So liegen die Dinge

Auf dem Salontisch liegt “Melnitz”. Seit Wochen schon aufgeschlagen auf der gleichen Seite wartet der Schinken darauf, bis ich endlich Zeit finde, ihm die Aufmerksamkeit zuteil werden zu lassen, die er verdient hat.

Auf dem Küchentisch liegt das angefangene Vorderteil einer Strickarbeit, die irgendwann zu Luises Strickkleid werden soll. Das Rückenteil ist zwar bereits geschafft, aber das hilft auch nichts, wenn das Vorderteil langsamer wächst als Luise.

Vor der Wohnungstüre liegt ein Berg von Winterjacken, der Besuchern den Eindruck vermittelt, Vendittis liessen sich nun voll und ganz gehen. In Wirklichkeit hat sich nur der neue Kleiderständer gehen lassen, aber das glaubt natürlich keiner, der je gesehen hat, zu welchem Chaos wir fähig sind.

In der Küche liegt ein Kistchen voller Bitterorangen, die darauf warten, endlich zu Marmelade verarbeitet zu werden. Währenddem sie immer kleiner und unscheinbarer werden, wächst mein Frust ins Unermessliche, weil ich mich beim Kauf so sehr darauf gefreut hatte, wieder hausgemachte Bitterorangen-Marmelade auf den Toast zu schmieren.

Auf dem Bürotisch liegt die Steuererklärung, die ich dieses Jahr unbedingt vor dem Abgabetermin einreichen will. Einfach, um mir selbst zu beweisen, dass ich das kann, wenn ich nur richtig will.

Auf meinem Gewissen lastet der Gedanke, dass noch immer nicht alle Kinder ihre versprochene Bestechung – also, ich meine natürlich Belohnung – für für ihr Wohlverhalten bekommen haben.

Auf der Festplatte meines Laptops liegen zwei Manuskripte, die ganz dringend weiterbearbeitet werden wollen. 

Ums Haus herum liegt Schnee, den ich unbedingt wegschaufeln sollte, damit sich nicht doch noch irgendwann einer ein Bein bricht.

Tag für Tag bleibt liegen, was ich müsste oder zumindest möchte, denn Morgen für Morgen klopft das Leben an meine Tür und stellt mich vor Herausforderungen, mit denen ich nicht im Traum gerechnet hatte. Wie naiv war ich doch gewesen, zu glauben, mein Leben werde etwas geordneter und überschaubarer, wenn ich nicht mehr ausser Hause arbeite. Wie dumm von mir, zu erwarten, ich könnte irgendwann wieder damit zurückfahren, mich rund um die Uhr nach den Bedürfnissen meiner Mitmenschen zu richten, nachdem ich genau dies habe lernen müssen, als ich Mutter wurde.

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