Sozialauswahl: Das Alter zählt

Lassen sich betriebsbedingte Kündigungen nicht mehr vermeiden, muss der Arbeitgeber im Rahmen der Sozialauswahl bestimmte Kriterien berücksichtigen, die wiederum unter Beurteilung des Einzelfalls gewichtet werden. Wie allerdings die vier wichtigsten – Dauer der Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung – einzuschätzen sind, war bislang eher unklar. Häufig wurden Familien besonders berücksichtigt und dabei auch das Alter der Kinder einbezogen. Doch das Landesarbeitsgericht Köln hat entschieden, dass Unterhaltspflichten gegenüber einem höheren Lebensalter geringeren Stellenwert haben können. Im Urteilsfall ging es um zwei etwa gleich lang beschäftigte Mitarbeiter, wobei der eine 53-jährig, verheiratet und kinderlos war, sein Kollege ein 35 Jahre alter verheirateter Vater zweier Kinder. Der Arbeitgeber kündigte dem Älteren, wogegen dieser klagte.

Die Richter erklärten die Kündigung des älteren Arbeitnehmers für unwirksam, da zwar die vier Kriterien des § 1 Abs. 3 Satz 1 KSchG grundsätzlich gleichrangig seien, der Wertungsspielraum, den der Arbeitgeber habe, allerdings keine Willkür zur Folge haben dürfe. Die sei hier jedoch gegeben, da der Arbeitgeber seinen Wertungsspielraum überschritten habe. Der Kläger habe klar schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt, sein jüngerer Kollege dagegen dank seiner Qualifikation und Berufserfahrung als Führungskraft wohl keine Probleme, eine neue Anstellung zu finden. Dies hätte der Arbeitgeber in Erwägung ziehen müssen und die Unterhaltspflichten geringer werten als das Lebensalter (LAG Köln, Az.: 4 Sa 1122/10).


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