Sleaford Mods: Alles muss raus

Sleaford Mods: Alles muss rausSleaford Mods
Support: Night Shirts
Feierwerk, München, 28. April 2015
Es ist dann tatsächlich kein Hipster zu sehen gewesen (waren wohl bei Tocotronic), auch wenn zuvor noch einmal auf eine größere Location umgebucht wurde. Aber neben Schmocks, Spießern, Yuppies und Nerds zählen Hipster eben zur meistgehassten Sorte Mensch bei den Sleaford Mods aus Nottingham, ihnen gilt ihre ganze und ausdrückliche Verachtung und auch selbstbewusste Exemplare dieser Gattung werden wenig Lust darauf verspüren, für zwei Stunden auf das Übelste beschimpft zu werden. Und so versammelte sich eine erstaunlich inhomogene Schar gehobenen Alters vor der Bühne, um sich die derzeit interessanteste Band von der Insel aus der Nähe anzuschauen. Nun klingen ja die Platten der beiden ‚rude boys“ schon verteufelt gut und frisch, live kommt diese Mischung aus stakkatoartigen Raptiraden und scheppernden Elektrobeats noch aggressiver, noch energischer rüber. Dabei ist die Arbeit während der Aufführung etwas ungleich verteilt: Während sich der Job von Soundfrickler Andrew Fearn darin erschöpft, die Tracks vom Notebook abzurufen und seinem Kollegen ansonsten, die Bierflasche in der Hand, einfach (und wortwörtlich) beizustehen, leistet Jason Williamson Erstaunliches. Als extrem hochgepitchte Rhythmusmaschine spuckt, zischt, bellt und schreit er mit präzisem Timing eine wütende Suada nach der anderen ins Publikum, die Halsschlagader wölbt sich unter dem verzerrten Gesicht – alles muss raus! Einem Überdruckkessel gleich ist er unentwegt damit beschäftigt, seinen giftigen, ätzenden Dampf abzulassen, ganz selten einmal läßt er sich dafür zu einer Art schrägen Gesangs hinreißen. In den Liedpausen stolziert Williamson dann höchst amüsiert und unter dem Johlen des Publikums als stolzer Gockel um’s Mikrophon – der Mann ist einfach eine Schau. Nach anderthalbstündiger Dauerattacke auf alles Unliebsame, Eitle, Aufgeblasene und Zeitgemäße (in Amerika würde man diese Konzerte wahrscheinlich mit einem einzigen, anhaltenden Piepton versehen müssen), ist aber selbst für ihn Schluss mit Bissig – Abgang mit Applaus. Und der Bayern-Fan nebendran musste eingestehen, dass er mit den Sleaford Mods den deutlich besseren Teil dieses Abends erwischt hatte.
29.04.  Salzburg, Rockhouse
19.06.  Berlin, SO36
20.06.  Leipzig, Werk 2
22.06.  Bremen, Kulturzentrum Lagerhaus
23.06.  Münster, Gleis 22
04.11.  Düsseldorf, ZAKK
05.11.  Berlin, Astra Kulturhaus

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