Feier an einem Misa de Aguinaldo © ruurmo, creative common license 2.0, via flickr
Wenn in Venezuela die Weihnachtszeit beginnt, dann hört man nachts auf einmal Musik auf den Straßen. Gruppen von Sängern ziehen von Haus zu Haus, klopfen an Türen und tragen traditionelle Weihnachtslieder vor
– die Aguinaldos. Sie handeln von der Geburt Jesu und werden von traditionellen Instrumenten wie Tamburin, Rassel, Furruco (Trommel) und Cuatro (vierseitige Gitarre) und Charrasca (kleine Gitarre) begleitet. Im Westen Venezuelas heißen die Weihnachtslieder Gaitas. Sie haben afrikanische Einflüsse und laden mit rhythmischen Trommelklängen zum Tanzen ein. Heutzutage veranstaltet man Gaita-Festivals in ganz Venezuela.
Die Weihnachtsferien beginnen in Venezuela bereits Anfang Dezember, damit auch die Schüler vor Weihnachten mehr Zeit mit der Familie verbringen und bei allen Vorbereitungen helfen können. Die Venezolaner stehen früh auf, um sich den Weihnachtsvorbereitungen zu widmen. Jeder Morgen eines Dezembertages wird Misa de Aguinaldo genannt. Es gibt auch morgendliche Veranstaltungen, die sogenannten Patinatas. An diesen Feiertagen werden beispielsweise in der Hauptstadt Caracas ganze Straßenzüge für den Verkehr gesperrt. In diesen freigehaltenen Zonen können Jugendliche Rollschuhlaufen und Skaten, es werden weihnachtliche Theaterstücke aufgeführt und Musik gespielt.
Hallacas; gefüllte Teigtaschen in Bananenblätter gewickelt © Javier Lastras, creative common license 2.0, via flickr
Neben Musik und Tanz spielt selbstverständlich auch das Essen eine wichtige Rolle. Das venezolanische Nationalgericht ist die Hallaca – eine mit Fleisch und Gemüse gefüllte Teigtasche aus Maismehl, die in Bananenblätter eingewickelt wird. Dieses kulinarische Meisterwerk spiegelt die multikulturelle Geschichte Venezuelas wieder. Die Bananenblätter beispielsweise wurden von den Afrikanern und den Indios als Verpackung von Speisen verwendet. Zur Färbung der Teigtasche wird Onoto benutzt. Dieser Farbstoff wird aus den Samen des Anottobaumes gewonnen, der in den Tropenwäldern der Karibik, Zentralamerikas und im Westen Südamerikas beheimatet ist. In der Verwendung dieses Farbstoffes kommt die indianische Vergangenheit zutage. Die Füllung mit Hühner-, Rind- und Schweinefleisch, Oliven, Kapern und Rosinen hingegen ist spanisches Erbe. Jede Familie hat ihr spezielles Rezept für Füllung und Teig und alle helfen bei der aufwendigen Zubereitung mit. Es ist Tradition, die Hallacas am Weihnachtstag zwischen den Familien auszutauschen. Als Beilagen gibt es üblicherweise Pan de Jamón – ein gerolltes Schinkenbrot, ähnlich wie ein Strudel – und Kartoffelsalat.
Nacimiento; Auschnitt einer lebende Krippe © ruurmo, creative common license 2.0, via flickr
Auch in Venezuela darf der Weihnachtsbaum nicht fehlen und an einem besonders schönen Platz wird die Krippe aufgebaut, welche Nacimiento (Geburt) genannt wird. Doch erst in der Nacht des 24. Dezembers wird das Jesuskind in die Krippe gelegt. In den Städten und Dörfern gibt es Krippenausstellungen und in manchen Orten auch Krippen mit verkleideten Menschen, sogenannte “lebende Krippen”.
Am 24. Dezember wird abends erst festlich gegessen und anschließend werden Geschenke ausgetauscht. Danach besucht die ganze Familie die Mitternachtsmesse, bei der auch Aguinaldos gesungen werden. Nach der Bescherung geht es aber nicht etwa ins Bett, sondern es wird weiter gefeiert, gesungen, getanzt und gespeist bis zum Morgengrauen. Der 25. Dezember wird folglich eher ruhig verbracht, alle schlafen lange aus und genießen den Feiertag mit der Familie und mit Freunden.
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