sein könnte, der perfekte Schwiegersohn. Nett, freundlich und zuvorkommend. Keinerlei Anzeichen von übermäßigen Alkoholkonsum oder anderweitigen bewusstseinserweiternden Substanzen. Vielleicht hat sich das auf dem College geändert, man weiß nicht wie es der Clique der „High School Musical“-Reihe aus dem Hause Disney ergangen ist, nachdem ihr Kino-Auftritt die Musicalreihe beendete. Schon in „Sucker Punch“ (Zack Snyder, 2011) zeigte sich Hudgens daraufhin so aufreizend freizügig, wie es niemand bei Disney jemals ertragen hätte. in Harmony Korines „Spring Breakers“treibt sie es nun auf die Spitze.
Asses. Bitches. Fuck. Diese Worte fallen so oft, dass ein entsprechendes Trinkspiel einen ähnlichen Absturz hervorrufen würde, wie es die Jugendlichen an der Küste Floridas erleben, wenn sie sich beim Spring Break die Kante geben. Der Regisseur macht seine vier Hauptdarstellerinnen – neben Hudgens: Ashley Benson („Pretty Little Liars“), Selena Gomez („Die Zauberer vom Waverly Place“) und Regisseur-Ehefrau Rachel Korine – zur ungezogensten Form von amerikanischen Teenagerinnen, die weder davor zurückschrecken ein Diner zu überfallen um das nötige Geld für ihren Trip an die Westküste zusammen zu bekommen, noch sich dem unkontrollierten Drogenkonsum hinzugeben, der an der Küste Floridas von Gangleadern wie James Francos Alien gefördert werden. Dieser mimt einen gänzlich anderen Lover für Hudgens, mit silbern glänzenden Zähnen, Rastalocken, immer ein wenig wahnsinnig seine Knarren in der Luft umher schwingend.
Selena Gomez
Von James Franco bekommt man aber erst im zweiten Teil des Films etwas zu sehen, zuerst verfolgt man die vier Ladies, mit dem Fokus auf Selena Gomez. Sie, mit dem wegweisenden Namen Faith, ist der Außenseiter in der Girl-Gruppierung. Brav geht sie zum regelmäßigen Gebet, sucht das Abenteuer, lässt es aber auch am schnellsten wieder hinter sich. Hier tritt das erste von vielen Problemen des Films in Erscheinung. Harmony Korine wechselt immer wieder seinen Fokus. Mal glaubt man, die Geschichte von Faith erzählt zu bekommen, wie sie mit ihren bösen Freundinnen auf einen Streifzug durch die Kriminalität geht, nur um dann mit Tränen auf der Wange, den Kopf am Busfenster gelehnt, frühzeitig die Handlung zu verlassen. Dann erzählt der Film auf einmal von Alien, nicht ganz zu Unrecht so benannt. James Franco auf einer Bühne stehend, am Hip Hoppen, wenn man es denn so nennen möchte, immer ein „Yo“ vor seine Sätze stellend. Er holt die vier Mädels in ihrer größten Not aus dem Knast, zeigt sich als finanziell starker Drogenboss, der sich einen hartnäckigen Kampf mit einem ehemaligen Freund, nun Erzrivalen um die Straßen Floridas liefert. Und kurz vor Ende des Films übernehmen dann doch noch schnell Brit (Ashley Benson) und Candy (Vanessa Hudgens) die Hauptrollen, greifen selbst zu den Waffen und liefern einen gänzlich unglaubwürdigen Feldzug der Vergeltung ab, bei dem sie kaum bekleidet, mit pinken Skimasken, bestickt mit kleinen süßen Einhörnern, eine ganze Armee von waffenkundigen Gangstern ausschalten, die konsequent daneben schießen.
Aber so lange das alles stylisch ausschaut, scheint der Regisseur eine gute Ausrede für seinen Schaffensprozess zu haben. Leicht bekleidete Mädchen, die einen zwanghaften Drang haben, alles was auch nur ansatzweise die Form eines Penis hat in den Mund zu stecken, die sich in jeder sich bietenden Gelegenheit aufreizend räkeln, ganz gleich ob in einem Hausflur oder auf dem Parkplatz eines Supermarktes und die einen Wortschatz haben, der durchweg aus Beleidigungen – auch gegen sich selbst gerichtet – zu bestehen scheint. Schon in den ersten Sekunden von „Spring Breakers“ gibt es nackte Brüste zu sehen, so ist das eben beim Spring Break. Oder aber man folgt den Worten von Faith, die aus dem Off einmal schwärmt: „Wie schön es doch ist einmal der wirklichen Welt zu entfliehen“. Dann passt es auch wieder, wenn die Mädchen davon sprechen, sich einmal wie in einem Videospiel zu verhalten, so zu sein wie die Personen, die sie aus Filmen kennen. Mit diesen Worten im Hinterkopf, könnte man „Spring Breakers“ gerade noch so als überspitzt-cartoonesk sehen. Dann würde sich auch der teils Kopfschmerz-erregende Schnitt erklären. Immer wieder zeigt der Film dieselben Szenen, man hört die gleichen Dialoge, immer in anderen Bild/Ton-Kombinationen. Die Geschichte springt vor und zurück, es ist ein Puzzle, möchte man das Geschehen in eine chronologische Reihenfolge bringen. Auch wenn die vier Mädchen „…Baby One More Time“ singen und James Franco am Klavier mit „Everytime“ von Britney Spears glänzt, wäre es doch zu nett diesen Filmstil der Musikclip-Ästhetik zuzuordnen.
James Franco
Das einzige was Korine bewirkt, ist eine vorschnelle Ermüdung. Zu extrem stellt er seine Figuren dar, zu sehr nutzt er ein provozierendes Vokabular, als dass er den entsetzten Schock hervorrufen würde, den er offenbar bezweckt hatte. „Spring Breakers“ ist kein„Kids“ (Larry Clark, 1995), ist weit entfernt von dem dortigen realitätsnahen Jugendleben, welches wirklich zu schockieren wusste. Korines Film ist ein buntes, sich immer wiederholendes Popspektakel, willkürlich zusammen gesetzt, ohne dabei etwas zu erzählen. Selena Gomez, die noch am weitesten mit Disney verwurzelte Dame, sowie James Franco, einer der talentiertesten und in diesem Jahr beschäftigsten Schauspieler (u.a. „Die fantastische Welt von Oz“, „Lovelace“, „Maladies“) Hollywoods schaffen es noch am ehesten ihren jeweiligen Figuren ein paar sehenswerte Momente zu geben, während das restliche Dreiergespann – Hudgens, Benson und Frau Korine – kaum zu unterscheiden ist, einen Brei aus gelangweilten, zu kriminellen Akten fähigen Girlies abgibt.
“Spring Breakers“
Originaltitel: Spring Breakers
Altersfreigabe: ab 16 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA / F, 2012
Länge: ca. 93 Minuten
Regie: Harmony Korine
Darsteller: Vanessa Hudgens, Selena Gomez, Ashley Benson, Rachel Korine, James Franco, Gucci Mane
Deutschlandstart: 21. März 2013
Im Netz: springbreakersmovie.com