So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt von Maike Voß

In den allermeisten Fällen sprudeln mir während des Lesens eines Buches bereits einzelne Sätze bis hin zu ganzen Absätzen darüber durch den Kopf, was ich euch über das Buch erzählen möchte. Nicht so bei So fühlt es sich also an, wenn ein Glühwürmchen stirbt. Es ist nun weit über 4 Wochen her, dass ich die letzte Seite gelesen und das Buch zugeklappt habe und noch immer habe ich es nicht geschafft, alles sacken zu lassen und meine Gedanken vernünftig dazu ordnen. Doch es wird langsam Zeit für diese Rezension und selbst, wenn ich noch nicht weiß, wohin mich das fleißige Tippen heute führt, kann ich euch eines ganz sicher sagen: so richtig spoilerfrei wird es dieses Mal vermutlich nicht. Wer also wirklich gar nichts über die Handlung wissen möchte, sollte nach dem Inhalt direkt zum Fazit springen.

Erschienen: Februar 2019 im bold Verlag | Format: brochiert/Hörbuch | Seiten: 304
Spoilergefahr: Ja! | 5 von 5 Fläschchen

Meine Meinung als Podcast:

Inhalt
Viola und Leon sind beste Freunde. Bis sie die Nacht miteinander verbringen und sich plötzlich alles ändert. Viola flüchtet, löscht sich aus Leons Leben und lässt diesen ratlos zurück. Warum hat sie das getan? Hat er etwas falsch gemacht? Auf der Suche nach Antworten und seiner großen Liebe Viola dreht er jeden Stein um und erfährt dabei Dinge, die er lieber niemals gewusst hätte ..

Liebe mal anders
Ihr habt den Klappentext gelesen und denkt, euch erwartet hier eine süße Liebesgeschichte? Dann tut es mir leid für euch, denn diese Illusion muss ich euch nehmen. Zwar findet sich auf den Seiten durchaus Liebe, ja, sogar eine Liebesgeschichte, doch ist diese weder süß noch von Hach-Momenten durchzogen. Vielmehr hat sich Maike Voß hier der hässlichen, zerstörerischen Seite der Liebe gewidmet und das auf eine Art, die unter die Haut geht. Dadurch, dass sich Viola und Leon kapitelweise abwechseln, kommt man als Leser beiden nahe, lauscht ihren Gedanken, taucht gemeinsam mit ihnen in Erinnerungen ab, fühlt ihren Schmerz, ihre Verzweiflung, Angst und Sehnsucht. Das Besondere hier: während ich den beiden anfangs noch die Daumen gedrückt habe, kam bald darauf der Punkt, ab dem ich mir gewünscht habe, sie würden nicht mehr zueinander, sondern getrennt ihr Glück finden. Bei all den Liebesgeschichten, die ich in meinem Leben bisher gelesen habe, kann ich mich nicht erinnern, mir jemals so etwas in diesem Ausmaß gewünscht zu haben. Auch in dieser Hinsicht ist das Buch also für mich ein Besonderes gewesen. Aber Maike Voß hat die Entwicklung der Beziehung, die Zweifel, die Ängste und die Vorgeschichte der beiden auch so gut ausgearbeitet und so realistisch dargestellt, dass ich mich während des Lesens nicht als Leserin fühlte, sondern als die Freundin der beiden, die hautnah miterleben muss, wie sich die Zwei quälen und sich einfach nur wünscht, dass das endlich aufhört.

Viola und Leon
Der Fokus liegt in So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt ganz klar auf den beiden Protagonisten und ihrer Liebe zueinander. Sicher, hier und da erscheinen auch mal andere Figuren auf der Bildfläche, mit denen kurze Unterhaltungen geführt werden, aber sie spielen zu keinem Zeitpunkt eine zentrale Rolle, sondern sind eher eine Art Garnitur, um der Geschichte abzurunden und ihr ein bisschen mehr Würze zu verleihen. Dadurch war es mir auch nicht wichtig, ob mir die Nebenfiguren zusagen - was sie taten! - und ob ich sie ins Herz schließe - was ich nicht getan habe! -, denn wichtig waren einzig und allein Viola und Leon und ich mochte beide sehr. Sind sie auf den ersten Seiten der Geschichte noch einfach nur Freunde, merkt man bald, dass sich hinter der Fassade tiefere Gefühle verbergen. Gefühle, die sie zwar beide teilen, doch durch Traumata in die Ecke gedrängt werden, wodurch Viola und Leon die rosarote Brille, das Schweben auf Wolke 7 und ein Happy Ever After - erstmal? - verwehrt bleiben. Mehr noch: man erlebt die Zwei die meiste Zeit über ohne den jeweils anderen, wodurch reichlich Raum für innerliche Kämpfe, Kurzschlussreaktionen, Hoffnungslosigkeit, pure Verzweiflung, Aufgabe und die Vorgeschichte bleibt. Das führte zwar dazu, dass der Geschichte jeglicher Funken Leichtigkeit fehlte, doch gewann sie dadurch an Authentizität, Drama und Tiefe.

Kurzum
So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt klingt süß, ist es aber nicht. Auf keiner einzigen Seite. Man sollte sich da auch nicht von dem modern-lockeren Schreibstil und täuschen lassen, denn die Masse der Worte wiegt schwer und schafft eine melancholische, hoffnungslose Grundstimmung. Wer also auf der Suche nach einer Liebesgeschichte mit einer ordentlichen Portion Hach-Momenten ist, wird hier nicht glücklich werden. Wer jedoch etwas darüber lesen möchte, wie Liebe und Sehnsucht einen Menschen innerlich auffressen und zerstören kann, der findet in So sieht es also aus, wenn ein Glühwürmchen stirbt vielleicht genau die richtige Lektüre.

Weitere Meinungen zu dem Buch: Eulenmatz liest | Kielfeder-Blog | Buchstabenträumerei


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