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Zum unnötigen Sommer-Schul-Stress, über den ich letzte Woche berichtet habe, gesellt sich heutzutage ein weiteres Phänomen dazu, dass es so in meiner Kindheit auch noch nicht gab: Der Lehrpersonen-Verabschiedungs-Stress.
Es reicht nicht mehr, die Lehrperson nach Abschluss der Unter- oder Mittelstufe einfach mit einem geselligen Beisammensein zu verabschieden. Nein, heute muss man sich auch in Sachen Abschiedsgeschenk etwas ganz besonders Ausgefallenes einfallen lassen. Ein von Herzen kommendes, aber nur mündlich ausgesprochenes Dankeschön zum Abschied gekoppelt mit einem aufrichtigen Händedruck reichen leider nicht mehr. Auch Luftballone oder Bäumchen, an welche die SchülerInnen ihre Dankeskärtli hängen, hauen heute niemanden mehr aus den Socken. Heute ist auch aus Verabschiedungen ein Wettbewerb um das coolste Abschiedsgeschenk ever entstanden. Diesen Wettbewerb führt derzeit wohl eine 6. Klasse aus Watt an, die ihrem Lehrer gar einen Rap produziert hat, ultracooles Video inklusive, das den Lehrer nur so zu Tränen gerührt hat.
Absolut nichts gegen den Lehrer, der dieses krasse Abschiedsgeschenk bestimmt verdient hat und Hut ab vor den Schülern, die dieses Projekt so toll umgesetzt haben, wirklich. Mir blieb schliesslich auch die Spucke weg, als ich den entsprechend gut inszenierten, absolut medienwirksamen Beitrag auf Tele Züri sah. Aber die Spucke blieb mir auch deshalb weg, weil die Federführung wie so oft bei solchen Stressthemen bei ein paar Müttern lag, die – böse Zungen könnten das jetzt behaupten – sich damit vielleicht in erster Linie selber profilieren wollten. Der nächste Klassenzug dieses Lehrers (bzw. dessen arme Eltern) kann sich jedenfalls schon mal bei diesen eifrigen Müttern bedanken, denn: Was müssen sich die nächsten Schüler nun einfallen lassen, um dieses bombastische Abschlussgeschenk zu toppen und ihre Dankbarkeit noch „besser” unter Beweis zu stellen?
immer mittwochs im Tagblatt der Stadt Zürich
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