Die zweite Tochter ist nun 6 Wochen bei uns, die große Tochter 2 Jahre und 4 Monate. Die Nachuntersuchung beim Gynäkologen habe ich hinter mir, die Kleine hat die U3-Untersuchung erfolgreich überstanden und wir haben sogar manchmal sowas wie einen Tagesablauf, von dem ich Euch demnächst auch noch berichten werde.
Und direkt im Anschluss an die Geburt bzw. ab dem Tag, an dem wir zu Hause ankamen, geistert die Frage in meinem Kopf „Erlebe ich das jetzt alles zum letzten Mal: ein so kleines Baby im Arm halten, stillen, wickeln, Kinderwagen schieben, ...?" Wenn es nach meinen ursprünglichen Gedanken über meine Familienplanung geht, dann ist die Frage mit „JA" eindeutig beantwortet. Ich genieße die Zeit mit der Kleinen so gut es geht und doch kommen die ruhigen Kuschel-Momente doch viel zu kurz, denn die Große ist ja auch da, die im schlimmsten Fall währenddessen laut rumschreit oder die Wohnung auf den Kopf stellt. Manchmal kuscheln wir zu dritt: die Kleine wird gestillt und die Große schaut sich in meinem Arm ein Buch an. Oder abends, wenn ich die Große ins Bett bringe und die Kleine währenddessen auf meinem Bauch schläft oder gestillt wird.
Dieses „JA" stimmt mich etwas wehmütig, denn es klingt so endgültig, dass ich das alles wirklich nie wieder erleben werde. Nie wieder einen Babybauch tragen (so anstrengend es auch manchmal war: das Gefühl des Strampelns und dass ein Leben in mir wächst war unbeschreiblich), nie wieder ein Baby zur Welt bringen (ok, die Wehen bis zur Geburt waren jetzt nicht unbedingt wie ein Spaziergang am Meer, aber das Erlebnis, mein Baby das erste Mal im Arm zu halten unbeschreiblich schön), nie wieder stillen (das darf ich hoffentlich noch einige Zeit genießen, denn wie bei der Großen soll auch hier das Kind entscheiden, wann sie nicht mehr möchte), nie wieder Kinderwagen schieben oder das Kind tragen (auch hier habe ich noch etwas Zeit, denn die Kleine ist ja erst 6 Wochen und bis zur endgültigen Abschaffung des Kinder-/ bzw. Sportwagens wird es sicherlich noch mindestens ein Jahr dauern), nie wieder wickeln (das Wickeln an sich ist vielleicht nicht die schönste Aufgabe im Zusammenhang mit Kindern und doch ist es ein inniger Moment auf dem Wickeltisch, bei dem man sich nicht ablenken lässt, sich nah ist, das Kind im Ganzen und nah vor sich sieht, nicht auf dem Arm hält; und auch vom Kind aus ist es ein Moment größter Vertrautheit, denn je älter die Kinder werden, entwickelt sich auch ein Schamgefühl und sie lassen sich nicht von jedem wickeln, bei Mama und Papa ist es aber ok).
Natürlich bin ich sehr stolz auf die Entwicklung der Großen. Es ist sehr schön, mit anzusehen, wie sich sich entwickelt, immer selbstständiger wird, man sich mit ihr nun schon richtig unterhalten kann und sie mir immer genauer zeigt und sagt, was sie möchte bzw. nicht möchte. Einfacher geworden ist es sicherlich nicht, aber immer schöner - zumindest überwiegend. Dieser Stolz über jede Fähigkeit, die Werte, die mir wichtig sind und die sie nun anfängt, zu übernehmen, jede Gemeinsamkeit und auch jeden Unterschied, den ich wahr nehme. Ihre Grenzen testet sie gern aus und auch das Schreien und Toben, wenn sie nicht das bekommt, was sie möchte, hat zugenommen. Trotzdem gehört auch das zu ihr und ich schaffe es, sie dann (wenn sie es möchte) trotzdem in den Arm zu nehmen und ihr meine bedingungslose Liebe zu zeigen. Das ist mir wichtig, denn meine Kinder sollen nicht erfahren, dass sie nur geliebt werden, wenn sie sich so verhalten, wie ich das möchte.
„© Bluetenzauber / pixelio.de"
Trotzdem bringt mich gerade die Situation, die Interessen beider Kinder miteinander zu vereinbaren, immer wieder an meine Grenzen und uns als Eltern auch an die Grenzen unserer Beziehung. Die Kommunikation untereinander ist nicht immer einfach, weil die Erwartungshaltung oft falsch interpretiert oder falsch verstanden wird. Die Müdigkeit und der Zeitmangel spielen uns da auch nicht gerade in die Karten. Trotz mancher Missverständnisse halten wir zusammen und sind uns einig über die Erziehung und den Weg, wie wir mit unseren Kindern umgehen.
Da es mir wichtig ist, dass unsere Kinder mit Mama und Papa aufwachsen, unsere Wohnung für 2 Kinder optimal ist und ich so mit beiden den Alltag noch irgendwie ohne große Zwischenfälle hin bekomme, selbst wieder arbeiten möchte, wenn die Große in den Kindergarten geht und die Kleine bei der Tagesmutter eingewöhnt ist, ist meine Antwort auf die Frage ein „JA". „Wo ein Kind satt wird, werden auch zwei satt", ist ein schönes Sprichwort. Das dritte Kind würde jedoch größere Veränderungen mit sich bringen: 3 Kindersitze passen nicht in mein Auto, in unserer Wohnung gibt es nicht die Möglichkeit, 3 Kinderzimmer einzurichten und auch die Interessen von 3 Kindern zu vereinbaren, wird schwieriger als mit 2 Kindern. Ich habe nur 2 Arme, es kommt oft vor, dass beide Kinder gleichzeitig in den Arm genommen werden möchten. Wie soll das gehen, wenn ein drittes Kind auch gleichzeitig in den Arm genommen werden möchte? Für mich ist das unter all diesen Umständen unvorstellbar. Und je größer die Kinder werden, umso schwieriger wird wohl die Erziehung an sich, wie mir Eltern mit älteren Kindern sagten. Die Kinder haben Selbstbewusstsein und akzeptieren ein „Nein" vielleicht manches Mal nicht ohne Weiteres sondern versuchen mit Argumenten, die Grenzen auszuweiten. Das ist also dann eine ganz andere Herausforderung als bei einem kleinen Kind, das bei einem „Nein" zwar weint, es aber widerwillig akzeptiert. Durch die Selbstständigkeit der Kinder, zu denen wir sie erziehen, gehen sie mit zunehmenden Alter ihre eigenen Wege und möchten nicht mehr so viel Zeit mit den Eltern verbringen. Sie treffen Freunde, gehen zu Vereinen, Kursen oder möchten unter sich sein. Wir werden hoffentlich in keiner Phase ganz uninteressant für sie und werden hoffentlich immer einen Zugang zu ihnen haben, aber die gemeinsame Zeit wird weniger werden.
Und das ist dann für uns als Eltern und Paar wieder ein ganz neuer Schritt, der uns wieder mehr Zeit für uns gibt. Ich hoffe, dass wir all diese Entwicklungen unserer Kinder weiterhin gemeinsam erleben dürfen und wünsche mir nichts mehr, als dass wir das weiterhin gemeinsam meistern.
„© Rainer Sturm / pixelio.de"
Man soll natürlich niemals „NIE" sagen, denn es kann immer anders kommen, als man denkt. Aber wenn ich es beeinflussen kann und die Natur uns keinen Streich spielt, dann kann ich die Frage etwas wehmütig, jedoch voller Vorfreude auf alles, was ich mit meinen beiden Kindern und meinem Mann noch erleben darf, mit „JA" beantworten. Ich versuche, die Erlebnisse und die gemeinsame Zeit so gut wie möglich zu genießen, weil ich weiß, dass es wahrscheinlich so nie wieder kommt.
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