Sind Polizeicomputer wirklich sicher?

Die Anzahl bekannt gewordener erfolgreicher Angriffe auf die IT großer Unternehmen und staatlicher Institutionen hat seit Jahresanfang „gefühlt“ deutlich zugenommen. Kürzlich hat es auch die Bundespolizei erwischt. Im Juli waren Hacker, die sich selbst der „No Name Group“ zurechnen, in einen Server des Zolls eingedrungen, der als Software-Downloadrechner zur behördeninternen Verteilung von Software-Updates eingesetzt wurde. So konnten sie durch die Einspeisung manipulierter Updates ein verteiltes System zur Ermittlungsunterstützung und Zielverfolgung angreifen und daraus Daten kopieren. Dazu zählten u.a. Bewegungsprofile und Positionsdaten von GPS-Peilsendern an den Fahrzeugen überwachter Personen. Die Hacker stellten diese Daten anschließend ins Internet, die Polizei musste die Nutzung der betroffenen Systeme vorübergehend einstellen und einen außerplanmäßigen Sicherheitsaudit durchführen.

Unklar ist, ob es sich dabei tatsächlich um Daten aus Ermittlungsverfahren handelt, bei denen ein Richter die Überwachung Verdächtiger erlaubt hat. Denkbar wäre zum Beispiel auch, dass die Behörden eine neue Software zur Analyse von Bewegungsprofilen in einem Feldversuch getestet haben, wie Spiegel Online vermutete.

Zwischenzeitlich konnten die intensiv ermittelnden Ordnungshüter mehrere Verdächtige festnehmen, darunter auch der Hacker „Darkhammer“, der sich in der Hacktivistenszene bereits im Zusammenhang mit Hackerangriffen auf NPD-Websites einen Namen machte.

Das wirft die Frage auf, wie sicher die IT-Systeme von Behörden eigentlich sind, die als Folge der Versicherheitsstaatlichung Deutschland immer mehr und immer sensiblere Daten der Bürger beinhalten. So hatten bereits 2010 Hacker Systeme des Zolls angegriffen und mit Trojanern infiziert, was trotz vorhandener Virenschutzsoftware erst Mitte 2011 bemerkt wurde.

Die bereits erwähne Revision der Zollsystem ergab jedenfalls gravierende Mängel, wie es in einem vertraulichen Bericht heißt, der seinen Weg in die Spiegel-Redaktion fand. Veraltete Hardware und Software, nicht vorhandene oder unzureichend ausgelegte Sicherheitssysteme, Mängel im technischen Datenschutz – und das in einem System, welches sensible Daten über verdeckte Ermittler, V-Leute und geheime Operationen enthält.

Neben der Technik fehlt es der Bundespolizei aber wohl auch am qualifizierten Personal. So fehlten an Schlüsselpositionen geeignete Mitarbeiter, die Fehler feststellen und beheben könnten. Dazu aber wären sie, dem Revisionsbericht zufolge aber wegen mangelhafter Systemdokumentation ohnehin kaum in der Lage. Hinzu kämen Defizite im Konfigurations- und Rechtemanagement, in der Zugriffsprotokollierung, in der Handhabung mobiler Datenträger sowie beim Fernzugriff, der über unverschlüsselte Klartextprotokolle abgewickelt würde.

Und so kamen die Prüfer zu dem vernichtenden Ergebnis, dass Hacker nach wie vor in das Polizeinetz eindringen könnten, um dort relativ einfach an geheime Daten gelangen, die Software manipulieren und systemrelevante Einstellungen verändern zu können.

Doch warum ist das so?

Der Kern des Problems dürfte schlicht darin bestehen, dass es der Bundespolizei am Budget für angemessene Ausstattung auf aktuellem Stand der Technik fehlt. Und dass entsprechend qualifizierte Sicherheitsexperten gehaltstechnisch kaum noch in die Tarif- und Besoldungssysteme des öffentlichen Dienstes einzupassen sind, während gleichzeitig Personaleinsparungen und Haushaltskonsolidierungen laufen. Ein Zielkonflikt, der künftig häufiger zu Kollateralschäden in Form gehackter Rechner und abhanden gekommender Behördendaten führen dürfte.


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