Man stelle sich vor: Ein Steak, innen durchgängig rosa leuchtend, voll aromatischem Fleischsaft – außen scharf angebraten mit der nötigen Dosis Röstaromen. Und nun mache man sich Folgendes bewusst: Fisch und Fleisch so zu behandeln, dass sie ausnahmslos und immer derart perfekt gelingen ist eigentlich total leicht – sofern man sich der Sous-vide-Garmethode bedient. Sie bringt edlen Zutaten den nötigen Respekt entgegen und schmeichelt den sensiblen Zellen, was jede einzelne Zutat mit vollem Geschmack und perfekter Konsistenz zurückzahlt. Der Haken an der Sache: Das Profi-Equipment für diese Garmethode ist für Hobbyköche nicht bezahlbar. Wir zeigen euch deshalb was sich hinter Sous-vide verbirgt und wie man auch mit simpelster Küchenausstattung eine kleine Sous-vide Station in der Küche aufbauen kann. Von David Seitz
Ja was ist das denn eigentlich, dieses so blumig umschriebene Sous-vide-Verfahren, wird sich der ein oder andere nun fragen. Deshalb genug der schwärmenden Worte, mehr Sachlichkeit bitte. Die Zellstruktur von Fleisch, Fisch und Gemüse ist – wie bei jedem organischen Stoff – sehr empfindlich, weshalb hohe Temperaturen schnell einen großen Schaden daran anrichten können. Konkret bedeutet das beim Kochen: Das Fleisch wird trocken und zäh, Gemüse geschmacklos und matschig. Um diese ungewollte Reaktion zu vermeiden haben Köche vor Jahrzehnten bereits damit begonnen, Lebensmittel bei niedrigen Temperaturen zu Garen. Speziell das Niedrigtemperaturgaren im Backofen hat in den letzten Jahren auch in Familienküchen Einzug gehalten. Bei Temperaturen zwischen 55 und 70 Grad (je nach Fleisch) gart dabei ein großes Stück Fleisch für lange Zeit im Ofen, nachdem es vorher kurz scharf angebraten wurde. Das Ergebnis ist im Optimalfall ein Braten, der außen knusprig und innen gleichmäßig rosa und saftig geblieben ist. Der Nachteil beim Niedrigtermperaturgaren im Ofen: Trotz der niedrigen Temperatur entweicht Flüssigeit, außerdem macht diese Methode nur bei größeren Fleischstücken wirklich Sinn.
Die Sous-vide-Methode arbeitet nach dem selben Prinzip: Zutaten bei möglichst niedriger Termperatur, möglichst schonend zu garen. Geraume Zeit galt Sous-vide als Geheimtipp, von Vorreitern der Molekularküche wurde sie jedoch schon lange als DIE schondendste Garmethode gepriesen. Die Bezeichnung selbst – Sous-vide – steht dabei für das wichtigste Untensil: Einen Vakuumbeutel (le vide = das Vakuum). Denn im Gegensatz zur bislang so bewährten Methode des Garens im Ofen, garen die Zutaten bei der Sous-vide Methode im Wasserbad, verschweißt in einer Vakuumverpackung. Die hat den unschlagbaren Vorteil, dass keinerlei Flüssigkeit entweichen kann – speziell das Fleisch gart so im eigenen Saft und verliert kein wertvolles Aroma. Durch die Temperaturkontrolle des Wassers, kann eine sehr präzise Gartemperatur eingehalten werden. In der Spitzengastronomie kommen deshalb spezielle Vakuumierer und Thermalisierer zum Einsatz, die einerseits der Vakuumpackung jegliche Luft entziehen, andererseits das Wasser bis auf eine Dezimalstelle hinter dem Komma genau temperieren können.
Es mag zwar etwas unsexy klingen, denn das Bild vom Steak auf dem rauchenden Grill ist zugegebenemaßen ansprechender, doch immer mehr Spitzengastronome setzen auf das Garen im Vakuumbeutel – mit gutem Grund: Die unerwünschten Effekte, die beim Garen von Lebensmitteln normalerweise eintreten, können beim Sous-vide-Garen auf ein absolutes Minimum reduziert werden. Fleisch und Fisch ziehen sich nicht zusammen und drücken demenstprechend wenig Flüssigkeit nach außen, die Stücke bleiben in Form und verlieren nur minimal an Gewicht. Zudem ist die Methode extrem zuverlässig. Wählt man einmal die richtige Wassertemperatur, ist ein Übergaren schlicht nicht mehr möglich, es kommt nicht auf entscheidende Sekunden oder Minuten der Hitzeeinwirkung an – perfekte Ergebnisse lassen sich wie am Fließband reproduzieren.
Doch nun zum Punkt: Wie lässt sich diese so verheißungsvolle Zubereitungsart auch in der Küche des Hobbykochs rekonstruieren? Was das Sous-vide-Garen zu einem so teuren Spaß macht sind letztlich die zwei bereits erwähnten Geräte – der Thermalisierer und der Vakuumierer. Deren Aufgaben gilt es zu ersetzen, was mit ein wenig Geduld und Kreativität problemlos gelingen kann.
1. Das Vakuumieren
Profiköche setzen zum Vakuumgaren spezielle Beutel ein, die eigens für den Einsatz im heißen Wasser produziert wurden. Diese Beutel sind teuer, deshalb greifen wir zu simplen Gefrierbeuteln. Die werden oftmals auch mit heißen Flüssigkeiten befüllt bevor sie in der Truhe landen und müssen hohe Temperaturen abkönnen. Sicherheitshalber sollte man sich vorher aber vergewissern, dass die Gefrierbeutel auch tatsächlich hitzebeständig sind, damit bei den hohen Temperaturen keine giftigen Inhaltsstoffe aus dem Kunsstoff entweichen – im Zweifelsfall sollte man kurz die Service-Hotline des Tütenherstellers anrufen. Nun legt man Fleisch/Fisch/Gemüse auf den Boden des Beutels, fasst die Öffnung des Beutels oben zusammen und nimmt sie komplett in den Mund. Mit zwei kräftigen Lungenzügen hat man die komplette Luft aus dem Beutel gesaugt, den man nun zwei bis dreimal eindreht und mit einer Wäscheklammer oder einer Gefrierbeutelklammer verschließt. Im Gegensatz zum Profi-Vakuumierer wird man niemals 100% der Luft aus dem Beutel saugen können, aber ein minimaler Rest schadet dem Ergebnis nach unserer Erfahrungen nicht. Dass genügend Luft “abgesaugt” wurde erkennt man daran, dass sich die Tüte von außen an das Fleisch “klebt”.
2. Das Temperieren
Unabdingbar für ein bequemes Temperiern des Wassers ist ein Bratenthermometer, das die Temperatur des Wassers im Topf misst. Mit ein wenig Übung hat man das Wasser mit Hilfe der Herdplatten in kürzester Zeit auf Wunschtemperatur temperiert – im Notfall kann man mit kaltem Wasser entgegenwirken.
3. Das Garen
Ist die gewünschte Temperatur erreicht legt man den Vakuumbeutel mitsamt Füllung in das heiße Wasser – so, dass die Öffnung oben aus dem Wasser ragt. Von nun aan sollte man ab und zu die Temperatur des Wassers kontrollieren, diese sollte möglichst gleich bleiben. Diese permanente Kontrolle spart sich der Besitzer eines Themalisierers. Bei Fleisch oder Fisch empfiehlt es sich nach Ende des Garvorgangs das Steak bzw. Filet kurz bei höchster Temperatur anzubraten um die Maillard-Reaktion hervorzurufen. Sie erzeugt die Röststöffe und so auch den charakteristischen Geschmack.
Die Gardauer hängt von Inhalt und Größe der zu garenden Lebensmittel ab, unsere Erfahrungswerte werden wir aber sukzessive hier bekannt geben. Die Ergebnisse waren bisher durchweg überzeugend. Zitat einer koch-erfahrenen Mutter: “Das mach’ ich nie wieder anders.” (ungelogen)
Bisher getestet:
- Lachsfilet, 200 Gramm: 18 Minuten bei 57 Grad
- Rinderhüfte/Rumpsteak, 250 Gramm: 50 Minuten bei 55 Grad