Sozialismus ist schlecht für die Umwelt

Wenn man derzeit über den Alexanderplatz geht, ist es schwierig, all den jungen, engagierten Menschen auszuweichen, die für allerlei Vereine werben, die angeblich gute Dinge tun und deshalb mit Spenden unterstützt werden wollen. Tierschutzverein, Malteser-Hilfsdienst, Unicef, Amnesty International oder NABU – allein an der Anzahl dieser Organisationen lässt sich ablesen, dass auch in fortgeschrittenen, freiheitlich-demokratische Gesellschaften nicht alles zum Besten steht und Tiere, die Natur oder auch Kinder noch besonders geschützt werden müssen. Weil das keine Selbstverständlichkeit ist, wie man doch eigentlich vermuten sollte. Während ich anderen auswich, lief ich einem großen jungen Mann in die Arme, der meinte, dass ich doch ein paar Minuten und vor allem Euro für den Naturschutz übrig haben müsse.

Nun habe ich als Nichtbesondersgutverdiener ohnehin eine ziemlich gute CO2-Bilanz, ich habe kein Auto (aber zwei Fahrräder), kann mir keine Flugreisen leisten und sehe zu, dass ich Strom- und Heizungsrechnung möglichst klein halte. Ich brauche auch keine Weine aus Australien oder Südafrika, die einheimischen Sorten schmecken nämlich auch. Umwelttechnisch gesehen ist arm sein gar nicht schlecht, es ist ja immer wieder mal zu lesen, dass typische Ökoladenkäufer, die regelmäßig ihr Ferienhaus in der Toskana oder auf Kreta aufsuchen, keine besonders gute Ökobilanz haben – ein gewisser Lifestyle ist eben nicht gut für die Umwelt. Da hilft es auch nicht, wenn man mit der Familienkutsche einmal die Woche von Berlin zum Ökohof in die Uckermark fährt, um die Gemüsekiste selbst abzuholen. Aber das nur am Rande.

Dem engagierten Nabujungmensch war das aber nicht genug. Okay, meinte ich, für besonders effektiven Umweltschutz könnte ich ja einfach das Atmen einstellen. Ach, das bisschen CO2, das ich ausatmen würde, das bringts doch nicht, meinte er.

Aber klar doch insistierte ich, denn es ginge ja nicht um das, was ich ausatme, sondern um all das andere drumrum. Das ganze Leben mit Kühlschrank und Waschmaschine, Stromrechnung, Internet, Klamotten, Essen, Heizung und so weiter. Da käme selbst bei mir noch einiges zusammen. Das bisschen Naturschutzgebiet hier und eine Vogelzählung dort, das fände ich ja auch ganz nett, aber für echten Naturschutz brauche es einen Systemwechsel.

Wie jetzt, Systemwechsel?! Der junge Mensch blickte verwirrt.

Nun ja, dieser Kapitalismus, diese ganze Marktwirtschaft, mit Überproduktion und Ressourcen-verschleudern, die überhaupt nur funktioniert, wenn es ständig von allem immer mehr gibt, die sei doch das Problem. Und nicht ein paar alte Bäume, die man für einen neuen Bahnhof umlegt. Und auch nicht ein paar Negerkinder in Afrika, von denen es angeblich auch zu viel gebe.

„Aber in der DDR war doch alles noch viel schlimmer!“ entgegnete mir der NABU-Typ irritiert. „Im Sozialismus gabs doch noch viel weniger Umweltschutz und viel mehr Dreck!“ Insofern sei ein Systemwechsel doch auch keine Lösung. Dann doch lieber eine Mitgliedschaft beim NABU!

Interessant, dachte ich, diese Art der Propaganda haben noch immer alle drauf. Dabei war mein Gesprächspartner garantiert erst nach dem Ende der DDR auf die Welt gekommen. Ich erklärte, dass ich gar nicht behaupten wolle, dass es in der DDR besseren Umweltschutz gegeben hätte. Aber man müsse schon bedenken, dass der Westen die Dreckarbeit in andere Länder verlagern würde, was der DDR so gar nicht möglich gewesen wäre. Die mussten zum einen auch die Dreckarbeit selbst machen und dann auch noch ihren Müll in die eigene Landschaft kippen – die konnten ihn mangels imperialistischer …. äh, internationaler Beziehungen nicht einfach nach Afrika oder sonstwohin schaffen….

Leider verlor der jungen Mann an dieser Stelle die Geduld, weil ihm klar wurde, dass ich weder etwas unterschreiben noch etwas spenden würde.

Somit endete das Gespräch gerade als es interessant wurde. Der NABU hat genau die Mitglieder, die er verdient.



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