Autor: Benjamin von Stuckrad-Barre
Genre: Gegenwartsroman, Drogengeschichte
Verlag: KiWi
Umfang: 245 Seiten
ISBN: 9783462027693
Kein Kult ohne Koks
Das Phänomen ist allgemein bekannt: Bands entstehen, feiern Erfolge, lösen sich wieder auf und jeder startet sein eigenes Soloalbum, was nicht annähernd an alte Hits anknüpfen kann. Ähnlich ist es mit der Liebe: Nach einer Beziehung kommt das erste Soloprojekt mehr schlecht als recht daher. Der Ich-Erzähler von „Soloalbum“ wurde von Katharina sitzen gelassen und merkt natürlich erst jetzt, wie toll es mit ihr war. Oder nicht? Eigentlich waren sie sich ja nie sonderlich treu. Aber ihrer Abwesenheit die Schuld für sein miserables Leben zu geben, ist einfacher als sich über das miserable Leben Gedanken zu machen. So verschiebt sich die Verantwortung für das egozentrisches Sein.
Denn mal ehrlich: Der Ich-Erzähler ist nicht nur motivationslos und desillusioniert, er verschwendet auch seine Energien an Sex, Drogen und Rockmusik. Gut, wenigstens das mit der Musik beweist, das er an seinem Leben hängt. Ansonsten macht er sich viele Gedanken über sein Äußeres, denn er hat Pickel, einen Bauchansatz und ein Doppelkinn. Nichts ist perfekt in seinem Leben, nur das Suhlen in Selbstmitleid gelingt ihm gut. Manchmal ruft er Katharina noch an. Manchmal nehmen ihn seine Freunde mit auf Partys. Meistens liegt er im Bett und fällt in einen Strudel aus Erinnerungen und Erlebnissen. Oft beobachtet er auch einfach nur. Und das kann er schon ziemlich gut. Beobachten und seine Beobachtungen verurteilen. Alfred Biolek zum Beispiel, der ständig im TV läuft. Oder die ganzen Talkshowformate, die in den 90er so modern waren. Am Ende ist es mit dem Liebeskummer wie immer: Die Zeit heilt alle Wunden. Sein Leben in Hamburg (später München) bleibt trotzdem relativ abgefukt.
Spätestens seit „Panikherz“ lassen sich durchaus Parallelen zum Autor ziehen. Die Drogensucht. Der Diätwahn. Die Musikliebe. Und wie von Stuckrad-Barre nicht anders zu erwarten ploppen Gedankengänge auf, die nicht zu erwarten sind, und überraschen mit Wortwitz sowie Boshaftikeit. Dennoch: Manchmal hätte dem Buch mehr Handlung gut getan. Der Ich-Erzähler nervt nicht nur sich selbst, sondern irgendwann auch den Leser. Und der klassische Spannungsbogen von Entwicklung-Verknotung-Auflösung ist so flach wie kaum denkbar.
Fazit: Für Liebhaber der 90er, Rockmusikfans, Popkulturenthusiasten. Eine Liebesgeschichte findet ihr woanders.
Bewertung: 5 Rubine von 10
Als wir uns liebte, liebten wir uns selbst nicht
Das Phänomen ist allgemein bekannt: Bands entstehen, feiern Erfolge, lösen sich wieder auf und jeder startet sein eigenes Soloalbum, was nicht annähernd an alte Hits anknüpfen kann. Ähnlich ist es mit der Liebe: Nach einer Beziehung kommt das erste Soloprojekt mehr schlecht als recht daher. Ben wurde von Katharina sitzen gelassen und merkt natürlich erst jetzt, wie toll es mit ihr war. Ohne sie hat er keinen Elan mehr für den Job und für das Leben in Berlin. Doch er hat Freunde, die mit Hustensaft und Tat zur Seite stehen.
Ben kriegt auch irgendwann die Kurve, suhlt sich nicht mehr, sondern zeigt den Willen sich aufzuraffen. Deshalb versucht er es mit Nadja, wie Naja mit einem „d“ dazwischen. Aber es ist eben nicht wie mit Katharina. Für ihn steht fest: Er muss seine große Liebe zurückgewinnen. Und dafür lässt er nichts unversucht. Er übertreibt und geht über Grenzen, schießt über das Ziel hinaus und erlangt dann doch noch Einsicht.
Wenn ihr eine Liebesgeschichte sucht, seit ihr hier richtig.