Das Maß ist voll. Noch nie in der europäischen Nachkriegsgeschichte ist so eindrucksvoll klar geworden, wie sehr die Gerichte dem politischen Klima eines rechtsliberalen Wirtschaftsfaschismus verpflichtet und unterworfen sind, wie beim Urteil gegen 5 Demonstranten des G8 Gipfels von 2001. sie begannen nur Sachbeschädigung, wurden aber wie Totschläger oder Mörder abgeurteilt. Maffiosis bekamen in der Regel wesentlich günstigere Haftstrafen. Ein Angeklagter muss für 14 Jahre in Haft! Drei weitere erhielten Strafen zwischen zehn und zwölfeinhalb Jahren wegen Beteiligung an den Ausschreitungen. Eine junge Frau, die gerade Mutter geworden ist, erhielt sechseinhalb Jahre.
Wohl bemerkt: Keinem Einzigen der jetzt verurteilten “Randalierer” wurde Gewalt gegen Menschen, wie etwas Polizisten, vorgeworfen. Die durchweg italienischen Angeklagten waren durch akribische Auswertung von Foto- und Filmmaterial identifiziert worden. Ihnen wurde zur Last gelegt, dass sie dabei waren, als während der Gipfelkrawalle ein Supermarkt geplündert, ein Geldautomat zerstört, ein Molotowcocktail in ein Fenster des örtlichen Gefängnisses geworfen wurde. Doch statt wegen Sachbeschädigung erfolgte eine Anklage wegen “Verwüstung und Plünderung”, ein Straftatbestand der aus einem kaum angewandten Paragrafen aus der Zeit des Mussolini Faschismus stammt, und der Haftstrafen bis zu 15 Jahren vorsieht! Das ist eine inverzeihliche Ungeheuerlichkeit und zeigt wessen Geistes Kind die Richter sind. Hier wurde ganz offensichtlich um einen menschenwidrigen Paragraphen ein abstrakter Straftatsbestand konstruiert, der aus rein ideologischen Gründen gezielt gegen sogenannten Staatsfeinde oder extremistische Subjekte angewandt wird.
Auf dieser Grundlage waren bereits schon einmal in Genua zunächst in erster Instanz 25 Protestierer im Dezember 2007 abgeurteilt worden. In der Berufung vor dem Appellationsgericht aber erfolgte im Jahr 2009 ein Freispruch für jene 15 Angeklagten, die an den Ausschreitungen rund um die Demonstration der Tute bianche – der “Weißen Overalls” – teilgenommen hatten. Das Gericht nämlich sah es nämlich als erwiesen an, dass jene genehmigte Demonstration völlig widerrechtlich von Carabinieri-Einheiten brutal attackiert wurde. Die Auseinandersetzungen rund um diese Demonstration, die in dem polizeilichen Todesschuss auf Carlo Giuliani gipfelten, waren deshalb in den Augen der Richter vonseiten der Demonstranten legitime Widerstandshandlungen. Diese niedrigere Ebene der Justiz scheint noch nicht völlig von rechtsextremistischen Gedankengut unterwandert zu sein, was die Hoffnung nährt, dass der eine oder andere Anwalt oder Richter das Genua – Gericht wegen Verfassungsbruchs anklagt.
Es grüsst euch René Brandstädter – humanicum