Auf die Frage, ob ich das noch einmal machen würde, habe ich schon lange erwartet. Also ich persönlich würde mich nicht noch einmal mit einem Dienstleistungsgewerbe hier selbstständig machen. Das liegt aber nicht zuletzt an meinem Alter, aber auch an den Umständen, allen voran die allgemeine Unzuverlässigkeit der Leute. Selbstständiges arbeiten kennen Mitarbeiter hier nicht. Dabei habe ich noch Glück, weil der Kern meine Mitarbeiter wirklich gut ist. Wie schon erwähnt war dies als Ruhestandsobjekt ausgelegt, entwickelte sich jedoch aufgrund der geschilderten Probleme zu einem Vollzeitjob. Nach einem langen Berufsleben als Selbstständiger ist man nach einer gewissen Zeit doch müde. Das ist bei mir jetzt eingetreten.
Obwohl die meisten Gäste ja ohne Probleme sind und man mit einigen sogar ausgezeichnet auskommt, gibt es doch Einzelne, die mit ihren kleinlichen, oftmals nicht gerechtfertigten Beschwerden, auf den Keks gehen. Ich lebe hier, weil meine Frau Kambodschanerin ist. Was mich persönlich noch stört, ist die Einstellung der Gesamtbevölkerung als zu sehr ´Laissez-faire`, sprich im Allgemeinen gleichgültig dem anderen gegenüber. Das ist auf dem Land noch nicht so ausgeprägt, aber in Phnom Penh und hier sehr gegenwärtig. Die Hilfsbereitschaft hält sich in Grenzen. Ein Gast wurde abends auf dem Weg ins Hotel von Handtaschendieben überfallen. Es ging gut aus, aber keiner der Khmer in der Nähe kamen zur Hilfe, obwohl der Räuber vom Motorrad abgestiegen war. Ich hadere damit nicht, weil man ja ohnehin machtlos ist. Es hinterlässt aber immer einen faden Geschmack.
Der Tourismus wird sich in Kambodscha tendenziell weiter positiv entwickeln. Er wird aber den allgemeinen Wirtschaftszyklen folgen, sodass man so etwas nicht ohne Reserven durchziehen kann. Wer dass also auf Sparflamme betreiben will, wird über kurz oder lang Schwierigkeiten haben. Deswegen sieht man relativ viele Verkaufsangebote nach nur einer kurzen Zeit. Viele übernehmen auch einen Betrieb, bloß um festzustellen, dass der wirklich nicht für sie geeignet ist.
Jüngere Leute, und damit meine ich auch noch 50-Jährige, mit entsprechender Energie und Durchhaltewillen haben sicherlich eine Chance, die sie aber wohl in jedem anderen Land auch hätten. Wie erwähnt, Geld sollte wirklich ausreichend vorhanden sein, denn billig ist Kambodscha für Ausländer auch nicht mehr. Was Kambodscha attraktiv für Ausländer macht, sind die z. Zt. großzügigen Einreisebedingungen. Dass das nicht so bleibt, kann abgewartet werden. Was es schwer machen kann, ist die oftmals stoische Eigenart der Kambodschaner und die Korruption, unter der aber die Einheimischen genauso zu leiden haben.
Der Vergleich mit Thailand ist durchaus angebracht. Es ist aber in Thailand allein wegen der Visafrage schwieriger, ein Geschäft aufzumachen. Für eine Ltd. braucht man 7 Gesellschafter, 5 davon müssen Thai sein (kann sich geändert haben), Minimumkapital ist THB 2 -3 Mio., je nach Geschäftsart. Der Tourismus in Thailand mit ca. 25 Mio. Besuchern ist 5-mal so groß wie in Kambodscha mit ca. 5.0 ausländischen Besuchern. Das Land ist auch wesentlich größer und hat ca. 55 Mio. Einwohner, gegenüber 15 Mio. hier und die Entwicklung ist ca. 30 Jahre voraus. Sind in beiden Ländern immer noch Wachstumsraten zu erwarten? Ohne Frage; Kambodscha fehlt teilweise nur die entsprechende Hotellerie, insbesondere hier in Sihanoukville. Die vielen kleinen Hotels, meines inklusive, sind nicht für den Massentourismus geeignet. Man braucht da Hotels mit 200 bis 500 Betten. Was momentan passiert, ist eine wilde Bauwut ohne Planung. Wie schon gesagt, die Kambodschaner denken, einer ist erfolgreich, dann kann ich das auch. Da entsteht beispielsweise neben der Kläranlage in Sihanoukville eine 30-Zimmer-Anlage. Was haben die sich dabei gedacht?
Hier müssen die Multinationalen herkommen, wie sie es in Phnom Penh und in Siem Reap schon getan haben. Die Planung für Koh Rong geht in diese Richtung, aber die Royal Group ist ja nicht gerade für schnelle Umsetzung in dieser Hinsicht bekannt. Wenn das überhaupt realisiert wird (Finanzierung?), dann wird es Jahre dauern. Es gab da schon einmal jemand (Russen) mit hochfliegenden Plänen an der Hawaii Beach. Die Anlage dümpelt da mit leer stehenden Apartments und Bungalows vor sich hin. Was Planung angeht oder Marktstudien angeht, so haben die Russen das offensichtlich nicht getan. Die Royal Group hat das angefangen, um sich zunächst die Rechte zu sichern. Der neue Investor hat das nun beurteilt, wie das in Touristikkreisen gängig ist. Man besucht beispielsweise eine Insel, sieht einen hervorragenden Strand, den man für sich allein hat und damit ist dieses Stück Land reif für eine gehobene Hotelanlage. Wenn man zahlungskräftige Investoren hat und die Rechtslage stimmt, klappt das dann auch. Der Rest ist Marketing. Die Insel Koh Chang in Thailand, nahe der kambodschanischen Grenze, habe ich als erster in einem deutschen Reisekatalog vorgestellt. Es gab 1988 dort eine einzige 3-Sterne-Anlage. Fast alle großen Reiseveranstalter (TUI und die damalige LTU-Gruppe) folgten zwei Saisons später. Das wurde mit der Zeit immer gefragter und schon waren Investoren da, die da eine Anlage nach der anderen hinbauten. Der Rest ist Geschichte.
Der Hemmschuh ist die kambodschanische Regierung und deren Vetternwirtschaft. Die Leute in den Schlüsselfunktionen haben ja in den seltensten Fällen ein Studium absolviert und haben vielfach von Tuten und Blasen keine Ahnung. Die haben die Funktion ja nur über Beziehungen bekommen oder aus Dankbarkeit wegen Loyalität. Die sind so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie die Wirklichkeit um sich herum komplett vergessen. Was da immer öffentlich abgelassen wird, sind ja nur Sprachhülsen, denen in den wenigsten Fällen Taten folgen. Das beste Beispiel ist der Strand in Ochheuteal. Der Touristikchef der Provinz ist dafür zuständig, dass der sauber gehalten wird, dass keine Abwasser in das Meer fließen, dass die sanitären Einrichtungen in den Restaurants und Bars hygienischen Maßstäben gerecht werden, etc. etc. Da ist seit Jahr und Tag nichts passiert, weil der gute Mann offensichtlich überfordert ist. Momentan ist der einzige Strandabschnitt, der täglich gesäubert wird, vor dem Chivas. Da gehen meine Gäste hin, wenn sie nicht nach Otres zur Queenco Palm Beach fahren wollen.
In Thailand liegt auch noch viel im Argen, was z. B. die Müllbeseitigung und auch Abwässer angeht. Aber die Leute in den leitenden Funktionen der Ministerien haben zumindest mal fast ausnahmslos ein Studium, und davon vielfach ein paar Semester, wenn nicht gar ganz im westlichen Ausland. Natürlich werden auch da Regeln verabschiedet, die dann nicht befolgt werden; siehe Bauvorschriften nach dem Tsunami. Alles ist beim Alten. Trotzdem managen die Thai Offiziellen das Touristikgeschäft besser als die regierenden Kambodschaner. Vielleicht sieht es ja hier in 10 Jahren auch anders aus.
Vietnam ist kommunistisch und wer will sich in so einem Land auf Dauer niederlassen? Myanmar wird das kommende Land in SO-Asien touristisch gesehen sein. Aber da steckt ja noch viel mehr in den Kinderschuhen als hier. Ein Bekannter von mir (betreibt 5 Hotels in Phnom Penh) hat die Lage erkundet und sich ein paar Immobilien gesichert. Er beurteilt die Lage sehr positiv.
Ob Kambodscha nun für jemanden geeignet ist, muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden. Jeder hat eine andere Zielsetzung. Hier selbstständig sein ist jedoch kein Honigschlecken.