Slow Travel – Oder die Kunst einen Ort zu würdigen

„Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert, jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen. Was wir hinterlassen ist nicht so wichtig wie die Art, wie wir gelebt haben. Denn letztlich sind wir alle nur sterblich.“
Jean-Luc Picard

Slow Travel Daniel

Was leben wir doch in einer schnelllebigen Zeit. Echtzeit. Erreichbarkeit. Jetzt. Schnell. Schneller. Dies sind die Schlagwörter, die unsere digitalisierte Welt prägen. Durch den Leistungsdruck verlieren wir oft den Bezug zu uns selbst und auch auf Reisen spiegelt sich diese Attitüde wider. Hier noch schnell eine Tour, da noch schnell 10 Fotos machen, die später ein tristes Dasein auf der vergessenen Speicherkarte Nummer 5 in den Winkeln eines Rucksacks fristet.

Ich gebe es zu. Ich war nicht besser. Auf meiner ersten Reise nach Südamerika war ich so auf Adrenalin, das ich am liebsten in 4 Wochen den ganzen Kontinent durchgerockt hätte. Hier noch schnell hin, da noch was machen. Wohin? Sehenswürdigkeit? Geht klar, ich bin dabei.

Im Nachbetracht dieser Reise ging ich tief in mich und fühlte diese große Leere. Was habe ich eigentlich erlebt? Welche Geschichten kann ich erzählen? Was weiß ich über die Orte, die ich besuchte? Ich schaute Bilder an und es fühlte sich unwirklich an. War ich wirklich da? Physisch ja. Mit Kopf und Herz – Nein!

Zeit für ein Selbstexperiment. So wollte ich das nicht mehr.

Ich stellte mir die Frage: Wie definiere ich „Slow Travel“ für mich persönlich. Wie kann ich mehr erleben, statt viel zu sehen. Was bedeutet es für mich, langsamer zu reisen?

Ich muss mich einlassen, mein getriebenes und gehetztes Ego begraben. Den Kontrollfreak einsperren und meinen Instinkten und Bauchgefühl folgen.

Es bedeutet aber auch die Flucht aus aus der Komfortzone des schnellen Reisens. Den Turnus von Flughafen – Hostel – Tour zu durchbrechen und Nein zu sagen. Nein zu immer neuen Orten. Nein zu organisierten Touren. Nein zu Touris und Nein zum Reise Overkill.

Dafür Ja zu sagen zu dem Ort, an dem ich gerade bin und diesen mit allen Sinnen zu erfassen.

Klar, du wirst an deine Grenzen stoßen, es wird unerwartetes passieren, aber du wirst dich danach unheimlich gut fühlen.

Es geht auch um Würdigung. Einen Ort zu würdigen, in dem man sich auf ihn einlässt, ihn wahrhaftig kennenlernt, mit all seiner Schönheit, aber auch seinen Ecken und Kanten. Seinen Menschen, seinen Gerüchen, seinen Geschichten.

Für mich liegt das Problem in zuviel Input. Hallo Informationszeitalter. Wir lesen, hören, sehen vorab soviel über unser Reiseziel, das unser Unterbewusstsein uns belügt und uns Glauben macht, das uns schon kurze Momente ausreichen, da wir ja eigentlich sowieso alles wissen und den Ort virtuell schon erkundet haben. Erinnere dich zurück, wie aufgeregt du als Kind an Weihnachten warst. Je weniger du über dein Geschenk wusstest, desto aufgeregter und überraschter warst du. Genauso ist es beim Reisen auch.

Rückblick. Meine erste Reise nach Guatemala. Dicht gedrängt inmitten von Rucksäcken haste ich aus dem Flughafen Gebäude, um einen der begehrten Shuttles nach Antigua zu bekommen. Warum? Weil es der Reiseführer so sagt. Er bestimmt mir diesen Moment. Das ich gleich in das kuschelige Backpacker Nest fernab der ach so gefährlichen Großstadt fahren soll.

In einem mit abgedunkelten Scheiben und aufgedrehter Klimaanlage  bestücktem Minivan geht es in den sicheren Hafen des guatemaltekischen Vorzeigestädtchens. Versteh mich nicht falsch. Ich liebe Antigua, aber ich stellte mir später die Frage nach dem Warum. Warum habe ich außer dem Flughafen nichts von Guatemala City gesehen? Warum war ich so ignorant, obwohl ich im Flieger noch über den Anblick geschwärmt habe. Es fühlte sich falsch und unvollständig an.

Ich hatte auf meiner 2. Reise nach Guatemala die Möglichkeit, diese tolle Stadt wirklich kennenzulernen. Und diesmal richtig.

Ich habe Zeit mit tollen, warmherzigen Menschen verbracht.
Ich habe die lokalen Märkte erkundet und exotisches Obst wie die lustig aussehende Pitaya (Drachenfrucht) gefuttert.
In üppig bepflanzten Parks Kolibris beobachtet und Siesta gehalten.
Eine Streetart Tour durch die Zona 1 gemacht.
Einen kleinen Hundewelpen aus dem Müll gerettet und aufgepäppelt.
In einheimischen Lokalen die Karte rauf und runter gegessen und gelernt, das schwarzer Bohnenbrei (Frijoles) und Tamales (in Bananenblätter eingewickelter Maisbrei mit Fleisch) zum Frühstück den ganzen Tag satt macht.

Kurzum: Ich habe es geliebt, diese Stadt für mich zu erkunden. Langsam und bedacht.

Bike_Streetart_Guatemala Welpen_Guatemala

Und wie bekommst du das hin mit dem langsamen Reisen?

– Mache dich frei von zuviel auf einmal sehen wollen. Slow travel bedeutet mehr erleben, nicht alles sehen.

– Buche nicht alles im Voraus, sondern entscheide spontan und nach Bauchgefühl. Steig doch einfach mal in einen vorbeifahrenden Bus ;) In Südamerika bekommst du immer irgendwo ein freies Hostelbett.

– Rede mit Locals und schau was sie machen, wo sie verweilen, wo sie essen. Du wirst tolle neue Erfahrungen machen. Nutze Couchsurfing oder Meetup, um dich vor Ort zu verabreden.

– Laufe soviel es geht. Auch wenn Taxis verführerisch günstig sind – zu Fuß kannst du Orte am besten entdecken.

– Mach eine Prioritäten Liste von Orten vor deiner Reise und reduziere sie auf ein Minimum. Weniger ist mehr.

Mehr zum Thema Slow Travel erfährst du auf 1 Thing to Do und ihrer Blogparade zu diesem Thema. Dort kannst du auch testen, welcher Reisetyp du bist.

Oder du liest das Buch von Dan Kieran – „Slow travel“- und seiner ganz eigenen Philosophie des Reisens jenseits von Massentourismus.

Was bist du für ein Reisetyp? Stehst du auch auf Slow Travel? 


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