Als Nicht-Jurist empfinde ich Gesetze als Spielregeln einer Gemeinschaft. Die Zivilgesellschaft und der Staat regeln damit ihre Freiheiten, Kompetenzen und Zuständigkeiten. Im Prinzip basieren sie auf einem Konsens, zumindest auf Akzeptanz der Verteilung der Regeln. Im Idealfall sollten sie nachvollziehbar und befürwortbar sein.
Gilt dies aber auch für die Geheimgesetze á la USA, die von einem kaum jemand bekannten Geheimgericht FISA im stillen Kämmerchen ausgeheckt werden und die den Geheimdiensten des Staates grünes Licht für unvorstellbare Operationen geben? Handelt die FISA nicht weit außerhalb des normalen gesetzlichen Rahmens der US-Justiz und erlässt „Gesetze á la carte“ zu dem einzigen Zweck US-Geheimdienste von allen hemmenden Hindernissen zu befreien und ihnen ein legales Mäntelchen umzuhängen?
BLOOMBERG fragt sich, was eigentlich der Unterschied zwischen einem Geheimgesetz und überhaupt keinem Gesetz sei? Und was eine geheime Auslegung bzw. Interpretation eines an und für sich öffentlichen Gesetzes bedeute? Da es in beiden Fällen nicht öffentlich erkennbar und nachvollziehbar wäre, sei es im Wesentlichen auch nicht demokratisch.
Dazu halten sie fest: Das aus 11 Mitgliedern bestehende Überwachungsgericht FISA arbeitet im Schichtdienst. Die meisten Überwachungsbefugnisse sind von einem einzigen Richter unterzeichnet. Das macht, fast wie im Akkord, wer halt gerade „Schicht hat“!
Alle elf Richter wurden – ohne Überprüfungsverfahren – von einem einzigen Mann ins Amt berufen, Chief Justice of the U.S. John Roberts. Zehn von diesen elf Richtern wurden von Republikanischen Präsidenten vorgeschlagen. Im Prinzip stehen zwei Richter, je einer pro Hierarchie-Ebene, zwischen den Forderungen der Geheimdienste und den Freiheitsrechten der US-Bürger, von den Rechten des Restes der Welt wollen wir hier erst gar nicht reden.
Schauen wir uns das Ergebnis an:
Im vergangenen Jahr hat das Gericht 1.800 Überwachungsanträge der Geheimdienste per Urteil genehmigt und KEINEN EINZIGEN ABGELEHNT!
Nun hat US-Senator Merkel*, Dem., Oregon unterstützt von US-Senator Lee, Rep., Utah und anderen einen Antrag eingebracht, der den Generalstaatsanwalt der USA dazu verpflichten soll, einige Meinungen des FISA Gerichts zu deklassifizieren, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Falls dies zu sensitiv sei, könne er eine Zusammenfassung liefern und falls er auch das nicht wolle, dann könne er dem Kongress seine Gründe dafür erklären.
Es gibt verschiedene Vorschläge die Richter des FISA ausgewogener zu besetzen und eine Form der Verteidigung der Interessen der Überwachten einzuführen. Es fehle der Interessenausgleich durch das sonst übliche System „of checks and balances“. Man könne ein Gericht, das von einer Seite eingesetzt, die Anträge dieser Seite zu 100% gut heisst, eigentlich nicht mehr Gericht nennen, weil wesentliche Elemente fehlten.
*(Merkel heisst natürlich nicht Merkel, kleiner Scherz von mir, sondern Jeff Merkley. Unser Merkel würde alles „was aus Amerika kommt und was deshalb quasi per Definition besser ist als DDR und Stasi“ niemals in Frage stellen. George W. Bush und seine Umgebung haben damals ihr rhetorisches Schwanzlutschen als Oppositionsführerin in Washington vor dem Irak-Krieg ganz richtig gewertet!)