Sind alle Kinder tiervernarrt?

Irgendwie dachte ich früher immer, alle Kinder interessieren sich für Tiere. Haustiere, Wildtiere, im Zoo, im Wald, auf dem Bauernhof. Ein Ausflug in den Tierpark würde bei Kindern höchste Begeisterungsstürme und größte Dankbarkeit auslösen. Tierbücher werden exzessiv angeschaut, Tierstimmen nachgeahmt, auf der Weltkarte nachgesehen, wo die Tiere leben etc. Es wird mit Tierfiguren gespielt, Kuscheltiere werden gesammelt, Tierverkleidungen werden geliebt. Nur wenig davon ist bei uns der Fall.
Der Große hat sich eigentlich nie für Tiere interessiert. Schon als Baby schaute ich mit ihm niedliche Tierbücher wie Mein erstes großes Fühlbuch an, machte Tiergeräusche nach und wartete darauf, dass er nachahmen würde. Das erfolgte nie. Er bekam eine Arche Noah ähnlich der von PLAYMOBIL 123 und spielte kaum damit (erst die Kleine nutzte sie später). An seinem 1. Geburtstag besuchten wir mit ihm den Zoo und meinten, ihm ein unvergessliches Erlebnis zu bescheren. Er hat sich nicht nur NULL für die Tiere interessiert, er hat sogar die ganze Zeit gemeckert und gequengelt. Es war ein wenig enttäuschend. Auch die wenigen darauffolgenden Male wurden nicht besser. Ich dachte, er müsste sich vielleicht erst dran gewöhnen und vertrauter mit den Wildtieren werden, aber dem war nicht so. Nach der Geburt der Kleinen hatten wir eine vergünstigte Babycard für den Zoo gekauft (die es jetzt wohl nicht mehr gibt). Wir nutzten sie aber nicht sehr oft, da der Große sich weiterhin mehr oder weniger nur für den Spielplatz im Zoo interessierte. Und die Kleine war ja sowieso noch ein Baby.
Sind alle Kinder tiervernarrt?Der Große an seinem 1. Geburtstag im Zoo. Sein Gesichtsausdruck sagt alles.
Es war nicht so, dass wir ihn nicht an Tiere herangeführt hätten. Oft besuchten wir in unserem Park die Ziegen und die Vogelvoliere, aber auch das konnte ihn nicht hervorlocken. In unserer Nähe gibt es einen Kinderbauernhof mit Schafen, Ziegen, Eseln, Hasen, Gänsen und vielen Spielgeräten. Nach ca. 3 Versuchen ließ ich es bleiben und ging kaum noch mit ihm hin. Es war einfach zu frustrierend, er wusste nicht, was er dort machen sollte, er ging weder von selbst noch mit mir von Gehege zu Gehege, wollte immer auf den Arm. Er hat sich nicht gemerkt, wo welche Tiere untergebracht waren, fragte nie danach und bat nie darum, wieder zum Kinderbauernhof gehen zu können. Wir hatten ihm viele Tierfiguren gekauft, weil wir davon ausgingen, dass alle Kinder gern damit spielen. Nicht ein Mal hat er sie selbstständig angerührt, und auch, wenn wir ihm was vorgespielt haben, kam kein Interesse auf. Wir fanden das sehr ungewöhnlich. Fragt man ihn nach seinem Lieblingstier (wir müssen jetzt oft Freundebücher ausfüllen), kommt lange gar nichts und dann zögerlich sein Kuscheltiger und der T-Rex (von Kitafreund aufgeschnappt). Also nichts, was man sich unter einem Lieblingstier vorstellt. In unserem Garten hat er nie Ameisen gejagt oder Regenwürmer gesammelt. Schneckenhäuser sammelt er ganz gern :). Im Kurzurlaub mit dem Papa hatte dieser ihm sogar eine exklusive Kinderführung durch den örtlichen Zoo organisiert, inklusive hautnaher Fütterungen. Auch dies stieß nicht auf große Begeisterung.
Die Kleine war anders, sie schaute gern Tierbücher an, ahmte auch Tierstimmen nach und hörte fasziniert zu, wenn wir Tiergeräusche machten. Sie interessierte sich schon früh für die Tiere im Kinderbauernhof und mit ihr machte es Spaß, diesen zu besuchen, da sie eigenständig von Stall zu Stall lief. Sie kennt die Namen der Tiere und weiß, wo sie sich aufhalten. Sie liebt Pferde, allerdings hat sie Angst, wenn sie zu nahe kommen. Anfangs ist sie gern auf Ponys geritten, im letzten halben Jahr wollte sie dies aber auch kaum noch. Der Große sowieso nicht. Ihr Lieblingsbuch war lange Zeit Die Eule mit der Beule. Wenn wir im Garten sind, drängt sie immer darauf, die Heckrinder zu besuchen, die in einem Freigehege in dem Naturschutzgebiet hinter unserem Garten leben. Vor Ort überwiegt dann wieder die Angst. Ähnlich wie der Große hat sie auch nie oder selten mit unseren Tierfiguren gespielt. Insgesamt war/ist sie aber Tieren gegenüber deutlich aufgeschlossener und interessierter als der Große.
Am letzten Sonntag gab es die Aktion "Berlin sagt danke", in deren Rahmen man viele Attraktionen Berlins kostenlos besuchen konnte. Im Zoo Berlin wurden kostenlose Early Bird-Tickets an die ersten 1500 Besucher vergeben und ich versuchte, die Kinder für ein schnelles Anziehen nach dem Frühstück zu motivieren. Die Kleine war Feuer und Flamme, der Große stöhnte und meinte: "Och nö, ich will nicht in den Zoo, da muss man immer bei den Tieren stehenbleiben und weitergehen und wieder stehenbleiben." Stimmt ja irgendwie, aber wir wollten es halt wiedermal probieren und die kostenlose Gelegenheit nutzen. Wir waren um 9:30 Uhr da und ergatterten Early-Bird-Tickets. Ich freute mich sehr, ist doch der normale Eintrittspreis heftig, vor allem, wenn man nicht so tierbegeisterte Kinder hat und eh' nur bis zum Mittagsschlaf bleiben möchte. Beim Großen war alles wie immer, er interessierte sich kaum und fragte die ganze Zeit nach dem Spielplatz. Am ehesten faszinierten ihn die ungewöhnlichen Tiere wie der Ameisenbär, und die Fütterungen. Die Kleine, die sich so auf den Zoo gefreut hatte, skandierte die ganze Zeit "Weiter, weitergehn!", wenn wir irgendwo stehenblieben. Auch ihr schienen die Wildtiere eher fremd zu sein. Auf dem Spielplatz blühten beide Kinder dann auf und stellten ihr Gemecker ein. Naja, aber für den ohne Frage tollen Spielplatz werden wir mit Sicherheit zukünftig nicht die teuren Eintrittspreise bezahlen.
Insgesamt hält sich die Tierliebe und -Begeisterung meiner Kinder also in Grenzen. Sie füttern gern Enten und sammeln gern Feuerkäfer. Sie beobachten gern Katzen, die sich unter Autos verstecken. Dann hört es schon fast auf. Ein Urlaub auf dem Bauernhof wäre also wohl im Moment nicht das Richtige für uns. Oder vielleicht doch? Vielleicht entwickeln sie dann ein Gefühl und Interesse für Tiere? Ich kann mich leider nicht zurück erinnern, wie ich selbst in dieser Hinsicht als Kleinkind war. Sehe aber viele andere, tierbegeisterte Kinder, die auch schon viel mehr über Tiere wissen als meine Kinder. Wir haben Tierbücher, Tierpuzzles, Tierfiguren, eine tolle Weltkarte mit Tieren, Tierbuchstaben etc. Aber irgendwie springt der Funke nicht über. Ist ja nicht dramatisch, wir finden es eben nur ungewöhnlich. Weil es nicht unserer Erwartungshaltung grundsätzlich tierlieber Kinder entspricht. Wahrscheinlich werden wir dereinst noch froh darüber sein: wenn es nämlich um den Wunsch nach Haustieren geht. Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass meine Kinder diesen äußern werden. Mein Bruder und ich waren auch nicht sehr haustierbegeistert. Wir besaßen erst Fische und dann einen wegen eines Umzugs geschenkten Wellensittich. Den meisten Spaß damit hatte mein Vater. Und spätestens, seit mir ein Hamster in einem Haus, das ich im Urlaub hüten sollte, durch die morschen Bodendielen entwischt ist und erst am nächsten Tag wieder auftauchte, bin ich gegenüber Tieren im Haushalt voller Vorbehalte. Insofern wäre es mir nur recht, wenn meine Kinder keine Haustiere einfordern würden.
Wie ist das bei euch, lieben eure Kinder Tiere oder sind sie auch eher desinteressiert oder skeptisch? Wie hat sich der Bezug eurer Kinder zu Tieren entwickelt/ verändert? Haben sie Angst? Habt ihr schon einmal Urlaub auf dem Bauernhof gemacht? Wie war das? Möchten eure Kinder Haustiere haben?
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